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Die Akte Golgatha

Die Akte Golgatha

Titel: Die Akte Golgatha
Autoren: Philipp Vandenberg
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nicht so, wie man sich gemeinhin einen Privatdetektiv vorstellt.
    »Madame Gropius?«, sagte er fragend, während er sich von seinem Tisch erhob. Die Anrede wirkte etwas ungewöhnlich, passte aber irgendwie zu dem vornehm gekleideten, gepflegten Mann.
    »Herr Lewezow?«, fragte Veronique zurück.
    Lewezow nickte und schob der Dame vorsichtig einen Stuhl hin.
    Einen peinlichen Augenblick musterten sie sich gegenseitig, dann meinte Veronique schmunzelnd: »So sieht also ein Privatdetektiv aus. Sie sind mir doch nicht böse, wenn ich sage: so ganz anders als im Fernsehen.«
    Lewezow nickte: »Sie haben wohl eine Pfeife rauchende schmuddelige Type in Lederjacke und Jeans erwartet!« Dabei zog er angewidert die Augenbrauen hoch. »Ich mache das auch noch nicht allzu lange – worunter die Qualität meiner Ermittlungen jedoch in keiner Weise leidet, ganz im Gegenteil. Ich darf«, Lewezow holte unter dem Tisch eine dünne Mappe hervor, »ich darf Ihnen einige Referenzen vorlegen.«
    Während Veronique Gropius die Aufträge, Dankschreiben und Preisliste in der Mappe überflog (in der Tat befanden sich respektable Leistungen darunter), fragte sie, um Zeit zu gewinnen: »Wie lange machen Sie das schon? Ich meine, als Privatdetektiv wird man schließlich nicht geboren.«
    »Vier Jahre«, erwiderte der Glatzkopf, »davor war ich Tanztherapeut und davor Tänzer an der Staatsoper. Nach dem Tod meines Freundes habe ich buchstäblich den Boden unter den Füßen verloren. Ich brachte keine Pirouette, keinen Sprung mehr zustande. Aber ich will Sie nicht mit meiner Lebensgeschichte langweilen.«
    »Keineswegs!« Veronique lächelte und gab Lewezow die Mappe zurück.
    »Sie machten am Telefon eine Andeutung«, bemerkte der Detektiv, um zum Thema zu kommen.
    Veronique holte tief Luft, und während sie in ihrer flachen schwarzen Handtasche kramte, begann sie zu erzählen, wobei sich ihr Gesichtsausdruck von einem Augenblick auf den anderen veränderte. Die eben noch ausgeglichenen Züge nahmen plötzlich eine sichtbare Strenge, ja Härte an. Dann zog sie aus der Tasche ein Foto hervor und reichte es dem glatzköpfigen Mann.
    »Das ist Professor Gregor Gropius, mein Mann – Exmann sollte ich wohl besser sagen. Unsere Beziehung besteht seit langem nur noch auf dem Papier, unsere Ehe wird nur noch per Telefon abgewickelt.«
    »Gestatten Sie mir eine Frage, Madame, warum lassen Sie sich nicht scheiden?«
    Veronique faltete die Hände, dass ihre Knöchel schneeweiß hervortraten. »Da gibt es ein Problem. Wir haben bei unserer Eheschließung vor achtzehn Jahren Gütertrennung vereinbart. Wissen Sie, was das bedeutet, Herr Lewezow?«
    »Ich kann es mir denken, Madame.«
    »Mein Mann geht aus einer Scheidung als reicher Mann ohne Verpflichtungen hervor, und ich kann wieder von vorne anfangen.«
    »Sie üben keinen Beruf aus?«
    »Doch. Seit zwei Jahren betreibe ich eine PR-Agentur. Das Geschäft läuft nicht schlecht, aber im Vergleich zu dem Vermögen, das Gregor inzwischen angehäuft hat …«
    Lewezow kniff die Augen zusammen. »Ich fürchte, dass es im Fall einer Scheidung kaum eine Möglichkeit gibt, legal an das Geld Ihres Mannes oder auch nur an einen Teil heranzukommen.«
    »Ich bin mir dessen bewusst«, fiel Veronique dem Detektiv ins Wort, »das ist auch die Auskunft meiner Anwälte. Wie Sie sagten, besteht legal kaum eine Möglichkeit. Man müsste Gropius eben so weit bringen, dass er sich freiwillig bereit erklärt, mit mir zu teilen – mehr oder weniger freiwillig, meine ich natürlich.«
    »Jetzt verstehe ich. Auch im Leben eines Professors gibt es wie im Leben jedes Menschen dunkle Flecken, die besser nicht an die Öffentlichkeit kämen. Habe ich Recht?«
    Augenblicklich erhellten sich Veroniques Züge, und ein hinterhältiges Lächeln huschte über ihr Gesicht. »Genauso ist es. In diesem besonderen Fall könnte es Gropius sogar Kopf und Kragen kosten. Das Problem ist nur, ich habe keine Beweise.«
    »Beweise wofür?«
    Veronique blickte zur Seite, ob ihr Gespräch nicht belauscht würde, und begann leise: »Gropius ist Professor am Klinikum der Universität. Er führt im Jahr einige Dutzend Organtransplantationen durch. Gregor verpflanzt Nieren, Lebern und Lungen von einem Menschen auf den anderen, wobei die Spender meist tot sind.«
    Lewezow schluckte.
    »Allerdings ist der Bedarf um ein Vielfaches größer als die Anzahl von Spenderorganen, sodass Organe auf dem schwarzen Markt gehandelt werden wie Gebrauchtwagen oder
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