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Die 39 Zeichen 04 - Der Schatz des Pharao

Titel: Die 39 Zeichen 04 - Der Schatz des Pharao
Autoren: Jude Watson
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betäuben, entführen und, wenn es sein musste, sogar töten. Das Wort »Familie« hatte bei den Cahills schon lange an Bedeutung verloren.
    Sie machten sich wieder auf den Weg. Amy hatte den Eindruck, dass sie im Kreis gingen. Wie in einem Traum, in dem man rennt und rennt und doch nirgendwo ankommt. Gestern waren sie noch in Seoul gewesen, in Korea. Davor in Tokyo und Venedig. In Wien und Salzburg. Paris. Philadelphia. Sogar in Russland, wo sie auf einem privaten Flughafen zwischengelandet waren.
    Niemals zuvor hatte Amy so viele Geheimnisse gehabt. Und niemals zuvor hatte sie solch eine Angst verspürt und musste dabei so tapfer sein.
    Erst vor ein paar Tagen waren sie in Seoul beinahe lebendig begraben worden. Menschen, denen sie vertraut hatten und die Teil ihrer Familie waren, hatten sie dem Tod überlassen. Natalie und Ian Kabra.
    Amy wollte nicht an Ian denken. Wollte nicht daran denken, wie er ihre Hand gehalten und ihr vorgeschlagen hatte, dass sie gemeinsam doch ein schlagkräftiges Bündnis eingehen könnten. Das Bündnis hatte gerade Mal so lange gehalten, bis er genug wusste, um wieder seinen eigenen Weg zu gehen.
    Nein. Nicht. Über. Ian. Nachdenken.
    Dann hatten sie entdeckt, dass auch ihr Onkel Alistair Oh ein doppeltes Spiel mit ihnen spielte. Er hatte sie glauben lassen, er sei tot, obwohl er in Wirklichkeit noch sehr lebendig war.
    Nur eine Spur, ein Hinweis, hatte sie schließlich nach Kairo verschlagen. Die dreieckige und an eine Pyramide erinnernde Form eines Spiegels und ein Wort. Sakhet. Die ägyptische Göttin mit dem Löwenkopf.
    Amy hatte mehrere Bücher gekauft, bevor sie Korea verließen, und sich intensiv mit der Göttin beschäftigt. Doch warum die Zeichen sie hierhergeführt haben oder wonach sie eigentlich suchen sollten, das wussten sie immer noch nicht.
    Amy spürte den Schweiß unter ihrem T-Shirt. Es waren bestimmt über 30 Grad. Das Haar klebte ihr im Nacken. Sie dachte an Ian, der immer perfekt aussah, ganz egal wie schlimm die Umstände auch sein mochten.
    Nein. Nicht. Über. Ian. Nachdenken.
    Der Lärm einer fremden Welt umspülte sie, fremd und exotisch.
    »Mach schon, du Schnecke!« Oh. Diese Stimme war weniger exotisch. Sie kam von Dan. »Russische Spionin nähert sich auf zwei Uhr!«, zischte er.
    Irina hatte sie noch nicht bemerkt. Sie strich auf der anderen Straßenseite entlang und spähte in die Läden hinein.
    Amy zog Dan in ein Café. Männer saßen an Tischen, tranken Tee, unterhielten sich halblaut oder lasen Zeitung. Touristen saßen mit ihren Reiseführern neben Gläsern voller Saft. Als Amy sich vorbeidrücken wollte, stieß sie mit ihrem Rucksack gegen einen beleibten Herrn, der vor einem Glas Pfefferminztee saß. Der Tee ergoss sich über seinen weißen Anzug.
    Alle Augen im Café waren nun auf Amy gerichtet. Das Klick-Klack eines Backgammonspiels verstummte. Sie fühlte, wie sie knallrot anlief. Sie konnte es zu keinem Zeitpunkt leiden, im Zentrum der allgemeinen Aufmerksamkeit zu stehen, aber erst recht nicht, wenn sie etwas Ungeschicktes getan hatte.
    »E-E-Entschuldigung!«, stammelte Amy. Sie fing immer dann zu stottern an, wenn sie nervös wurde, und sie hasste es. Hektisch versuchte sie, die Sauerei aufzuwischen.
    »Ist schon in Ordnung, junge Dame, mach dir keine Gedanken.« Der Mann lächelte sie freundlich an und winkte den Ober heran. »Es ist nur Tee.«
    An den Wänden reflektierten schwere antike Spiegel die Szene. Amy sah ihr eigenes rotes Gesicht, ihre zitternden Hände, die Augen des Wirtes … und die Tür, die sich soeben öffnete. Nicht einmal das Touristen-Outfit und das hässliche weiße Plastikgestell der Sonnenbrille konnten die energischen Schritte kaschieren, mit denen Irina in das Café hineinmarschierte, als wolle sie jeden hier auf der Stelle einem Verhör unterziehen.
    Es war nur eine Sache von Sekunden, bis ihr Blick auf sie fallen würde.

Zweites Kapitel

    Der dicke Mann stand auf, sodass sie für einen Augenblick Deckung hatten. Dan ergriff die Chance. Er zog einen schweren Vorhang beiseite und riss Amy mit sich.
    Dahinter befand sich ein kurzer Korridor, der zu einer Seitentür führte. Sie stürzten nach draußen auf eine noch schmalere Gasse, die sich zwischen den Geschäften entlangschlängelte. Sie wussten, dass Irina ihnen jeden Augenblick hinterherkommen konnte. Geschickt wichen sie einem Fuhrwerk aus, das voll mit Krügen beladen war und dessen Fahrer in der Sonne döste. Sie sahen die Hintertür eines Ladens, rannten
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