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DHAMPIR - Blutsverrat

DHAMPIR - Blutsverrat

Titel: DHAMPIR - Blutsverrat
Autoren: Barb & J. C. Hendee
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Kontrast zu ihm. Nach menschlichen Maßstäben war sie sehr groß und hatte seidenes weißblondes Haar, zu einem Knoten zusammengesteckt. Manchmal ließ sie es offen über den Rücken fallen und schob es hinter die langen Ohren, wenn sie ihr fremdartiges Erscheinungsbild betonen wollte. Ihre Haut war goldbraun. Mandelförmige Augen, größer als die eines Menschen, dominierten ein dreieckiges Gesicht. Sie zogen jeden Menschen in ihren Bann, der sie zu lange ansah. Das war ihr Vorteil als Spionin und Assassinin.
    Bei Darmouths seltenen Abendgesellschaften lenkte Nein’a Adlige oder Offiziere ab, die Darmouth der Doppelzüngigkeit verdächtigte. Solche Männer waren schnell bereit, sie mit geflüsterten Worten über ihren Einfluss in der Provinz zu beeindrucken und viel für ihre Gunst zu versprechen.
    Doch jetzt hatte sich Cuirin’nên’as und Gavrils Welt ganz plötzlich verändert.
    Nein’as Herz setzte einen Schlag aus. »Leesil liegt oben in seinem Bett.«
    »Nein.« Gavril sah sie an. »Er ist fort.«
    Nein’a schloss ihre großen Augen. Leesil hatte sie verlassen?
    »Darmouth wird uns an der Burgmauer hängen«, sagte Gavril und zeigte auf sie. »Zieh dich um und nimm deine Waffen. Ich hole das Geld, das wir auf die Seite gelegt haben.«
    Von den drei Familienmitgliedern blieb immer eines im Haus. Sie machten nur dann eine Ausnahme, wenn Nein’a zu einem von Darmouths abendlichen Empfängen gerufen wurde und dort unter dem wachsamen Blick ihres Herrn blieb. Nur dann konnten sowohl ihr Mann als auch Leesil das Haus verlassen. Manchmal nahm Gavril Leesil zu einem kleinen Gasthof auf der anderen Seite des Händlerviertels mit. Doch einer von ihnen war immer eine Geisel, die den Gehorsam der anderen beiden gewährleistete.
    Und jetzt war Leesil, ihr Sohn, aus Venjètz geflohen.
    »Wo hast du davon gehört?«, fragte Nein’a.
    »Byrd hat mich gewarnt un d … «
    »Woher wusste er es?«
    »Dafür haben wir keine Zeit«, sagte Gavril etwas zu scharf. »Wir müssen sofort los!«
    Er verließ die Küche.
    Nein’a folgte ihrem Mann nach oben, aber bevor sie ihr Schlafzimmer betrat, warf sie einen Blick in Leesils Raum. Das Bett war leer, die Decke zur Seite geschlagen. Chap fehlte ebenfalls. Nein’a kämpfte gegen ihre Panik an und eilte in ihr eigenes Schlafzimmer.
    Sie riss sich das Kleid vom Leib und ließ es zu Boden fallen. Nackt stand sie im kalten Zimmer und blickte kurz aus dem Fenste r – die Burg ihres Herrn und Gebieters ragte düster aus dem See. Rasch packte sie Kleidung für eine Reise in kalter Nacht zusammen, und dann bemerkte sie etwas, das auf dem Bett lag: einen Beutel.
    Nein’a nahm ihn und stellte fest, dass er Silberschillinge un d - groschen enthielt. Plötzlich spürte sie einen stechenden Schmerz in der Brust, wie von einem Messer. Leesil hatte dies zurückgelassen. Bedeutete es, dass er gezwungen gewesen war, das Elternhaus zu verlassen? Oder hatte er dies geplant?
    Als Nein’a zur offenen Tür sah, kletterte Gavril gerade aufs Geländer der Treppe zum zweiten Stock und griff nach der Laterne an der Decke.
    In Windeseile streifte Nein’a eine Kniehose und ein Wollhemd über, zog Stiefel an und schob das Kleid unters Bett. Dann holte sie ein Bündel unter der Kommode hervor und griff nach einem dunkelgrauen Wollmantel. Als sie das Zimmer verließ, trat Gavril mit einem weiteren kleinen Beutel auf sie zu. Er streckte die Hand aus und berührte sie sanft am Arm.
    »Man hat Leesil gesehen, wie er sich jenseits der Stadtmauer auf einem Karren versteckte, und daraufhin wurde die Mauerpatrouille alarmiert. Durch das Tor können wir die Stadt nicht verlassen. Wir müssen zurück in die Burg.«
    Nein’a wusste, was Gavril vorschlu g – das Risiko war groß. »Die Wächter am Brückenwachhaus sind vielleicht ebenfalls alarmiert. Dann erwischt man uns im Freien.«
    »Wir haben keine Wahl. Unsere einzige Chance ist die Burg.«
    Er hatte recht, und das wusste Nein’a.
    Durch die Küchentür huschten sie hinaus in die Nacht. Darmouths Feste erhob sich aus dem See, und das orangefarbene Feuer in den Kohlepfannen auf den Türmen spiegelte sich auf dem Wasser wider. An der nächsten Mauer hing eine Leiche, in einen cremefarbenen Umhang gehüllt. Für einen Moment wiederholte sich der stechende Schmerz in Nein’as Brust.
    »Leesil hat uns verlassen, weil ein alter Gelehrter sterben musste?«
    Gavrils Sanftheit löste sich auf. »Leesil war nicht für ein solches Leben bestimmt, aber du hast
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