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Diagnose negativ

Diagnose negativ

Titel: Diagnose negativ
Autoren: K. H. Scheer
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die im Hal­te­griff ein­ge­bau­te Mi­kro­ka­me­ra dich­ter vor mein Ge­sicht. Tor­pentouf konn­te jetzt nur noch die obe­re Hälf­te mei­nes Kopf­es auf sei­nem Bild­schirm se­hen.
    Ich gab mög­lichst freund­schaft­lich zu­rück:
    »Hö­ren Sie, Mi­ke, so geht es nicht. Ich muß in spä­tes­tens fünf Stun­den auf dem Mond sein. Las­sen Sie die Trans­por­ter noch ei­ne Vier­tel­stun­de war­ten. Au­ßer­dem …« Ich run­zel­te un­will­kür­lich die Stirn, »au­ßer­dem soll­ten Sie sich ein­mal die Pa­ra­de an­se­hen. Ehe die Leu­te ein­ge­stie­gen und zum Ab­flug vor­be­rei­tet sind, ver­geht noch ei­ne gu­te hal­be Stun­de. Wir star­ten in fünf Mi­nu­ten, okay?«
    Tor­pentoufs Hal­tung drück­te Be­dau­ern aus.
    »Mann, ma­chen Sie es mir doch nicht so schwer. Sie dür­fen noch nicht star­ten, ver­ste­hen Sie?«
    Sein Blick war ein­dring­lich. Ich schloß die be­reits ge­öff­ne­ten Lip­pen. Et­was stimm­te nicht auf dem Gi­la-Space-Cen­ter.
    Ich zwang mich zu ei­nem Lä­cheln. Da la­gen wir nun auf den An­druck­la­gern ei­nes mo­der­nen Ku­rier­schif­fes, die Re­ak­ti­ons­kam­mer-Vor­wär­mung lief be­reits, die Au­to­ma­tik zeig­te Grün­wert – und dann das!
    Für mei­ne Be­grif­fe hat­te Tor­pentouf das Wört­chen »dür­fen« et­was zu ei­gen­ar­tig be­tont. Es sah ganz da­nach aus, als wä­re das plötz­li­che Start­ver­bot nicht sei­ner ei­ge­nen In­itia­ti­ve ent­sprun­gen. Of­fen­bar woll­te er über Sprech­funk kei­ne nä­he­ren Er­klä­run­gen ab­ge­ben.
    »Und jetzt, Sir?« frag­te Storch.
    »Mi­ke, wir ha­ben be­reits un­se­re Kreis­lau­f­in­jek­tio­nen er­hal­ten«, gab ich durch. »Das Zeug be­ginnt zu wir­ken. Ich kom­me mir wie ein Luft­bal­lon vor. Bei ho­hen Gra­vo-Wer­ten ist die künst­lich ge­dämpf­te Kör­per­funk­ti­on zwar sehr an­ge­nehm, was ich un­ter Nor­mal­ver­hält­nis­sen aber nicht be­haup­ten möch­te. Wirk­lich Start­ver­bot?«
    Er nick­te. Das von Hit­ze und Schweiß ver­quol­le­ne Ge­sicht hat­te sich ver­än­dert. Es wirk­te här­ter.
    »Der Arzt ist un­ter­wegs, öff­nen Sie die Ka­bi­nen­schleu­se. Sie er­hal­ten das Ge­gen­mit­tel. Das wä­re es wohl! Viel­leicht kom­men Sie ein­mal vor­bei. Sie wis­sen ja, mei­ne Kli­ma­an­la­ge scheint nicht zu funk­tio­nie­ren. Ich könn­te einen ge­schick­ten Me­cha­ni­ker ge­brau­chen.«
    Oberst Tor­pentouf schal­te­te ab. Es war die selt­sams­te Un­ter­hal­tung, die ich je auf ei­nem großen Raum­flug­ha­fen ge­führt hat­te.
    Mit sei­nen letz­ten Wor­ten hat­te der Kom­man­dant al­les ge­sagt. Ir­gend­wo brann­te es. Ir­gend­wo schi­en ei­ne Kli­ma­an­la­ge in der Tat nicht ein­wand­frei zu funk­tio­nie­ren. Es war nur die Fra­ge, wie viel oder wie we­nig Tor­pentouf an­ge­deu­tet hat­te.
    Storch war­te­te die An­wei­sung nicht ab. Sei­ne Schal­tun­gen er­folg­ten prä­zi­se. Das Ar­beits­ge­räusch des schwe­ren Spalt­stoff­re­ak­tors erstarb. Das Brum­men des Ther­moum­for­mers ver­stumm­te in ei­nem Rau­schen. Das eben erst an­ge­lau­fe­ne Trieb­werk des Mond­boo­tes stand.
    »Aus­stei­gen, Storch«, sag­te ich. »Tut mir leid, aber Sie wer­den wohl noch für ei­ni­ge Zeit beim Boot blei­ben müs­sen.«
    »Är­ger, Sir?« er­kun­dig­te er sich.
    Ich hob die Schul­tern an, so­weit das un­ter den An­schnall­gur­ten mög­lich war. Mit ei­nem Griff lös­te ich die ma­gne­ti­schen Hal­te­run­gen. Mein in Lie­ge­stel­lung ge­klapp­tes Kon­tur­la­ger glitt nach oben und ver­wan­del­te sich in einen Ses­sel. Ich stand auf.
    Mei­ne Bei­ne schie­nen nicht mehr zum Kör­per zu ge­hö­ren. Ei­ne selt­sa­me Mü­dig­keit woll­te mei­nen Geist über­lis­ten und mich in das hy­dro­pneu­ma­ti­sche Wun­der­werk des Kon­tur­la­gers zu­rück­zie­hen.
    »Die Wir­kung der In­jek­ti­on!« dach­te ich schläf­rig. Mein Herz schlug lang­sam und schwer. Die Lun­gen schie­nen ih­re Funk­ti­on ver­ges­sen zu ha­ben. Fast war mir, als ver­zich­te­ten sie frei­wil­lig auf den er­for­der­li­chen Sau­er­stoff.
    Drau­ßen wur­den Ge­räusche laut. Das Krei­schen der stäh­ler­nen Auf­zugs­schie­nen war so cha­rak­te­ris­tisch, daß man die
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