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Diagnose zur Daemmerung

Diagnose zur Daemmerung

Titel: Diagnose zur Daemmerung
Autoren: Cassie Alexander
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Er riss die Tür weiter auf, und dieser fremde Mund verzog sich zu einem zögerlichen Lächeln. »Komm rein.«
    Obwohl ich tierisch nervös war, grinste ich. »Das ist so fremd …«
    »Für mich ebenfalls«, stimmte er mir zu.
    »Ist es … dauerhaft?«
    »Keine Ahnung. Ich habe Santa Muerte einfach nur gebeten, mich zu retten. Die Bedienungsanleitung dazu lag nicht bei. Und es wäre mir falsch vorgekommen, nach den Details meiner Rettung zu fragen.« Er zuckte mit den Schultern. »Ich werde ausprobieren, mich zu verwandeln, aber erst in ein paar Tagen.«
    »Klingt logisch.« Warum sollte er so schnell wieder sein Leben riskieren?
    Er schloss die Vordertür und signalisierte mir, den Flur entlangzugehen. Das Innere des Hauses sah noch genauso aus wie bei meinem letzten Besuch. Wir gingen ins Wohnzimmer, das in diesem Fall mehr einer Bibliothek glich, inklusive Kamin, in dem jetzt allerdings kein Feuer brannte. Ich stellte mich vor den Sims und strich mit dem Finger darüber. »Hier sollte mal jemand Staub wischen.«
    Asher schnaufte. »Ich habe dieses Haus seit einem halben Jahr nicht mehr betreten!«
    »Was geschieht jetzt mit deiner neuen Wohnung?«
    »Ich weiß es nicht.«
    »Wird Hector … Wird er noch einmal zurückkommen?«
    »Ich weiß es nicht.« Er ließ sich auf die Couch sinken, die dem Kamin gegenüberstand. »Ich hatte noch nicht ausreichend Gelegenheit, mir allzu viele Gedanken zu machen.« Asher legte eine Hand an die Brust und zeigte dann auf mich. »Dieses Ding, das dich belastet hat – es ist weg. Ein paar Dinge beherrsche ich noch.«
    Ich blickte an mir herunter. »Ich schätze, dafür kann ich mich bei Olympio bedanken.«
    »Geht es ihm gut?«
    »Definitiv. Er ist nicht gestorben, keiner seiner Leute ist gestorben – seiner Meinung nach haben wir gewonnen.«
    Asher kniff nachdenklich die Augen zusammen. »Haben wir das?«
    »Soweit wir das können?«, schlug ich vor und ging zu ihm rüber. »Deine Haare sind so anders.« Ich zupfte an einer der schmutzig-blonden Strähnen. Sie waren so lang, dass sie ihm fast in die Augen fielen; mit der Frisur konnte er sich als Emo-Gitarrist versuchen oder seine Haare mit Gel nach hinten kämmen und als Buchhalter durchgehen. Zu seinem neuen Gesicht würde eine Brille sicher gut passen. Er war immer noch größer als ich, aber nicht mehr viel, gerade genug, um ihm die Arme um den Hals zu schlingen und sich an ihm festzuhalten.
    »Was haben wir da draußen eigentlich getan?«, fragte ich den Mann, der so gar nicht wie mein Freund aussah.
    »Das Richtige. Oder das, was wir in diesem Moment für das Richtige hielten.«
    »Aber Ti ist tot … Und meine Mom habe ich auch nicht gerettet. Es sei denn, es stellt sich noch heraus, dass Olympio Krebs wegzaubern kann.« Spöttisch verdrehte ich die Augen.
    Asher neigte den Kopf, sodass mir seine Haare durch die Finger glitten. » Ich hätte um ihre Rettung bitten sollen. Immerhin wusste ich, dass du dich für Olympio entscheiden würdest.«
    Sie retten und nicht sich selbst? »Mach dich nicht lächerlich, Asher – du bist doch kein Heiliger.«
    Er konnte mir nicht in die Augen sehen. Ich schob mich noch näher an ihn heran, umfasste sein Kinn und hob es sanft an. Seine Augen waren nun nicht mehr braun, wie ich es gewöhnt war, sondern blau. Was für ein Gefühl das wohl war, die Welt immer wieder durch andere Augen zu sehen?
    Ich starrte ihn so lange reglos an, dass er irgendwann fragend zu mir hochsah. »Tut mir leid, aber das ist so ungewohnt«, entschuldigte ich mich.
    »Für mich doch auch.« Er löste sich von mir, stand auf und zuckte nachlässig mit einer Schulter. »Bist du zu Fuß gekommen? Soll ich dich heimfahren?« Damit ging er zur Tür, und ich folgte ihm nach draußen.
    Dort musste ich kurz warten, während er das Garagentor öffnete und einen silbernen Truck herausfuhr. Dann ließ er das Fenster hinuntergleiten und rief: »Steig ein!«
    Während der Fahrt ließ er sein Fenster offen, und ich folgte seinem Beispiel. Die frische Luft des Sommermorgens strömte herein. Asher mied den Highway und fuhr über Schleichwege zu meiner Wohnung, aber ich protestierte nicht dagegen. Meine Worte wären sowieso vom Wind davongetragen worden. Mir schlugen meine Haarsträhnen ins Gesicht, bis ich sie irgendwann mit einer Hand festhielt. Gerade als ich die Füße auf das Armaturenbrett stützte, um es mir bequem zu machen, bog Asher plötzlich rechts ab.
    »Hey, was soll das?«
    »Du wirst schon sehen«, versprach er,
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