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Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)

Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)

Titel: Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)
Autoren: Barb Hendee , J. C. Hendee
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zu kalt. Es freut mich, dich wiederzusehen.«
    Der alte Zwerg – der Shirvêsh – blinzelte. Er hatte die Kutte erkannt, aber nicht die junge Frau darin. Er fasste Wynn scharf ins Auge, und eine buschige Braue kam nach oben.
    »Die kleine Hygeorht, Lehrling der Gilde?«, fragte er in perfektem Numanisch.
    »Natürlich! Erinnerst du dich an mich?«
    »Ob ich mich an dich erinnere?« Der alte Zwerg schnaubte.
    Shirvêsh Klöpfel packte Wynns Schultern mit bärenartigen Pranken.
    Überrascht beobachtete Chane die junge Weise und den Zwerg. Klöpfel hätte Wynn wie eine Puppe hin und her werfen können, aber sie taumelte nicht einmal, als sich der Shirvêsh vorbeugte und ihr einen Kuss auf die Wange gab.
    »Mein Haar mag weiß sein, aber mein Verstand hat sich noch nicht in Asche verwandelt«, sagte der Zwerg. »Ich wette, er ist schärfer als deiner – bist du noch immer davon besessen, alles aufzuschreiben?«
    Chane runzelte die Stirn und wusste nicht, was er von dieser Bemerkung halten sollte.
    Wynn räusperte sich, oder vielleicht war es ein leises Kichern, als hielte sie die Worte für eine Art Willkommensgruß. Dann zog sie ein gefaltetes Blatt Papier aus der Tasche und gab es dem Zwerg.
    »Ich bin jetzt eine Reisende, und hier ist mein Auftrag. Domin Hochturm schickt dir dies.«
    Der Shirvêsh nahm das Papier entgegen und entfaltete es. Wynn deutete auf Chane. »Das ist der junge Gelehrte Chane Andraso.«
    »Ziemlich groß und blass«, brummte der Zwerg, ohne von dem Brief aufzusehen. »Vielleicht nicht von hier?«
    »Er stammt aus den Fernländern auf dem östlichen Kontinent«, sagte Wynn rasch. »Er hilft mir bei meinen Forschungen. Und das ist Schatten.«
    Die Wölfin stellte die Ohren auf, als sie ihren Namen hörte.
    »Kannst du uns zwei Zimmer zur Verfügung stellen?«, fragte Wynn. »Ich weiß nicht, wie lange wir bleiben.«
    All diese Vertraulichkeit verwirrte Chane. Man ging nicht einfach in einen Tempel und bat für unbestimmte Zeit um eine Unterkunft. Hier stand er, an einem heiligen Ort, und konnte es noch immer nicht fassen. Und Wynn sprach so, als hätte sie einen alten Bekannten in einem Gasthaus getroffen. Es war alles irgendwie … unwirklich.
    Der Shirvêsh faltete das Blatt Papier wieder zusammen, nachdem er den Brief gelesen hatte.
    »Ja, ja, selbstverständlich«, erwiderte er. »Alle Besucher von der Gilde sind willkommen, und es freut mich, von Chlâyard zu hören, beziehungsweise von Hochturm, wie du ihn nennst. Obwohl ich von dem Bengel mehr als nur einen Brief in zehn Jahren erwartet hätte!«
    Chane hatte Hochturm gesehen, und ein »Bengel« war er gewiss nicht. Wie alt mochte dieser Shirvêsh sein?
    »Habt ihr gegessen?«, fragte Klöpfel. »Wir bereiten das Frühstück vor. Bei den Ewigen, wieso seid ihr noch vor Sonnenaufgang unterwegs gewesen?«
    Sie sprachen so miteinander, als geschähe es häufig, dass Leute in den Tempel kamen und um ein Zimmer baten. Chane war in einer Familie des niederen Adels geboren, und in seiner Welt hatte es nie unangekündigte Besuche gegeben. Seit er zu den Edlen Toten gehörte, hatte er für ein sicheres Quartier am Tag bezahlt oder darum gekämpft.
    »Ich glaube, wir sind zu müde, um jetzt etwas zu essen«, sagte Wynn und rückte ihren Rucksack zurecht. »Könnten wir euch beim Mittagessen Gesellschaft leisten? Wir sind die ganze Nacht unterwegs gewesen.«
    »Die ganze Nacht?« Der alte Zwerg blinzelte. »Jetzt machst du mich neugierig. Warum bist du des Nachts unterwegs gewesen? Mit einem Fremden von … was hast du gesagt?«
    »Belaski«, krächzte Chane.
    Shirvêsh Klöpfel nickte und nahm den seltsamen Klang von Chanes Stimme ohne Reaktion hin. Er deutete ins Innere des Tempels.
    »Kommt, ich bringe euch zu euren Zimmern.«
    Wynn und Klöpfel gingen voraus, durch einen Torbogen auf der anderen Seite. Chane folgte ihnen und sah sich um.
    Von außen gesehen hatte das Gebäude nicht sonderlich groß ausgesehen, aber hinter dem nächsten Tor gab es weitere Räume. Chane schätzte, dass das Tor sich ungefähr dort befand, wo der vordere Teil des Tempels auf den Berghang traf. Jenseits des Torbogens erstreckte sich ein breiter Flur, der tiefer in den Berg führte, in diesen Tempel – es bereitete Chane Unbehagen, dieses Wort auch nur zu denken.
    Der Boden bestand aus daumennagelgroßen Kacheln, die das Bild eines kräftigen, dunkelhaarigen bärtigen Zwergs schufen, der einen grauen Stab in der Hand hielt. Er trug ein orangefarbenes Gewand, wie
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