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Dicke Luft auf Schreckenstein

Dicke Luft auf Schreckenstein

Titel: Dicke Luft auf Schreckenstein
Autoren: Oliver Hassencamp
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Mienenspiel verriet, daß er einen zentnerschweren Gedanken stemmte, „wenn wir ein Modell sind, könnten wir uns da nicht gesetzlich schützen lassen?“
    „Du hast wohl deinem Scharfsinn eine Vitaminspritze verpaßt .“ Mücke sah über den Brillenrand an dem Muskelprotz hinauf.
    „Mann!“ fauchte der herunter. „Hat dein Gehirn heute Ruhetag? Die gucken uns hier alles ab und machen es dann anderswo nach.“
    Ottokar lachte schallend. „Der Lehrer kommt am Morgen in die Klasse und sagt: Heute basteln wir uns einen Schreckenstein…“
    In der allgemeinen Heiterkeit klopfte Musterschüler Strehlau väterlich auf die Muskelberge. „ Laß sie ruhig basteln! Was da rauskommt, sind bestenfalls Blätterteigritter.“
    Die Wortschöpfung wurde mit großem Gelächter bedacht. Nur Strehlau blieb todernst. „Den Brief ans Patentamt kannst du dir sparen, Dampfwalze“, fuhr er fort. „Unser Modell läßt sich nicht verordnen, das hat sich so entwickelt, und unsere Lehrer haben mitgespielt.“
    Der Schluß überzeugte die Ritter. Äußerlich den Dingen, die da kommen sollten, gelassen entgegensehend, verließen sie das Wohnzimmer. In den Köpfen jedoch bohrten die Gedanken weiter. Daß fremde Lehrer kommen würden, um das Modell Schreckenstein zu studieren, hatte etwas Verwirrendes. Schüler würden Lehrer von Lehrern sein, und dabei natürlich zu bleiben, war gewiß nicht einfach. Bei den Schreckensteiner Lehrern war das etwas anderes. Die zeigten sich durchaus lernwillig, wenn ein Ritter etwas besser konnte oder über etwas genauer Bescheid wußte. Da gab es keine Probleme. Sie gehörten zur Gemeinschaft.
    Auch eine Lehrerin gehörte dazu, oder doch so gut wie. Doktor Waldmanns Tochter Sonja, die Musiklehrerin im Mädcheninternat Schloß Rosenfels auf der andern Seite des Kappellsees, hatte seinerzeit zusammen mit Ottokar und Stephan maßgeblich dazu beigetragen, daß die Schule Burg Schreckenstein nicht einem Spielcasino Burg Schreckenstein weichen mußte. Seit damals war sie mit den beiden Rittern per du .
    „Hoffentlich spielen die Mädchen uns keinen Streich“, dachte Dieter laut. „Da ist längst wieder was fällig.“
    „Hab ich auch schon gedacht“, meinte Ralph. „Es ist so verdächtig ruhig.“
    Die Mädchen von Rosenfels, voran Beatrix, Sophie und Mückes Schwester Ingrid, hatten eine besonders feine Nase für nächtliche Unternehmungen, wenn keiner mit ihnen rechnete oder die Ritter gerade mit anderen Dingen beschäftigt waren.
    „Vielleicht ist es gut, wenn sie kommen“, gab Stephan zu bedenken, „dann können wir der Studiengruppe zeigen, wie man eine Burg verteidigt, und sind nicht die bösen Buben, die schlafende Mädchen überfallen.“
    Sein Freund Ottokar teilte diese Ansicht und zog die Wohnzimmertür hinter sich zu.
    „Feuer! Feuer!“ Die Stimme des kleinen Herbert überschlug sich vor Aufregung. Auf der kleinen Treppe kam er dem Pulk der Ritter entgegengestürmt. „Schnell! Bei Mauersäge in der Bibliothek brennt’s!“
    Mauersäge, so nannten die Ritter den Burgherrn. „Dann löschen wir am besten!“ meinte Dampfwalze seelenruhig, als gehe es nur darum, ein unnötig eingeschaltetes Licht wieder auszuschalten. Wie alle großen Ritter gehörte er zur Schreckensteiner Schulfeuerwehr und wußte, was er zu tun hatte. Nicht umsonst wurden m jedem Trimester Feuerwehrübungen abgehalten.
    Eilig holten sie Helme und Handfeuerlöscher. Dampfwalze schloß mit seinem Spezialschlüssel den einzigen Durchgang zu Mauersäges Burgteil, die Tür zum Rittersaal, auf. Die vier Mini—Ritter rannten hinterher und wollten sich nützlich machen.
    „Wir bringen euch die Spritze!“ rief der kleine Egon.
    „Das laßt ihr schön bleiben!“ entgegnete Ottokar ruhig.
    „Alte Bücher duschen. Mit Ledereinbänden! So weit kommt’s noch“, brummte Hans-Jürgen.
    Und Stephan hielt dem Mini—Ritter einen Minimax unter die Nase. „Sag mal A!“ Doch er drückte nicht auf den Knopf, sondern folgte den andern durch den Rittersaal.
    Im unteren Ostkorridor empfing sie dicke Luft. Aus weißlichem Qualm ragte, wie die Schwanzfedern eines Wetterhahns im Nebel, die mächtige Nase des Burgherrn.
    „Mauersäge in Kartoffelbrei“, alberte Witzbold Klaus.
    „Gut, daß ihr… ks…kommt“, krächzte Graf Schrekkenstein .
    „Ich wollte im… ks… Kamin alte Papiere ver … ks…“
    Sein berühmtes „Schalten“, jenes merkwürdige Geräusch beim Reden, das sich anhörte, als müsse er seine schmale Nase
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