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Die Ahnen von Avalon

Die Ahnen von Avalon

Titel: Die Ahnen von Avalon
Autoren: Marion Zimmer Bradley , Diana L. Paxson
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mehr mit seinen Harmonien erfüllte…
    » Das Leid muss nun der Freude weichen,
Der Schmerz die Hand dem Jubel reichen.
So geht es Schritt um Schritt voran,
Bis dass der Tag beherrscht die Bahn… «
    Eine Generation zuvor war der Omphalos in einem verzweifelten Kampf, der schließlich zum Untergang des Alten Landes geführt hatte, für kurze Zeit zum Spielball Schwarzer Künste geworden. Zunächst hatte man befürchtet, er sei völlig verdorben, und so hatten die Priester die Kunde verbreiten lassen, der Stein sei wie so vieles andere zur Strafe von der See verschlungen worden.
    Darin steckte sogar ein Körnchen Wahrheit, denn der Stein lag, wenn schon nicht auf dem Grund des Meeres, so doch in einer Höhle tief unter den Tempeln und der Stadt Ahtarra. Seit er hier ruhte, war Ahtarrath, eine mittelgroße Insel und Teil des Seereiches von Atlantis, zum geheiligten Zentrum der Welt geworden. Der Omphalos war also nicht verloren, aber er verbarg sich auch weiterhin vor den Augen der Menschen. Selbst die Obersten Priester fanden nur selten einen Anlass, die Höhle zu betreten, und die wenigen, die es wagten, den Stein zu befragen, waren sich wohl bewusst, dass sie damit das Gleichgewicht der Welt erschüttern konnten.
    Der Gesang wurde schneller, drängender.
    » Die Zeiten des Jahres sind fest verbunden,
Begegnung und Abschied zum Kreise sich runden.
Die heilige Mitte ist unser Reich,
Hier ändert sich alles und bleibt doch stets gleich .«
    Wieder schweiften Tirikis Gedanken ab. Wenn alles gleich bliebe, dachte sie in jäher Auflehnung, dann wären wir jetzt nicht hier!
    Schon seit Monaten verbreiteten sich Berichte von Erdbeben wie ein Lauffeuer durch das Seereich, und allenthalben wurde von schlimmeren Katastrophen gemunkelt, die noch folgen würden. Für Ahtarrath waren die Schrecken zunächst noch weit entfernt gewesen, doch in den vergangenen Nächten hatte man im Tempelbezirk wie in der Stadt immer wieder leichte Erdstöße gespürt, und alle Bewohner waren von Albträumen heimgesucht worden. Tiriki hörte noch jetzt die Angst in den Stimmen der Sänger.
    Ist die Endzeit, die uns geweissagt wurde, nun tatsächlich gekommen?, fragte sie sich. Nach so vielen falschen Warnungen?
    Entschlossen stimmte sie wieder in den Gesang ein, um an dem kunstvollen Klanggebilde mitzubauen, dem vielleicht mächtigsten Instrument der atlantidischen Magie.
    » In der Bewegung stehn wir stille,
Die Leidenschaften zähmt der Wille,
Unmerklich schreitet voran die Zeit,
Und geht ein in die Ewigkeit .«
    Die Schatten wurden dunkler, die Weihrauchschwaden verdichteten sich und stiegen endlich doch durch die kalte Luft nach oben.
    Der Gesang verstummte.
    Aus dem Stein brach helles Licht hervor und beherrschte den Raum so vollkommen, wie es zuvor die Dunkelheit getan hatte. Der strahlende Glanz drang bis in den letzten Winkel der Höhle, doch Tiriki spürte zu ihrer Überraschung keine Wärme. Sogar die Fackeln leuchteten jetzt ein wenig heller. Die Sänger seufzten tief auf. Es war so weit.
    Als Erster nahm Reio-ta, der Verwalter des Tempels, die Kapuze ab und ging auf den Stein zu. Neben ihm hob Mesira, die Oberste Heilerin, den Schleier ihres blauen Ordensgewandes.
    Auch Tiriki und Micail verließen ihre Plätze und stellten sich, den beiden anderen zugewandt, vor den Stein. Micails Haar loderte wie Feuer, und die Löckchen, die sich aus Tirikis straff geflochtenen Zöpfen gelöst hatten, gleißten wie Gold und Silber.
    Reio-ta setzte mit seinem wohlklingenden Tenor die Anrufung fort:
    » Das Reich der Dunklen Königin der Erde,
Ist nun erfüllt von Manoahs Licht,
Und so beschwören wir die Heilige Mitte,
Omphalos, den Nabel der Welt .«
    Mesiras voller Altstimme hatte das Alter nichts anhaben können. »Die Mitte ist kein Ort, sondern ein Zustand. Der Omphalos entstammt einer anderen Welt. Der Stein lag über Jahrhunderte an den Heiligen Stätten des Alten Landes, doch nicht dort war die Mitte, und auch in Ahtarrath ist sie nicht.«
    Micail gab die rituelle Antwort: »Eingedenk dessen, dass alles, was ist, auch wert ist, bewahrt zu werden, geloben die hier Versammelten, sich mit allen Kräften dafür einzusetzen.«
    Er lächelte Tiriki zu und griff abermals nach ihrer Hand. Gemeinsam holten sie Atem für die Schlussphrase.
    »Und schließlich einzugehen in das Reich der Wahrheit, das niemals zerstört werden kann.«
    Die anderen antworteten im Chor: »Denn das Licht lebt in uns, solange wir treu sind im Glauben!«
    Der wundersame
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