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Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)

Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)

Titel: Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)
Autoren: Barb Hendee , J. C. Hendee
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wahrscheinlich gelungen, mehr Übersetzungsfolianten an sich zu bringen, und damit vielleicht einen Hinweis darauf, wie er sich von seinem langen Elend befreien konnte.
    Sie kannte seinen Namen nicht, würde ihn nie erfahren. Wenn sie von ihm sprach, benutzte sie eine Bezeichnung aus den Überlieferungen ihres Volkes und nannte ihn »Wrait«. Sie glaubte ihn sogar besiegt, überwältigt und zerstört vom Kristall ihres Stabs. Oh, das grelle Licht des Kristalls hatte ihm schwerere Verletzungen zugefügt, als er für möglich gehalten hätte, und er war gezwungen gewesen, lange Zeit in einem Dämmerzustand zu verbringen, um neue Kraft zu schöpfen. Aber Wynn wusste nicht, wer er wirklich war und gegen wen sie gekämpft hatte. In all den Jahrhunderten war er dem Ziel seiner Suche nie nahe gekommen, bis die alten Texte in der Gilde aufgetaucht waren. Und jetzt …
    Sau’ilahk glitt durch die große Tanne in tiefe Schatten. Er fühlte, wie das Leben in den Zweigen durch ihn hindurchglitt wie durch nichts . Das nutzlose Prickeln war viel zu weit von seinem einst lebendigen Wesen entfernt. Es nährte ihn nicht, weckte nur Verlangen nach dem kostbaren Etwas, das er vor langer Zeit verloren hatte.
    Fleisch.
    Beim verehrten, tückischen Geliebten, der einzigen wahren Gottheit: Wie sehr er sich danach sehnte, wieder Fleisch zu sein. Dieser eine Wunsch war es vielleicht, der tausend Jahre lang verhindert hatte, dass er sich im Nichts auflöste. Er erinnerte sich an das Versprechen, das ihm der Geliebte eines Abends kurz nach dem Ende des Dämmerns gegeben hatte.
    Folge der Weisen, treib sie an. Sie wird dich zum Ziel deines Wunsches führen.
    Die Versuchung, zu hoffen, rang mit Zweifel und Zorn. Konnte er seiner Göttin jemals wieder trauen?
    Sau’ilahk seufzte, obwohl seine »Stimme« nicht mehr war als von Beschwörungen bewegte Luft, nur ein leises, schwaches Zischen im Wind, der über den Berghang strich.
    Die Kunde von seinem angeblichen Tod – dem zweiten – hatte sich in der Weisengilde und darüber hinaus herumgesprochen. Trotzdem entschieden die Oberhäupter der Gilde, den Skriptorien in der Stadt keine weiteren Folianten zu schicken. Und die Fortsetzung der Suche auf dem Gelände der Gilde war zu riskant gewesen. So blieben ihm nur die geflüsterten Worte des Geliebten und diese junge Weise.
    Es wäre weitaus befriedigender gewesen, sie einfach zu töten.
    Wynn glaubte, so viel zu wissen. Wie ärgerlich es doch war, dass sie damit teilweise recht hatte. Sie wusste mehr als die anderen Weisen, aber kaum etwas von der tatsächlichen Wahrheit.
    Sau’ilahk würde alle ihre Anstrengungen zunichte machen, sobald sie ihn zu seinem Ziel geführt hatte. Er musste warten, bis sie die Schriften von Li’kän, Häs’saun, Volyno und der anderen »Kinder« des Geliebten fand. Wynn Hygeorht war ein Werkzeug für ihn, und seine einzige Hoffnung, wieder Fleisch zu werden. Aber was führte sie ausgerechnet hierher, zu diesem Tempel?
    Die erste Glocke des Tages erklang.
    Sau’ilahk musste die Sonne ebenso meiden wie alle anderen Untoten. Er glitt ins Dämmern, schwand aus dem physischen Aspekt des Existierenden und sank zur geistigen Seite, zu dem schmalen Ort zwischen Leben und Tod. Dort träumte er und flüsterte allein in Gedanken.
    Geliebter … gib mir erneut Deinen Segen … diesmal wahrhaftig.
    Er würde die Verfolgung von Wynn Hygeorht fortsetzen, wenn die Sonne wieder untergegangen war. Zeit stellte für Sau’ilahk kein Problem dar; die hatte er im Überfluss.
    Chane zog sich die Kapuze seines Mantels tief in die Stirn und wagte es nicht, den Blick nach Osten zu richten. Die Kleidung schützte ihn vielleicht, wenn die Sonne über den Horizont stieg, aber ganz sicher war er nicht; er hatte es nie ausprobiert. Er sah zum Tempel hoch.
    Das Gebäude ragte aus dem Berghang, und zwei Säulen, wie Bäume geformt, säumten den Eingang. Es schien kaum Platz genug zu bieten, um den Shirvêsh Obdach zu gewähren, wie Wynn sie nannte, ob es nun Mönche, Priester oder was auch immer waren: Zwerge, die seit langer Zeit tote Vorfahren verehrten.
    Wynn und Schatten eilten die Treppe hoch, aber Chane folgte ihnen langsamer.
    »Keine Sorge«, sagte Wynn. »Gleich bist du in Sicherheit.«
    Die Unruhe in ihrer Stimme war alles andere als beruhigend.
    Ein länglicher Bogen aus glänzendem Messing hing wie ein Tor zwischen den Säulen, gehalten von einem recht komplex wirkenden ledernen Harnisch. Etwa die Länge eines Fußes trennte die
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