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Die 33 tollsten Ängste ...: ... und wie man sie bekommt (German Edition)

Die 33 tollsten Ängste ...: ... und wie man sie bekommt (German Edition)

Titel: Die 33 tollsten Ängste ...: ... und wie man sie bekommt (German Edition)
Autoren: Lutz von Rosenberg Lipinsky
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langweilt und nur noch ein Ende dieses permanenten Harfengedudels herbeisehnt. Aber noch einmal sterben ist nicht drin. Und ein Rückweg in aller Regel auch ausgeschlossen.
    Daher wissen wir auch wenig über unseren Zustand nach dem Tod – noch niemand konnte glaubhaft davon berichten, Bilder oder Tonaufnahmen vorweisen. Manche angeblich Zurückgekehrte sprachen von einem Licht, andere von einem Tunnel. Hier mag die jeweilige Todesursache eine Rolle gespielt haben: Der eine befand sich auf den Gleisen, der andere im Führerhaus.
    Der Tod ist die ultimative Grenze. Schon im normalen Leben gibt es daher kleine, tägliche Todeserfahrungen. Wer kennt es nicht, das kleine sogenannte Jenseits. Dass man abends nach Hause kommt und sagt: »Mann, bin ich hinüber!« Der Esoteriker wiederum denkt in so einer Verfassung: »Mann, bin ich hier und jetzt!« Das ist für ihn total frustrierend. Für ihn gibt es nämlich keine Grenzen. Deshalb geht er ja auch immer allen so auf die Nerven.
    Esoteriker behaupten nämlich, sie stürben nicht, sondern kämen wieder und wieder. Damit man das nicht überprüfen kann, wechseln sie angeblich ihre Erscheinungsform: Sie leben erst als Feuerqualle, dann als Pantoffeltier, schließlich als Vollpfosten und so weiter. Tod ist für diese Menschen offenbar nichts Furchteinflößendes, sondern lediglich eine lästige, stets wiederkehrende Pflicht, wie der tägliche Weg ins Büro. Sie haben ihre kosmische Arbeit zu verrichten und werden damit natürlich nie fertig. Diese Menschen sind bemitleidenswert, weil ihnen mit der Angst vor dem Tod eine der schönsten Phobien versagt bleibt.
    Das Jenseits muss natürlich nicht immer schlimm sein, es kann auch als Erfüllung vorgestellt werden. Selbst dann bleibt aber immer noch die zumindest vorübergehende räumliche Trennung vom eigenen und von anderen vertrauten Körpern doch ein Negativum, das den Tod nicht wirklich sympathisch macht. Dennoch gibt es sogar Menschen, die ihn freiwillig suchen und ihre Existenz selbst beenden.
    Diese haben angeblich Angst vor dem Leben. Das ist ein weitverbreiteter Irrtum: Auch diese Menschen fürchten den Tod. Was sie hassen, ist die Unwissenheit, der Kontrollverlust. Wann ist es soweit? Und auf welche Weise? So versuchen sie ihn zu überlisten, indem sie die Initiative übernehmen und überraschend bei ihm auftauchen. Vielleicht guckt er ja gerade »Six feet under« oder »SAW IV«.
    Diese Menschen werden auch »Suizidale« genannt, was klingt, als wären es seriöse, alleinstehende Mittfünfziger, die man in ein kirchliches Amt gewählt hat. Sie glauben, ausgerechnet durch die Beendigung ihres Lebens die Kontrolle darüber zurückzugewinnen. Ihnen erscheint der Suizid als elementarer Ausdruck menschlicher Freiheit. Es heißt dann: »Er nimmt sich das Leben«. Als ob er es nicht schon hätte. Und: Wo will er damit hin?
    Im Zuge der Liberalisierung kam dafür auch der Begriff »Freitod« auf. Das allerdings klingt nach Gewinnspiel. Oder nach einem Rabattsystem wie »Payback«. Dabei ist der Tod umsonst. Das unterscheidet ihn wiederum von jeder anderen Reise (siehe: Angst vorm Fliegen). Ein Reisebüro für Jenseitstouren wäre also bald pleite, müsste sich dafür allerdings auch seltener mit Reklamationen herumschlagen.
    Die Lebenden empfinden den Freitod offenbar, insbesondere im christlichen Kulturkreis, als Affront. Da eine rückwirkende Bestrafung nicht mehr wirklich möglich ist, wird hier die Religion bemüht, die bekanntlich zumeist Sonderabteilungen besitzt für alle Fragen, deren Antworten keiner kennt, und Bereiche, die noch nie jemand betreten hat. (Außer der Enterprise natürlich, die auch das limbische System bereits eingehend erforschte.)
    Die Strafen sind spürbar: Katholischerseits wird man meistens gar nicht beerdigt, sondern liegengelassen. Unter dem Motto: »Diese Art von Sterben zählt nicht. Das muss korrigiert werden.«
    Die evangelische Kirche bringt einen Suizidalen zwar gelegentlich unter die Erde, aber nur in einem speziellen Bereich des Friedhofs, einer Art Endlager für unauflösliche Sünden: Viele Gottesacker besitzen einen speziellen Bereich für Selbstmörder und Ehebrecher. Diese werden separat gelegt, damit sie andere nicht anstecken. Vielleicht hat man aber auch nur Angst, dass sie doch zurückkommen. Weil man ihnen gesagt hat, dass diese Art von Tod nicht die korrekte war. Oder weil sich plötzlich herausstellt, dass sie doch nicht nur das Leben, sondern auch den Tod selbst beenden
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