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Die Abaddon-Mission (German Edition)

Die Abaddon-Mission (German Edition)

Titel: Die Abaddon-Mission (German Edition)
Autoren: Frank W. Haubold
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einem Achse l zucken und kehrte wenig später mit einer fahrbaren Trage zurück. Mit  geübten Handgriffen ließen die beiden das Oberteil herab, packten den Mann grob an Schultern und Füßen und bugsierten ihn ohne b e sondere Anstrengung auf die Liegefläche.
    Auf dem Weg zum Rettungswagen fragte sich der Mann besorgt, weshalb er trotz der rüden Behan d lung keinerlei Schmerz verspürt hatte. Und was b e deutete das Achselzucken des Sanitäters?  Eine d ü stere Ahnung schlich sich in das Bewußtsein des Mannes, aber noch vermochte er sich zu beruhigen. Wenigstens haben sie mich nicht einfach liegen la s sen ...
    Die Fahrt im Rettungswagen war nur kurz und end e te in einem flachen, fensterlosen Gebäude, das ke i neswegs wie ein Krankenhaus aussah. Ein flaues Gefühl machte sich im Magen des Mannes breit.
    Zwei Männer in grauen Overalls eilten dem Re t tungswagen mit einem blitzenden Gefährt entgegen, das nur wenig Ähnlichkeit einem Patientenliege auswies.
    Genausowenig wie die beiden Männer wie Ärzte aussahen ...
    »So, jetzt geht's ab in die Kiste, Opa«, murmelte der Gnom zufrieden, während er die Transportgurte um Brust und Beine des Mannes löste.
    »Was soll das?« rief der Mann verzweifelt, als er erkannte, was die vermeintliche Liege in Wirklic h keit darstellte – eine fahrbare Leichengondel aus Edelstahl, wie sie üblicherweise in der Pathologie verwendet wurde!
    Die Tatsache, daß er seine eigene Stimme nicht hören konnte, schockierte den Mann mehr als das G e schehen um ihn herum.
    Die beiden Sanitäter hatten ihn mittlerweile vom Wagen gehoben und hinüber zu den Wartenden g e bracht. »Nummer 46 heute«, knurrte der Rotgesic h tige und verzog angewidert das Gesicht, »wenn das Komitee nicht bald mit ’ner Prämie rüberkommt, kann es sich die Kerle bald selber von der Straße kratzen.«
    »Mach’s halblang, Schorsch«, entgegnete einer der Graugekleideten gelassen. »Her mit dem Hi m mel s stürmer. Zeit ist Geld.«
    Rasch hatten die beiden Sanitäter die Trage ang e hoben und umgekippt, so daß der Körper des Ma n nes schwer auf dem Boden der Edelstahlwanne au f schlug.
    Der Mann wunderte sich nicht darüber, daß er trotz des harten Aufpralls keinerlei Schmerz em p fand. Er hatte begriffen, was es mit der Kälte auf sich hatte und weshalb man ihn so rüde und gleic h gültig b e handelte.
    Vor allem aber wußte er jetzt, was es mit dem Gr o ßen Rennen auf sich hatte. Es gab keine Sieger und auch keine Verlierer. Am Ende – dem einzig realen Ziel – waren sie alle gleich ...
    Die Kälte hatte seine Widerstandskraft gebrochen. Gleichgültig registrierte er, wie ihm die Graugekle i deten Identitätskarte und Ehering abnahmen und ihn in einen düsteren Vorraum schoben, der nach he i ßem Maschinenöl roch.
    Das einzige Geräusch, das der Mann in den näc h sten Minuten hörte, war ein dumpfes Fauchen, de s sen Ursprung er vergeblich zu erraten suchte.
    Erst als sich das stählerne Tor vor ihm quie t schend öffnete und der rötliche Widerschein der rausche n den Flammen den Raum erfüllte, begriff er und b e gann tonlos zu schreien.
    Die Furcht raubte ihm jede Besinnung und fraß sich mit den Flammen in sein Bewußtsein, bis ihn der Gong der Weckanlage aus seinem Alptraum riß.
    Am Morgen danach verhielt sich der Mann anders als sonst. Statt sich um seine Ausrüstung zu kü m mern, stand er reglos am Fenster und wartete stumm, bis die blasse Morgensonne über den grauen D ä chern der Stadt auftauchte.  
    Er dachte darüber nach, daß er all die Jahre nie e i nen Leichenwagen entlang der Rennstrecke gesehen ha t te. Er dachte an die Müllers von nebenan, die von einem Tag auf den anderen verschwunden und auch in keinem der benachbarten Stockwerke wieder au f getaucht waren. Vor allem aber dachte er über das flache, fensterlose Gebäude am Stadtrand nach, aus dessen Schornstein Tag für Tag große, dunkle Rauchwolken krochen ...
    Während des Frühstücks aß der Mann nur wenig, und seine hellen Augen starrten Anna so unverwandt an, daß sie sich verlegen abwandte. Als er seine Frau zum Abschied küßte und die Tür hinter sich schloß, wußte sie, daß er nicht zurückkommen würde.
    Sie spürte ihre Kehle eng werden und ein mer k wü r diges Brennen in den Augen. Doch erst als sie im Bad stand und in den Spiegel sah, bemerkte sie die Tränen. Anna konnte sich nicht erinnern, wann sie das letzte Mal geweint hatte, aber die Tränen, denen sie jetzt freien Lauf ließ, taten ihr gut.
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