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Und plötzlich gehörst du ihm...

Und plötzlich gehörst du ihm...

Titel: Und plötzlich gehörst du ihm...
Autoren: Merel von Groningen
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E s war das erste Mal, seit ich
mit Anne befreundet war, dass wir nach der Schule nicht zu den Pferden gingen.
Stattdessen wollten wir jemanden besuchen, der vier Hunde besaß. Vier
wahnsinnig tolle Hunde, meinte Anne.
    Wir brauchten mit dem Fahrrad
ungefähr eine Viertelstunde dorthin. Anne redete an einem Stück von den Hunden,
zwei ausgewachsene und zwei Welpen. Der junge Mann, dem sie gehörten, hatte
nicht genug Zeit, mit ihnen rauszugehen, und sie brauchten viel Bewegung.
Komisch, dachte ich, da hat jemand vier Hunde und dann keine Zeit, sie
rauszulassen.
    »Merel, du darfst es niemandem
erzählen«, plapperte Anne weiter, »aber ich bin ein bisschen in den Typen
verknallt.«
    »Schön«, antwortete ich. »aber
warum soll das keiner wissen?«
    Plötzlich wurde sie still. Anne
blickte vor sich hin und schwieg.
    »Anne, erzähl mir, was los
ist«, sagte ich.
    Sie schaute mich ganz kurz an,
so als würde sie sich schämen, dann lachte sie verlegen und schwieg wieder.
    »Na gut, dann erzählst du es
eben nicht!«
    Den Rest der Strecke legten wir
schweigend zurück, versunken in unseren eigenen Gedanken. Ich war verrückt vor
Neugier, aber ich wollte auch, dass sie es freiwillig erzählte.
    Als wir in eine kleine Straße
einbogen, sagte sie: »Hier ist es.« Sie stieg vom Fahrrad, ich stieg ebenfalls
ab und blieb neben unseren Fahrrädern stehen.
    »Es könnte sein, dass eine Frau
oder ein kleines Kind die Tür öffnet, du darfst nicht erschrecken«, sagte Anne
leise.
    »Wieso eine Frau oder ein
Kind?«, fragte ich überrascht.
    Anne wurde rot und vermied
meinen Blick.
    »Anne! Jetzt stell dich nicht
so an, du musst es mir sagen.« Ich hielt es nicht mehr aus, meine Neugier war
inzwischen größer als meine Geduld.
    »Also gut«, sagte sie, »aber du
darfst es niemandem verraten, auch ihm nicht.«
    »Was denn?«, fragte ich
genervt. »Dass du in ihn verknallt bist? Stimmt da irgendwas nicht? Anne! Du
verschweigst mir etwas, und jetzt will ich endlich wissen, was es ist!«
    Wir legten unsere Fahrräder auf
den Boden und setzten uns in der Nähe seines Hauses ins Gras. Nicht dass das
Wetter dazu eingeladen hätte — schließlich hatten wir erst April — , aber Anne
wollte mir ihr Geheimnis erzählen, von dem jungen Mann mit den vier Hunden. Sie
würde mir von dem Menschen berichten, der mein Leben innerhalb eines halben
Jahres zerstören sollte. Nicht nur mein eigenes Leben, sondern auch das Leben
einer Mutter mit einer fünfzehnjährigen Tochter. Das Leben meiner Mutter.

 
     
     
    M orgen kommst du direkt von der
Schule nach Hause und zeigst mir dein Hausaufgabenheft!«, sagte mein
Stiefvater.
    »Ja, ja«, motzte ich, »ihr mit
eurem ewigen Rumgezeter. Das ist albern!«
    »Das hast du dir selbst
zuzuschreiben. Wir hatten eine Vereinbarung!«, rief er mir nach, als ich die
Tür zu meinem Zimmer hinter mir zuknallte.
    Ja, diese Vereinbarung war noch
alberner als die ganzen anderen blöden Regeln, die in unserem Haus galten. Nach
der Schule musste ich sofort nach Hause kommen und mein Hausaufgabenheft mit
den Aufgaben für den nächsten Tag vorzeigen, das mein Tutor abzeichnete, damit
meine Eltern wussten, dass ich die Aufgaben korrekt notiert hatte. Erst wenn
ich meine Hausaufgaben erledigt hatte, durfte ich noch kurz zu Anne. Aber da
musste ich schon Glück haben, denn um sechs Uhr musste ich schon wieder zu
Hause sein. Wenn ich nicht um sechs Uhr zurück war, durfte ich nach dem Essen
nicht mehr raus. Was für Regeln, schließlich war ich verdammt noch mal fünfzehn
und kein Kind mehr!
    »Fang schon mal mit den
Hausaufgaben für morgen an«, sagte mein Stiefvater durch die verschlossene Tür.
Ich wusste, dass es zwecklos war, mich dagegen aufzulehnen. Ich nahm mir vor,
ab morgen einfach die Aufgaben der letzten Woche aufzuschreiben und die
Unterschrift meines Tutors zu fälschen. Als wenn es irgendeinen Sinn hätte, zur
Schule zu gehen. Ich würde doch sowieso sitzen bleiben. Also konnte ich meine
Zeit auch mit schöneren Dingen verbringen.
    Ich legte eine CD von Michael
Jackson ein, ließ mich aufs Bett fallen und dachte an Anne. Morgen, gleich
nachdem das Hausaufgabenheft kontrolliert worden war, würde ich endlich die
Hunde und den Mann zu Gesicht bekommen, in den Anne sich verliebt hatte.
Nachdem Anne mir ihr Geheimnis erzählt hatte, war nämlich keine Zeit mehr
gewesen, ihn zu besuchen, weil ich ja um sechs Uhr zu Hause sein musste.
Letztendlich war ich dann doch erst um Viertel nach sechs zu Hause
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