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Die Abaddon-Mission (German Edition)

Die Abaddon-Mission (German Edition)

Titel: Die Abaddon-Mission (German Edition)
Autoren: Frank W. Haubold
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atmete tief durch. Der Wind hatte sich g e dreht und trug einen leichten Brandgeruch von der Küste herüber. Wahrscheinlich brannte die Stadt noch immer. Momentan beschränkten sich die Übe r fälle der Banditen auf die Küstenorte, aber das wü r de nicht so bleiben ...
    Bevor er sich auf den Weg machte, sah er noch ei n mal nach den jairas . Im Stall war es warm, und der vertraute Geruch beruhigte den Mann ein wenig. Er war stolz auf seine Ziegen, die besten weit und breit. Ein Reichtum, den er seinem Freund Carlos verdankte, der ihm nach jeder apañada – dem Ei n fangen und Markieren der Küstenziegen – die besten Tiere mitgebracht hatte. Letzten Sommer war Carlos gestorben. Als Manuel ging, ließ er die Stal l tür weit offen. Die Fremden würden seine jairas nicht b e kommen ...
    Während des Abstiegs dachte er an Evita. Es hatte ihm weh getan, sie allein zu zurückzulassen, aber es mußte sein. Die Soldaten und die guardia civil ha t ten die Stadt nicht schützen können, und sie würden auch ihnen nicht helfen. Deshalb hatten sich die Männer beim Alkalden getroffen und besprochen, was zu tun war. Besonnene, friedfertige majoreros wie er, aber entschlossen, ihre Höfe bis zum letzten zu verteidigen.
    Schwer atmend erreichte der Mann sein Versteck unterhalb der äußeren Windschutzmauer. Von hier aus konnte man tagsüber das ganze Tal überblicken, vor allem aber die carretera principal, die neue Hauptstraße, die hinunter nach Puerto de Cabras führte. Noch vor wenigen Tagen war die Straße am Abend ein lärmendes Lichterband gewesen, das vor Mitternacht kaum zur Ruhe kam. Manchmal hatte der Wind die Rufe und das Lachen der turistas bis hinauf in die Berge getragen. Jetzt lag die Landstr a ße wie ausgestorben im Dunkel.
    Der Krieg hatte die Lichter, den Lärm und das L a chen ausgelöscht.
    Es war ein merkwürdiger, stiller Krieg gewesen.
    Zuerst waren die Flugzeuge weggeblieben, die dickbäuchigen aviones , die sonst im Halbstunde n takt herabschwebten und mit dem Gebrüll ihrer Trie b werke die Schwerkraft verhöhnten.
    Die Stille war ungewohnt, und manchmal ertappte sich Manuel kopfschüttelnd dabei, wie er den Hi m mel nach einer Spur der Riesenvögel absuchte.
    Abend für Abend türmten sich dunkle Wolke n wände im Osten auf, doch sie brachten keinen R e gen, so n dern Asche. Weiße Asche, die das Land am Morgen wie ein zarter Flaum bedeckte, bevor der Wind sie emporwirbelte und ins Meer trieb.
    Manuel wußte, daß der Krieg zu Ende war. Er ha t te das leere Rauschen des Kurzwellenempfängers gehört, der dem Sohn des Alkalden gehörte. Die Wände der kleinen Funkstation waren mit Hunde r ten von Urkunden, Wimpeln und Karten beklebt gewesen, und der Sohn des Alkalden hatte geweint. Vielleicht auch, weil er von nun an keine Wimpel oder Karten mehr bekommen würde ...
    Ein Geräusch ließ den Mann zusammenfahren.
    Dort unten war jemand.
    Obwohl der wolkenverhangene Nachthimmel wie ein dunkles Tuch über dem Land lag, glaubte der Mann die Umrisse zweier Gestalten wahrzunehmen, die sich durch das kniehohe matorall ihren Weg bahnten.
    Wenn es Späher waren, die die Fremden ausg e schickt hatten, dann waren sie allerdings mehr als unvorsichtig. Zweige brachen unter ihren Schritten, und manchmal trieb der Wind unverständliche Wor t fetzen herüber.
    Die Schritte kamen näher, und jetzt konnte der Mann sogar die Stimmen der Eindringlinge unte r scheiden. Die beiden unterhielten sich halblaut in einer Sprache, die der Mann noch nie gehört hatte.
    Eine der Stimmen schien einer Frau zu gehören, aber das machte keinen Unterschied. Die Frauen der Fremden besaßen keine Ehre. Sie trugen unschickl i che Kleider, betranken sich in der Öffentlichkeit und benahmen sich wie putas . Huren, die nicht einmal Geld nahmen ...
    Die Eindringlinge hatten sich mittlerweile so weit genähert, daß sich ihre Silhouetten deutlich vom Hintergrund abhoben. Die kleinere Gestalt wirkte gedrungen und bewegte sich merkwürdig unbeho l fen, während die andere einen Gegenstand bei sich trug, der ein Stock oder eine Waffe sein konnte.  
    Manuel durfte keine Zeit mehr verlieren. Vorsic h tig legte er den Sicherungsbügel des Karabiners um.
    Er zielte mit der ruhigen Sicherheit eines Mannes, der wußte, was er tat.
    Die Fremden waren ungefragt ins Land geko m men und hatten ihr Leben zerstört. Ihr Geld hatte die Kinder der majojeros zu Kellnern, Dienstmädchen und Huren gemacht oder in die Fremde gejagt. Ihre Häuser, Brunnen,
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