Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Die Amazonen von Vanga

Die Amazonen von Vanga

Titel: Die Amazonen von Vanga
Autoren: Hubert Haensel
Vom Netzwerk:
Schmiedin. »Die Teile der Klinge hingegen, die vom Lehm bedeckt sind, geben die Hitze nur langsam ab und bleiben deshalb weich und geschmeidig. Das Ergebnis ist ein Schwert, das selbst bei langem Gebrauch nicht abstumpft, das aber auch nicht brechen kann.«
    Es folgte die langwierige Arbeit des Schleifens, bei der es nicht minder auf Genauigkeit ankam. Tosumi zeigte sich schließlich mit ihrem Werk zufrieden, und konnte darangehen, einen kunstvoll geschnitzten Griff anzupassen.
    Am Morgen des nächsten Tages - es war gleichzeitig der des Vollmonds - übergab sie Burra das Schwert mit dem vorgeschriebenen Ritual. Sie legte der Amazone die Waffe quer über die ausgestreckten Unterarme, die diese nach einigen Worten des Dankes hochschleuderte, auffing und mit einer blitzschnellen Bewegung durch die Luft wirbelte. Dabei entstand ein singendes Geräusch, das die Güte der Klinge bewies.
    »Wenn du es wünscht, kannst du einige Hiebe führen«, sagte Tosumi. Sie ging vor Burra her in einen Nebenraum, wo etliche prall gefüllte Säcke von den Dachbalken herabhingen.
    »Sand«, erklärte sie.
    Fast spielerisch ließ die Amazone ihr noch namenloses Schwert von der Rechten in die Linke gleiten und führte im Anschluß an diese Bewegung aus der Hüfte heraus einen Körperschlag, der einem menschlichen Gegner in die Brust gedrungen wäre.
    Ohne spürbaren Widerstand glitt die Klinge mitten durch den Sandsack hindurch.
    Burra holte erneut aus, diesmal zu einem shantiga, der den nächsten Sack von unter her spaltete. Zweimal bückte die Schmiedin sich dann und hob Hölzer von der Stärke eines Unterarms auf.
    »Sie waren im Sand verborgen«, sagte Tosumi. »Sieh, das Schwert hat sie glatt durchgeschlagen.«
     
     
    *
     
    Die Nacht war hereingebrochen.
    Im Burggarten brannten Fackeln, verbreiteten Dufthölzer einen durchdringenden Geruch. Hoch im Norden zeichnete sich ein heller verwaschener Heck ab, den man allerdings mehr ahnen als sehen konnte. Es wehte ein lauer Wind, der düstere Wolken vor sich her trieb und die Blätter der Gläsernen Bäume zum Klingen brachte.
    Auf einer kleinen Anhöhe stand Zaem, die Zaubermutter, und ließ ihren Blick über die Frauen schweifen, die vor ihr knieten. Alle hatten ihre Häupter mit weißen Tüchern verhüllt, die bis weit in den Nacken fielen. Sie lauschten den Worten Zaems, warteten darauf, daß die Zaubermutter sie beim Namen rief und in ihre Dienste nahm. Neben ihr verharrte Mashagima, die Meisterin, die als einzige der älteren Amazonen dem Vorgang beiwohnen durfte.
    »… ist es eine ehrenvolle Aufgabe, verbunden mit großer Verantwortung, die euch erwartet«, hallte Zaems Stimme über den Burghof. Burra hörte ihr kaum zu. In Gedanken übte sie längst Rache. Und sie wußte, daß sie nicht allein war. Gorma und Tertish. Gham, Nebo und Gudun, nach ihr die fünf besten Kämpferinnen ihres Jahres, hatten geschworen, Burra beizustehen, wohin auch immer ihr Weg sie führen mochte.
    Die Zaubermutter sprach vom Wohl des Landes, von der Verpflichtung, für die Werte des Lichts einzutreten und die Geister des Dämmerlands in die Schranken zu weisen, daß Vanga von der Finsternis des Nordens verschont bliebe.
    Zaem stand im flackernden Schein Dutzender Fackeln. Dennoch lag ihr Gesicht im Schatten verborgen, da sie einen weiten Umhang mit tief herabgezogener, kapuzenähnlicher Haube trug.
    »Nehmt als Siegel unseres Bundes bis in den Tod den Kuß entgegen.« Sie breitete ihre Arme zum Himmel auf, als wolle sie die bleierne Schwärze vertreiben, die innerhalb kürzester Zeit heraufgezogen war. In der Ferne blitzte es in rascher Folge.
    »Komm nun zu mir, Burra.«
    Die Amazone zeigte mit keiner Regung, daß sie den Ruf vernommen hatte. Zaem wiederholte ihren Namen mit deutlicher Ungeduld in der Stimme.
    Endlich richtete Burra sich auf, trat gesenkten Hauptes vor die Zaubermutter hin und ließ sich auf die Knie nieder. Ohne daß Zaem danach griff, glitt ihr das Tuch vom Kopf. Für die Dauer eines Lidschlags schien ein heller Schein sie zu umfließen.
    »Ab heute sei Burra, die Amazone, und trage dein Haar zum Knoten der Kriegerinnen gebunden. Sprich jetzt den Schwur, der dich mit dem Schwertmond verbindet.«
    Aber Burra schwieg, was die Zaubermutter zu einer ungehaltenen Handbewegung veranlaßte.
    »Ich kann es nicht«, begann die Amazone schließlich stockend. »Nicht, solange Jodrel am Leben ist, der Gaida von Anakrom meuchelte. Beim Geist meines Schwertes schwöre ich, daß ich Rache nehmen
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher