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Die Alpen

Titel: Die Alpen
Autoren: Albrecht von Haller
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nie bei euch entbrennen,
Wo Neid und Eigennutz auch Brüder-Herzen trennen.
    Dort spielt ein wilder Fürst mit seiner Diener Rümpfen,
Sein Purpur färbet sich mit lauem Bürger-Blut;
Verleumdung, Haß und Spott zahlt Tugenden mit Schimpfen,
Der Gift-geschwollne Neid nagt an des Nachbarn Gut;
Die geile Wollust kürzt die kaum gefühlten Tage,
Weil um ihr Rosen-Bett ein naher Donner blitzt;
Der Geiz bebrütet Gold, zu sein' und andrer Plage,
Das niemand weniger, als wer es hat, besitzt;
Dem Wunsche folgt ein Wunsch, der Kummer zeuget Kummer,
Und euer Leben ist nichts als ein banger Schlummer.
    Bei euch, vergnügtes Volk, hat nie in den Gemütern
Der Laster schwarze Brut den ersten Sitz gefaßt,
Euch sättigt die Natur mit ungesuchten Gütern;
Die macht der Wahn nicht schwer, noch der Genuß verhaßt;
Kein innerlicher Feind nagt unter euren Brüsten,
Wo nie die späte Reu mit Blut die Freude zahlt;
Euch überschwemmt kein Strom von wallenden Gelüsten,
Dawider die Vernunft mit eiteln Lehren prahlt.
Nichts ist, das euch erdrückt, nichts ist, das euch erhebet,
Ihr lebet immer gleich und sterbet, wie ihr lebet.
    O selig! wer wie ihr mit selbst gezognen Stieren
Den angestorbnen Grund von eignen Äckern pflügt;
Den reine Wolle deckt, beraubte Kränze zieren
Und ungewürzte Speis aus süßer Milch vergnügt;
Der sich bei Zephyrs Hauch und kühlen Wasser-Fällen
In ungesorgtem Schlaf auf weichen Rasen streckt;
Den nie in hoher See das Brausen wilder Wellen,
Noch der Trompeten Schall in bangen Zelten weckt;
Der seinen Zustand liebt und niemals wünscht zu bessern!
Das Glück ist viel zu arm, sein Wohlsein zu vergrößern. Beatus ille qui procul negotiis . Horat. Epod. 2.
Gedanken bei einer Begebenheit
(1732/34)
       
Vergnüge dich mein Sinn, und laß dein Schicksal walten 
Es weiß, worauf du warten sollst:
Das wahre Glück hat doch verschiedene Gestalten 
Und kleidet sich nicht nur in Gold.
    Dein Geist würkt ja noch frei in ungekränkten Gliedern, 
Du hast noch Haus und Vaterland:
Worüber klagst du denn? Nur Stolz schämt sich im Niedern 
Und Übermut im Mittelstand.
    Was hülfe dich zuletzt der Umgang jener Weisen, 
Die unerblaß zum Tode gehn:
Sollst du Beständigkeit in fremdem Beispiel preisen,
In deinem dir entgegen stehn?
    Nein, bettle, wer da will, des Glückes eitle Gaben, 
Im Wunsche groß, klein im Genuß;
Von mir soll das Geschick nur diese Bitte haben:
Gleich fern von Not und Überdruß.

Unvollkommenes Gedicht über die Ewigkeit Auf daß sich niemand an den Ausdrücken ärgere, worin ich von dem Tode, als von einem Ende des Wesens, oder der Hoffnung spreche, so ist es nötig zu berichten, daß alle diese Reden Einwürfe haben sein sollen, die ich würde beantwortet haben, wann ich fähig wäre, diese Ode zu Ende zu bringen. Ein zweites Leben ist dennoch ausdrücklich angenommen.
1736
       
Ihr Wälder! wo kein Licht durch finstre Tannen strahlt
Und sich in jedem Busch die Nacht des Grabes malt;
Ihr hohlen Felsen dort! wo im Gesträuch verirret
Ein trauriges Geschwärm einsamer Vögel schwirret;
Ihr Bäche! die ihr matt in dürren Angern fließt Es sind Tofwasser, die die feuchten Wiesen, in die sie sich ergießen, sandicht und dürre machen.
Und den verlornen Strom in öde Sümpfe gießt;
Erstorbenes Gefild und grausenvolle Gründe,
O daß ich doch bei euch des Todes Farben fünde!
O nährt mit kaltem Schaur und schwarzem Gram mein Leid!
Seid mir ein Bild der Ewigkeit!
Mein Freund ist hin!
Sein Schatten schwebt mir noch vor dem verwirrten Sinn,
Mich dünkt, ich seh sein Bild und höre seine Worte;
Ihn aber hält am ernsten Orte,
Der nichts zu uns zurücke läßt,
Die Ewigkeit mit starken Armen fest.
    Kein Strahl vom Künftigen verstörte seine Ruh,
Er sah dem Spiel der Welt noch heut geschäftig zu;
Die Stunde schlägt, der Vorhang fällt,
Und alles wird zu nichts, was ihm so würklich schien.
Die dicke Nacht der öden Geister-Welt
Umringt ihn jetzt mit schreckenvollen Schatten;
Und die Begier ist, was er noch behält
Von dem, was seine Sinnen hatten.
Und ich? bin ich von höherm Orden?
Nein, ich bin, was er war, und werde, was er worden;
Mein Morgen ist vorbei, mein Mittag rückt mit Macht,
Und eh der Abend kömmt, kann eine frühe Nacht,
Die keine Hoffnung mehr zum Morgen wird versüßen,
Auf ewig mir die Augen schließen.
    Furchtbares Meer der ernsten Ewigkeit!
Uralter Quell von Welten und von Zeiten!
Unendlichs Grab von Welten und von Zeit!
Beständigs Reich der Gegenwärtigkeit!
Die
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