Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Dezembergeheimnis

Dezembergeheimnis

Titel: Dezembergeheimnis
Autoren: Caroline Richter
Vom Netzwerk:
Moment an der Tür und Sally erhob sich. Noel sah ihr verdutzt hinterher, ehe er sich vorbeugte.
    »Lea«, flüsterte er. »Was ist ein Paul?«
    Die Angesprochene seufzte und fasste sich an den Kopf. Wo sollte das noch hinführen? Wie sollte jemand, der von Tuten und Blasen keine Ahnung hatte, ihr Traummann werden; mal außen vorgenommen, ob sie das zuließ oder nicht. Daneben hatte Sallys Ausrede des Wasserrohrbruchs ihr noch einmal unmissverständlich vor Augen geführt, dass Noel keine andere Bleibe hatte außer ihrer Wohnung. Wenn sie sich nicht dagegen entschied, ihn bei sich aufzunehmen, hatte sie an diesem Tag nicht nur einen Kuchenmann, sondern einen Mitbewohner gleich obendrauf geschenkt bekommen. Machte sich super in einer Fünfzig-Quadratmeter-Wohnung.
    »Paul ist Sallys Freund«, antwortete sie mit dem Rest Geduld, den sie noch aufbringen konnte. Als sie erkannte, dass er nicht wirklich wusste, was er mit dieser Information anfangen sollte, fügte sie »Ihr Traummann« hinzu. Daraufhin nickte er.
    »Ich weiß nicht genau, was ein Wasserrohrbruch ist, aber ich habe verstanden, dass ich nicht von der Backmischung reden darf.«
    Er klang dabei so niedergeschlagen, dass Lea aus einem Impuls heraus nach seiner Hand griff.
    »Es tut mir leid, dass sie dir nicht glaubt. Es liegt nicht an dir. Aber deine Geschichte, das ist   … wie ein Wunder. Heutzutage glaubt einfach niemand mehr an Wunder.«
    »Du auch nicht?«
    »Eigentlich nicht«, gestand sie. »Aber irgendwie glaube ich dir.«
    Noel lächelte und legte seinerseits die Hand über ihre.
    Bevor Paul in den Genuss eines fremden – wenn auch nicht unansehnlichen – Männerhinterns kam, schickte Lea Noel zurück ins Badezimmer. Mit einem letzten Hinweis, dass bei einem Wasserrohrbruch seine Wohnung unter Wasser stehen würde, reichte sie ihm die geliehenen Klamotten durch die Tür und widmete sich vorerst wieder ihren Gästen. Während sie von Sally auf überschwänglichste Weise mit ihrem Freund bekannt gemacht wurde, betete sie, dass Noel immerhin wusste, wie er sich anziehen sollte.
    Es dauerte zwar zehn Minuten, ehe sich die Badezimmertür wieder öffnete, aber immerhin trug er die Hose über den Beinen und das Hemd richtiggedreht und sogar geknöpft. Sein Outfit bestand aus einer normalen Blue Jeans und einem schwarzen Hemd, doch allein das reichte, um ihn wie einen jungen Gott aussehen zu lassen.
    »Na, das sieht doch gar nicht so schlecht aus«, flüsterte Sally ihr zu.
    Gar nicht so schlecht
, wiederholte Lea gedanklich und hätte am liebsten laut aufgelacht. Kaum fiel Noels Blick auf Lea, lächelte er sie strahlend an und auch sie konnte sich ein Mundwinkelzucken nicht verkneifen.
    »Komm mal her«, sagte sie leise, während sie an ihn heran trat und seinen Kragen richtete. Sie fühlte sich wie ein kleines Schulmädchen, das mit dem Schulschwarm zum Abschlussball gehen durfte. Er sah wirklich aus wie der Traummann in ihrem Kopf, das musste sie zugeben. Es stimmte alles, von den unfrisierten Haaren, bis zu den melancholischen Augen; ein Mann, der aus dem Bett aufstand und schon perfekt aussah und damit das war, was jede Frau sich wünschte. Und sie hatte ihn direkt vor sich stehen, mit einem Lächeln auf den Lippen, als wäre sie ein Sechser im Lotto.
    Aber innerlich schüttelte sie den Kopf.
    Er kannte sie nicht, wusste nichts über sie und verhielt sich trotzdem so, als wäre er unsterblich in sie verliebt. So etwas hatte sie schon viel zu oft von Freundinnen gehört und noch nie hatte das zu etwas Gutem geführt. Sie konnte so etwas nicht gebrauchen.
    Im Gegenzug kannte sie ihn ebenfalls nicht und wusste auch nichts über ihn – und offensichtlich gab es ja auch nichts zu wissen, denn er hatte nicht mal einen eigenen Charakter. Er war wie eine Puppe, die noch geformt werden musste. Doch wollte sie jemanden, den sie sich selbst modellierte? Waren Gefühle nicht ehrlicher, wenn sie von einer Person mit eigenen Interessen, Meinungen und Gedanken kamen?
    Natürlich waren sie das. Und deswegen hatte sie auch noch gar nicht endgültig zugestimmt, bei dem ganzen Spielchen mitzumachen.
    Für den Moment blieb ihr jedoch nichts anderes übrig, als Noel den beiden als ihren Nachbarn vorzustellen und darauf zu hoffen, dass Paul trotz Startschwierigkeiten den besten Eindruck seines Lebens bekam und Sally ihr nicht zu lange böse sein würde.
    Paul selbst stellte sich als großgewachsener Rockertyp heraus. Er schien ein gutes Stück älter als Sally und Lea
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher