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Die Angst spielt mit

Die Angst spielt mit

Titel: Die Angst spielt mit
Autoren: Elise Title
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rasch ihren Blick auf das Script. Es war eine Szene zwischen Veronica und Sam aus dem zweiten Teil des Stücks – eine Liebesszene.
    Maggie sah sich verstohlen in der Halle um und fragte sich, wer mit ihr lesen würde. Ihre Mutter? Außer Kevin, der an den Kulissen arbeitete, und Jeanne Squires, die sich das Vorsprechen anhörte, war niemand hier. Sie hoffte nur, dass Kevin ging, bevor sie auf die Bühne kam, damit es keine verlegene Unterhaltung gab. Aber sie hatte kein Glück.
    “Ich … äh … bin gleich weg”, sagte Kevin.
    Maggie nickte leicht, sah ihn mit einem langen Brett kämpfen und griff nach dem anderen Ende. Gemeinsam trugen sie es zum hinteren Teil der Bühne.
    “Danke.”
    “Gern geschehen.”
    Ein Lächeln zuckte über sein Gesicht. “Sie sind sicherlich nicht dazu gekommen. Ihr Szechuan-Rindfleisch zu essen.”
    Maggie lachte. “Nein!”
    “Ich habe es gekostet. Es war nicht … schlecht.”
    “Es ist mir ja so peinlich …”
    “Was spielt ein wenig Rindfleisch unter Nachbarn schon für eine Rolle?”
    “Nein, ich meine … diesen kleinen Artikel von meiner Mutter im
Tab
über den Einbruch bei mir. Sie hat es so dargestellt, als wären wir auf – einer heißen Verabredung gewesen.”
    “Oh … ja. Ich meine … nein. Was ich meine, ist, dass es mir nichts ausmacht.”
    “Oh. Nun ja … das ist gut.”
    Mildred kam auf die Bühne. “Ich kann leider nicht mit dir lesen, meine Liebe. Ich habe einen Termin beim Friseur und komme schon zu spät. Kevin, wären Sie ein Schatz? Sie brauchen nur den Text zu lesen, gar nicht zu spielen.”
    “Ich kann beide Rollen lesen, Mutter”, sagte Maggie fest, als sie Kevins entsetzte Miene sah.
    “Oh nein, das geht nicht, Maggie.” Mildred löste noch eine Kopie von ihrem Klemmbrett. “Hier, Kevin! Ich bin weg.” Mildred blinzelte ihnen zu. “Hals- und Beinbruch.”
    Maggie warf Kevin einen mitfühlenden Blick zu. “Ich habe es versucht.”
    “Ihre Mutter erinnert mich sehr an meine Schwester Daisy”, sagte er.
    Am Fuß der Bühne klatschte Jeanne Squires nervös in die Hände. “Können wir anfangen? Seite einundsechzig.”
    Veronica machte den Anfang, und Maggie räusperte sich. “Viele Leute in dieser Stadt würden ihre Seele für einen Nickel verkaufen, Sam.”
    Kevin nahm seine Brille ab und begegnete ihrem Blick. “Du nicht.”
    “Du auch nicht, Sam. Ich glaube, deshalb …” Das Script verlangte eine Pause, und Maggie brauchte sie wirklich. Ihr Puls beschleunigte sich, und sie fühlte sich seltsam, als der Blick aus Kevins blauen Augen ihren Blick festzuhalten schien.
    “Veronica, wir können nicht mehr davor weglaufen.”
    “Ich bin mein ganzes Leben weggelaufen, Sam. Ich habe Angst davor, stehen zu bleiben.”
    Sie senkte die Augen. Er trat einen Schritt näher. Seine Hand glitt unter ihr Haar an ihren Nacken. Das stand nicht im Script.
    Maggie versuchte sich auf die Worte auf dem Blatt zu konzentrieren. Sams Berührung jagte kleine Schockwellen durch sie. Sam? Nein, nicht Sam. Kevin!
    “Oh, Sam … das ist unmöglich.” Ihre Stimme klang fremd.
    Kevins Augen waren auf Maggies volle Lippen gerichtet. “Aber es wird passieren, Veronica.”
    Trotz einer neuen Klimaanlage in der Halle begann Maggie zu schwitzen. “Es darf nicht passieren, Sam.” Sie wusste nicht einmal, ob es der richtige Text war. Sams Hand – nein, nein, Kevins Hand lag noch immer in ihrem Nacken. Zog er sie näher, oder kam sie ihm entgegen? Sie wusste es nicht.
    Kevin verspürte ein fast schmerzliches Verlangen, sie in die Arme zu ziehen. “‘Es darf nicht’ gibt es nicht, Baby.”
    “Sam, ich bin so schwach. Du bist so tough. Du musst tough bleiben. Du musst dafür sorgen, dass es richtig und wahr und ehrlich bleibt.”
    Sie lag jetzt in seinen Armen, und Tränen liefen ihr über die Wangen. Seine Hand legte sich an ihr Gesicht, seine Scriptseiten flatterten zu Boden.
    “Ich … ich brenne”, murmelte sie atemlos. “Ein inneres Feuer …”
    Sein Kopf senkte sich, seine Lippen kamen näher …
    “Feuer!”, kreischte Jeanne Squires und rannte auf die Bühne.
    Kevin und Maggie sahen die hektische Regisseurin benommen an, und Maggie dachte, die Frau wolle ihr erklären, wie sie den Satz gelesen haben wollte – bis sie den beißenden Rauch roch.
    Graue Schwaden zogen aus den rechten Kulissen. Zu dritt rannten sie los. Rauch quoll unter der Tür zu dem Raum mit den Kostümen hervor. Kevin berührte vorsichtig die Klinke. Sie fühlte sich kühl an,
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