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Die Angstmacher

Die Angstmacher

Titel: Die Angstmacher
Autoren: Anja Krueger
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Römer. Wer mit seinem Partner in eine Krise geraten ist und mit ihm eine Paartherapie gemacht hat, hat ebenfalls schlechte Karten. »Die Versicherer gehen mit diesen Kunden sehr unterschiedlich um«, sagt Versicherungsberater Stefan Albers. Viele Versicherer nehmen Kunden mit bestimmten Erkrankungen gar nicht, andere schließen eine Zahlung aufgrund einer Berufsunfähigkeit wegen der bestehenden Beeinträchtigung aus, und wieder andere verlangen saftige Zuschläge. Selbst wenn der Antragsteller persönlich völlig unverdächtig ist, kann er Pech haben. Manche Gesellschaften lehnen Personen ab, weil sie als Angehörige einer bestimmten Berufsgruppe unerwünscht sind, etwa Friseure. Diese Interessenten haben kein individuell höheres Risiko zu erkranken. Nur weil ihre Berufsgruppe statistisch auffällig ist, wollen die Versicherer sie nicht. Friseure gehören zu den Professionen, die bei den Berufsgenossenschaften am häufigsten Hauterkrankungen als Berufskrankheiten melden.
Genug ist nicht genug
    Die Versicherungswirtschaft versagt bei der Absicherung der Berufsunfähigkeit. Aber sie will noch viel mehr Aufgaben übernehmen, bei denen es um die existenzielle Absicherung geht. Die Manager reden die gesetzlichen Renten- und Krankenkassen systematisch schlecht. Hier fließen Geldströme in dreistelliger Milliardenhöhe. Davon will die Assekuranz so viel wie möglich in ihre Bilanzen leiten. Dabei ist die Branche schon milliardenschwer. Das bevölkerungsreichste Bundesland Nordrhein-Westfalen hat einen Etat von rund 70 Milliarden Euro. Das ist viel weniger, als bei der Allianz im Jahr 2010 durch die Bücher lief. Europas größter Versicherer hat sage und schreibe 106,5 Milliarden Euro umgesetzt. Das ist das Doppelte des Landeshaushalts von Bayern. Die Allianz verwaltet ein gewaltiges Kapital, und zwar 1518 Milliarden Euro. 5,2 Milliarden Euro hat der Konzern unterm Strich 2010 an Gewinn eingefahren.
    Die Versicherungswirtschaft kassiert die Deutschen schon jetzt gewaltig ab, aber es reicht ihr noch lange nicht. Die Manager der Assekuranz wollen viel mehr. Sie wollen nicht nur Aufgaben übernehmen, die – noch – in den Bereich der gesetzlichen Sozialversicherungen gehören. Sie wollen auch an das Geld, das die Bürger zu Banken und Investmenthäusern in der Hoffnung tragen, dass ihr Vermögen wächst. Im Jahr 2010 haben die im Gesamtverband der Deutschen Versicherungswirtschaft zusammengeschlossenen Unternehmen in der Bundesrepublik 178,9 Milliarden Euro eingenommen. Davon stammten rund 160 Milliarden aus Privathaushalten. Für 2011 erwartet die Branche wegen sinkender Prämien in der Lebensversicherung insgesamt 176,7 Milliarden Euro an Einnahmen, auch das ist noch ungeheuer viel. In der Lebensversicherung sinken die Einnahmen, weil die Kunden weniger Verträge gegen einen einmaligen hohen Beitrag abschließen. Dieser Geschäftszweig ist in der Finanzkrise stark gewachsen, weil die Verbraucher den Banken misstrauten und ihr Geld lieber bei den Versicherernparkten. Mit Abflauen der Krise greifen die Bürger wieder stärker zu Angeboten anderer Anbieter. Leichte Umsatzeinbußen bedeuten nicht, dass es der Assekuranz schlecht geht. Die Branche erreicht historisch gesehen 2011 ihr zweithöchstes Beitragsvolumen.
    Aber das reicht den Versicherern nicht. Sie wollen, dass Deutschland bei den Pro-Kopf-Ausgaben für Versicherungsprämien zu den europäischen Nachbarn aufschließt. Analysen des Rückversicherers Swiss Re zufolge liegen die Ausgaben für Versicherungsprämien in der Bundesrepublik im Vergleich der Industrieländer unter dem Durchschnitt. Rückversicherer sind die Versicherer derjenigen, die wie Allianz, Generali oder Zurich direkt mit Privatleuten und Wirtschaft Verträge schließen. Als Versicherer der Versicherer sind sie international tätig und verfolgen die Trends in den verschiedenen Märkten, um ihre Geschäftspolitik danach auszurichten. Nach den Beobachtungen der Swiss Re gaben die Deutschen im Jahr 2010 pro Kopf 1402 Dollar, das sind etwa 1015 Euro, für Lebensversicherungsprämien aus. In diese Sparte fallen nicht nur Policen, bei denen Hinterbliebene nach dem Tod des Versicherten die vereinbarte Summe bekommen. Auch private Rentenversicherungen, Berufsunfähigkeitsversicherungen und ein Teil der privaten Pflegeversicherungen werden von den Lebensversicherern angeboten. Im Vergleich zu Ländern wie der Schweiz und Großbritannien erscheinen die Prämieneinnahmen der Lebensversicherer in Deutschland
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