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Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet

Titel: Die 2ten Chroniken von Fitz dem Weitseher 03 - Der weisse Prophet
Autoren: Robin Hobb
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Jungen von gerade mal zehn Sommern, genauso nervös erwartete wie es bei seinem Vater der Fall gewesen wäre.
    Ich sog die kühle Morgenluft tief in meine Lungen. Der Duft der Obstbaumblüten wirkte wie Balsam. Ich erinnerte mich daran, dass meine Aufgabe nicht lange währen würde. Schon bald würde ich den Prinzen auf seiner Queste nach Aslevjal auf die Äußeren Inseln begleiten. Bis dahinwürde ich es wohl ertragen können, den Jungen zu unterweisen.
    Die Alte Macht verleiht einem die Fähigkeit, anderes Leben zu fühlen, und so drehte ich mich schon um, bevor Flink die schwere Tür aufschob. Trotz des langen Aufstiegs die Treppe hinauf war er nicht außer Atem. Ich hielt mich ein wenig hinter den blühenden Ästen verborgen und musterte ihn. Er war in Bocksburgblau gekleidet, in die schlichte Tracht, die einem Pagen anstand. Chade hatte Recht gehabt. Der Junge würde einen guten Axtkämpfer abgeben. Er war noch dünn, wie es bei Knaben seines Alters nun mal üblich ist, doch die unter dem Wams sichtbaren Schultern deuteten darauf hin, dass er einst die Muskeln seines Vaters haben würde. Sonderlich groß würde er zwar nicht werden, aber breit genug, um dies auszugleichen. Flink besaß die schwarzen Augen seines Vaters sowie dessen dunkles, lockiges Haar, während sein Kinn ebenso wie die Augenform eher an Molly erinnerte. Molly, meine verlorene Liebe und Burrichs Weib. Ich atmete tief durch. Das hier konnte sich als schwieriger erweisen, als ich erwartet hatte.
    Ich sah, wie Flink sich meiner Gegenwart bewusst wurde. Ich rührte mich nicht, sondern ließ seine Augen nach mir suchen. Eine Zeitlang standen wir beide einfach nur da und sagten kein Wort. Dann suchte er sich einen Weg über die gewundenen Pfade, bis er vor mir stand. Seine Verbeugung war zu gut einstudiert, um elegant zu wirken.
    »Mylord, ich bin Flink der Zwiehafte. Man hat mir aufgetragen, mich bei Euch zu melden, und so stehe ich nun vor Euch.«
    Offenbar gab er sich große Mühe, höfisches Benehmen zu lernen; doch die unverhohlene Verwendung seiner Tiermagie als Namensbestandteil machten seine Worte fast zu so etwas wie einer Herausforderung, als wolle er ausprobieren, ob das Dekret der Königin betreffs der Achtung von Zwiehaften auch Bestand hatte, wenn er hier mit mir alleine war. Er begegnete meinem Blick auf eine Art, welche die meisten Adeligen als Anmaßung betrachtet hätten. Aber, so ermahnte ich mich selbst, ich war kein Edelmann. Und das sagte ich ihm auch. »Nun, die Anrede >Mylord< ist wohl nicht ganz zutreffend. Tatsächlich \ in ich niemandes Herr, mein Junge. Ich bin Tom Dachsenbless, ein Gardesoldat der Königin. Du darfst mich Meister Dachsenbless nennen, und ich werde dich Flink rufen. Einverstanden?«
    Er blinzelte zweimal und nickte dann, bevor er sich daran erinnerte, dass das so nicht korrekt war. »Jawohl, Herr ... Meister Dachsenbless.«
    »Gut, gut. Nun denn, Flink, weißt du, warum man dich hierher geschickt hat?«
    Er biss sich zweimal kurz auf die Oberlippe, bevor er tief durchatmete, den Blick senkte und antwortete: »Ich nehme an, ich habe irgendjemandes Missfallen erregt.« Dann blickte er mir wieder in die Augen. »Aber ich weiß nicht, was ich getan habe, oder wem das missfallen haben könnte.« Und mit einem Hauch von Trotz in der Stimme fügte er hinzu: »Ich kann nicht ändern, was ich bin. Sollte es an meiner Zwiehaftigkeit liegen, nun, dann ist es nicht fair. Unsere Königin hat gesagt, dass man mich wegen meiner Magie nicht anders behandeln darf.«
    Mir stockte der Atem. Mein Vater blickte mich aus diesen Augen an. Die kompromisslose Ehrlichkeit und die Entschlossenheit, stets die Wahrheit zu sagen, waren Burrichs Erbe, und doch ... In seinem übertriebenen Eifer hörte ich Mollys Temperament. Einen Augenblick lang wusste ich nicht, was ich sagen sollte.
    Der Junge interpretierte mein Schweigen als Missfallen und senkte den Blick. Die Schultern hielt er jedoch noch immer gerade. Er sah keinen Fehler in seinem Tun, und solange das nicht der Fall war, würde er auch keine Reue zeigen.
    »Du hast niemandes Missfallen erregt, Flink, und du wirst feststellen, dass manchen in Bocksburg die Alte Macht egal ist. Das ist nicht der Grund, warum wir dich von den anderen Kindern getrennt haben. Vielmehr dient diese Veränderung deinem Wohl. Dein Wissen übertrifft das der anderen Kinder in deinem Alter, und wir wollten dich nicht mit einer Gruppe von Jünglingen zusammenbringen, die viel älter sind als du. Auch ist
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