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Die Alpen

Titel: Die Alpen
Autoren: Albrecht von Haller
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Feuer,
Das in den Adern glimmt und nie die Müh erzwingt;
Die Kunst hat keinen Teil an seinen Hirten-Liedern,
Im ungeschmückten Lied malt er den freien Sinn;
Auch wann er dichten soll, bleibt er bei seinen Widdern,
Und seine Muse spricht wie seine Schäferin;
Sein Lehrer ist sein Herz, sein Phöbus seine Schöne,
Die Rührung macht den Vers und nicht gezählte Töne.
    Bald aber spricht ein Greis, von dessen grauen Haaren
Sein angenehm Gespräch ein höhers Ansehn nimmt,
Die Vorwelt sah ihn schon, die Last von achtzig Jahren
Hat seinen Geist gestärkt und nur den Leib gekrümmt;
Er ist ein Beispiel noch von unsern Helden-Ahnen,
In deren Faust der Blitz und Gott im Herzen war;
Er malt die Schlachten ab, zählt die ersiegten Fahnen,
Bestürmt der Feinde Wall und rühmt die kühnste Schar.
Die Jugend hört erstaunt und wallt in den Gebärden,
Mit edler Ungeduld, noch löblicher zu werden.
    Ein andrer, dessen Haupt mit gleichem Schnee bedecket,
Ein lebendes Gesetz, des Volkes Richtschnur ist,
Lehrt, wie die feige Welt ins Joch den Nacken strecket,
Wie eitler Fürsten Pracht das Mark der Länder frißt,
Wie Tell mit kühnem Mut das harte Joch zertreten,
Das Joch, das heute noch Europens Hälfte trägt;
Wie um uns alles darbt und hungert in den Ketten Diese Betrachtung hat schon Burnet gemacht.
Und Welschlands Paradies gebogne Bettler hegt;
Wie Eintracht, Treu und Mut, mit unzertrennten Kräften,
An eine kleine Macht des Glückes Flügel heften.
    Bald aber schließt ein Kreis um einen muntern Alten,
Der die Natur erforscht und ihre Schönheit kennt;
Der Kräuter Wunder-Kraft und ändernde Gestalten
Hat längst sein Witz durchsucht und jedes Moos benennt;
Er wirft den scharfen Blick in unterirdsche Grüfte,
Die Erde deckt vor ihm umsonst ihr falbes Gold,
Er dringet durch die Luft und sieht die Schwefel-Düfte,
In deren feuchter Schoß gefangner Donner rollt;
Er kennt sein Vaterland und weiß an dessen Schätzen
Sein immerforschend Aug am Nutzen zu ergötzen.
    Dann hier, wo Gotthards Haupt die Wolken übersteiget
Und der erhabnern Welt die Sonne näher scheint,
Hat, was die Erde sonst an Seltenheit gezeuget,
Die spielende Natur in wenig Lands vereint;
Wahr ists, daß Libyen uns noch mehr Neues gibet
Und jeden Tag sein Sand ein frisches Untier sieht;
Allein der Himmel hat dies Land noch mehr geliebet,
Wo nichts, was nötig, fehlt und nur, was nutzet, blüht;
Der Berge wachsend Eis, der Felsen steile Wände Die meisten und größten Flüsse entspringen aus Eisgebürgen, als der Rhein, der Rhodan, die Aare.
Sind selbst zum Nutzen da und tränken das Gelände.
    Wenn Titans erster Strahl der Gipfel Schnee vergüldet
Und sein verklärter Blick die Nebel unterdrückt,
So wird, was die Natur am prächtigsten gebildet,
Mit immer neuer Lust von einem Berg erblickt;
Durch den zerfahrnen Dunst von einer dünnen Wolke
Eröffnet sich zugleich der Schauplatz einer Welt,
Ein weiter Aufenthalt von mehr als einem Volke
Zeigt alles auf einmal, was sein Bezirk enthält;
Ein sanfter Schwindel schließt die allzu schwachen Augen,
Die den zu breiten Kreis nicht durchzustrahlen taugen.
    Ein angenehm Gemisch von Bergen, Fels und Seen
Fällt nach und nach erbleicht, doch deutlich, ins Gesicht,
Die blaue Ferne schließt ein Kranz beglänzter Höhen,
Worauf ein schwarzer Wald die letzten Strahlen bricht;
Bald zeigt ein nah Gebürg die sanft erhobnen Hügel,
Wovon ein laut Geblök im Tale widerhallt;
Bald scheint ein breiter See ein Meilen-langer Spiegel,
Auf dessen glatter Flut ein zitternd Feuer wallt;
Bald aber öffnet sich ein Strich von grünen Tälern,
Die, hin und her gekrümmt, sich im Entfernen schmälern.
    Dort senkt ein kahler Berg die glatten Wände nieder,
Den ein verjährtes Eis dem Himmel gleich getürmt,
Sein frostiger Kristall schickt alle Strahlen wieder,
Den die gestiegne Hitz im Krebs umsonst bestürmt.
Nicht fern vom Eise streckt, voll Futter-reicher Weide,
Ein fruchtbares Gebürg den breiten Rücken her;
Sein sanfter Abhang glänzt von reifendem Getreide,
Und seine Hügel sind von hundert Herden schwer.
Den nahen Gegenstand von unterschiednen Zonen
Trennt nur ein enges Tal, wo kühle Schatten wohnen.
    Hier zeigt ein steiler Berg die Mauer-gleichen Spitzen,
Ein Wald-Strom eilt hindurch und stürzet Fall auf Fall.
Der dick beschäumte Fluß dringt durch der Felsen Ritzen
Und schießt mit gäher Kraft weit über ihren Wall.
Das dünne Wasser teilt des tiefen Falles Eile,
In der verdeckten Luft schwebt ein bewegtes Grau,
Ein
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