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Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)

Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)

Titel: Dhampir: Steinerne Flut (German Edition)
Autoren: Barb Hendee , J. C. Hendee
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Osten zeigte ihr noch mehr Licht am Horizont.
    »Ist es noch weit?«, fragte Chane.
    Er klang nicht besorgt, aber Wynn wusste es besser. Wenn sie den Tempel nicht bald fanden, mussten sie an irgendeine Tür klopfen und um Einlass bitten, damit Chane sich nicht dem Licht der Sonne aussetzen musste.
    »Wir sind hier richtig.« Es war eine halbe Lüge. »Ich erkenne die Straße, wenn ich sie sehe.«
    Wynn blieb zwischen breiten Stufen zu beiden Seiten stehen. In unmittelbarer Nähe ragte eine weitere quadratische Säule auf, und oben kam orangerotes Licht von einem großen, dampfumhüllten Rohkristall. Trotz ihrer Tradition der mündlichen Überlieferung benutzten die Zwerge ein altes Schreibsystem, und Säulen dienten oft demselben Zweck wie Wegweiser in den Städten der Menschen.
    Wynn trat um die Säule herum und betrachtete die Gravuren, die darauf hinwiesen, welche Orte sich in der Richtung befanden, in die die betreffende Säulenseite wies. Den örtlichen Dialekt des Zwergischen konnte sie einigermaßen lesen, musste jedoch feststellen, dass der Tempel von Bedzâ’kenge nirgends Erwähnung fand. Vielleicht mussten sie eine Ebene höher steigen, um ihn zu erreichen. An der nach oben führenden Treppe bemerkte Wynn den Laden eines Kartografen; seine hellbraune Fahne wehte über dem Eingang.
    »Da.« Sie atmete erleichtert auf. »Daran erinnere ich mich.«
    Sie eilte die Stufen hoch, vorbei am Laden des Kartografen und anderen Geschäften, bis zur nächsten Serpentine der Hauptstraße.
    »Ich weiß, wo wir sind«, sagte Wynn.
    Chane wölbte eine Braue. »Ich wusste gar nicht, dass du daran gezweifelt hast.«
    »Ach, komm schon!«
    Sie lief los, und bei der nächsten Treppe eilte sie wieder nach oben. Kurze Zeit später verschnaufte sie auf einem Absatz, neben einigen schwarzen Marmortöpfen, in denen kleine, wie Skulpturen aussehende Tannen wuchsen. Sie war sicher, auf dem richtigen Weg zu sein, aber Chane blickte mit krauser Stirn nach Osten.
    »Wir sind fast da«, brachte Wynn atemlos hervor und lief weiter.
    Schatten sprang voraus und erreichte die nächste Serpentine vor ihnen. Wynn hoffte, dass zu dieser frühen Stunde wenigstens ein Shirvêsh, ein Tempeldiener, auf den Beinen war.
    Ein tiefer Ton hallte zwischen den Gebäuden.
    Wynn blieb stehen und hielt den Atem an.
    »Was ist?«, flüsterte Chane.
    Sie hob die Hand, damit er schwieg, und wartete auf weitere Töne. Doch es blieb still.
    »Nachtwinter ist vorbei!«, hauchte sie erschrocken. »Tagfrühling beginnt!«
    »Was bedeutet das?«, fragte Chane.
    Wynn nahm sich nicht die Zeit, ihm die Zeiteinteilung der Zwerge zu erklären. Sie ergriff ihren Begleiter am Ärmel und zog ihn mit sich.
    »Der Tag bricht an!«
    »Ich brauche keine Glockenschläge, um das zu wissen«, sagte Chane.
    Wynn erreichte Schatten an der nächsten Kreuzung der Hauptstraße. Auf der anderen Seite, neben einer weiteren Säule mit einem leuchtenden und dampfenden Kristall, ragte ein wuchtiges Bauwerk aus dem Berghang. Bäumen nachempfundene Säulen stützten den hohen Überbau über der großen Doppeltür aus weißem Marmor. Wynns Erleichterung darüber, den Tempel gefunden zu haben, war von kurzer Dauer.
    Schwache Schatten der Säulen erschienen auf der weißen Tür. Die Sonne ging auf.
    Wynn musste Chane so schnell wie möglich ins Innere des Gebäudes bringen.
    Ein dunkles Etwas, wie ein Schemen in den Schatten, erschien in einer kleinen, terrassenförmigen Seitenstraße. Es verdichtete sich vor einer alten Tanne, die an dieser Stelle wuchs, und wurde zu einer Gestalt, gehüllt in einen schwarzen Kapuzenmantel.
    Sau’ilahk beobachtete, wie das Trio, dem er gefolgt war, den von Säulen gesäumten Eingang des Tempels erreichte.
    Der Himmel wurde hell, und er konnte nicht lange an diesem Ort bleiben. Er durfte auch nicht näher heran, denn es bestand die Gefahr, dass die Wölfin ihn witterte. Inzwischen kannte er die drei besser und hatte sie bei ihrer nächtlichen Reise von Calm Seatt hierher im Auge behalten.
    Wynn Hygeorht, Angehörige der Weisengilde, reiste mit einem großen Wolf, den sie »Schatten« nannte. Doch der blasse Mann namens Chane war noch seltsamer, denn er schien überhaupt keine Präsenz zu haben. In Calm Seatt hatte Sau’ilahk bei einer direkten Konfrontation nicht mit Wynns Begleitern fertigwerden können, denn ihnen ließ sich nicht durch Berührung Lebensenergie entziehen. Doch Sau’ilahks Ärger galt vor allem Wynn.
    Ohne ihre Einmischungen wäre es ihm
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