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Die Amazonen von Vanga

Die Amazonen von Vanga

Titel: Die Amazonen von Vanga
Autoren: Hubert Haensel
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noch verstehen konnte. »Jodrel versprach mir Schmuck und Reichtum. Aber alles war Lüge. Er wollte nie wirklich mit mir zusammen leben - heute weiß ich, was ich lange Zeit hindurch nicht glauben wollte.«
    »In fünf Jahren vermag sich vieles zu ändern«, nickte Burra. »Selbst die Gefühle einer Frau.«
    »Fünf Jahre…?« erschrak Regna. »Die Qualen, die ich litt, haben mich blind gemacht für den Lauf der Zeit.« Ein Aufbäumen ging durch ihren Körper. »Töte ihn!« fauchte sie. »Hörst du! Bestrafe ihn für das, was er mir angetan hat.«
    Die Frau, die kaum mehr als dreißig Sommer zählte, aber das Aussehen einer Greisin besaß, zitterte. Auf ihrem Antlitz zeichnete sich die Ahnung des bevorstehenden Todes ab.
    »Wie konnte Jodrel die Insel verlassen?« wollte Burra wissen.
    »Sie kamen mit Schiffen… alle, die hier ihr Ende fanden. Ein Zauber lockte sie her, in die Bucht, die bis an diesen Berg reicht. Dort…« Regnas Stimme versagte; in ihre Augen trat ein seltsames Funkeln.
    »Laßt mich hier… liegen.« Mit einem letzten Aufbäumen sank ihr Kopf vornüber auf die Brust. Regna war tot.
    »Das Land der Wilden Männer«, wiederholte Burra. »Jodrel - ich werde dich finden, auch wenn das Ziel noch fern sein mag.«
    Wie einen Fluch stieß sie die Worte hervor.
     
     
    5.
     
    Mut ist nichts anderes als die uneingeschränkte Bereitschaft, Leiden und sogar den Tod auf sich zu nehmen für die Erreichung eines Zieles, das dem ganzen Land zum Wohl gereicht.
    Doch oft wird der Sieg weder dir noch einem Menschen, der dir nahesteht, den geringsten Vorteil erbringen. Vielleicht ist es nur mißverstandene Eitelkeit, die manche Kriegerin auf dem Weg zu Ruhm und Ehre die wirklichen Werte vergessen läßt.
    (Aus der Lehre der Vervollkommnung)
     
     
    *
     
    Burra sollte recht behalten, daß sie ihr Ziel noch lange nicht erreicht hätten. Oft mußte sie daran denken, während die Nebel wechselten und die Monde ins Land zogen.
    Ein Jahr verging schnell. Sie fand Jodrels Spur und kam ihm nahe, aber dann verlor sein Weg sich in der unermeßlichen Weite des Meeres. Die Wellen schwiegen, und auch der Wind wußte nichts von seinem Verbleib zu berichten.
    Burras Name war inzwischen in vieler Munde; die Kunde von der Unbesiegbarkeit ihres Schwertes eilte ihr voraus. Wo sie und ihre Gefährtinnen an Land gingen, folgten ihnen furchtsame aber auch neugierige Blicke.
    Noch immer segelten sie mit dem kleinen Schiff, mit dem sie die Insel des Dämons verlassen hatten. Sie behielten es, weil es schneller war als so mancher Ballon der Kriegerinnen Zahdas und selbst bei rauher See dem Ruder willig gehorchte.
    Das Land der Wilden Männer lag bereits weit hinter ihnen. Mit Überraschung hatte Burra festgestellt, daß seine Bewohner zu kämpfen verstanden wie Frauen. Viele von ihnen waren sogar geschickt genug, sich mit Amazonen zu messen, aber keiner hatte wirklich gegen Dämon bestehen können - etlichen gereichte Burras Klinge zum Verhängnis.
    Irgendeiner hatte sein Leben damit zu erkaufen gesucht, daß er der Kriegerin verriet, wohin Jodrel von Anakrom sich gewandt hatte. Nun suchte sie seit mehr als zwei Monden nach jener Schwimmenden Stadt. Burra ahnte, daß sie ihrem Vater nahe war. Trotzdem blieb er im Augenblick unerreichbar für sie.
    Der Sand war nicht einmal zur Hälfte durch das Stundenglas geronnen, seit der Himmel sich verdunkelt hatte. Schnell dahintreibende Wolkenfetzen ballten sich wuchtig zusammen. Ein Sturm zog herauf, wie viele vorher.
    »Refft die Segel!« befahl Burra und legte selbst mit Hand an. Aber das Unwetter war plötzlich über ihnen. Die See ging hoch; Gischt spritzte über das Deck des Zweimasters.
    Laut knatterte das halb eingeholte Tuch im Wind. Im Nu war es durchnäßt und klatschte schwer an den Mast. Das Schiff legte sich quer vor die auflaufenden Wellen.
    Die Amazonen mußten schreien, um sich miteinander zu verständigen - der stärker werdende Wind riß ihnen die Worte von den Lippen. Innerhalb kürzester Zeit brach die Schwärze der Nacht herein, obwohl die Sonne noch hoch am Himmel stehen sollte. Blitze zuckten über das Firmament, und in das Toben der entfesselten Elemente mischte sich Donnergrollen.
    Haushoch wuchsen die Wellen auf. Von mächtigen Brechern getroffen, holte das Schiff weit über. Die hölzerne Reling splitterte.
    Burra mußte einsehen, daß es keinen Sinn hatte, gegen diese Inferno ankämpfen zu wollen. Ihr Versuch, das Ruder festzuzurren, scheiterte. Der Sturm bauschte
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