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Dezembergeheimnis

Dezembergeheimnis

Titel: Dezembergeheimnis
Autoren: Caroline Richter
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die Erklärung nur noch unglaubwürdiger klingen ließ, aber sie brauchte ihre Freundin. Mit gesenkter Stimme raste sie durch die Fakten.
    »Ich hab alle Süßigkeiten aufgegessen und hatte kein Mehl mehr, um etwas für heute zu backen, also hab ich die Backmischung genommen und plötzlich stand Noel in meiner Küche und hat behauptet, er wäre mein Traummann.« Mit großen Augen blickte sie zu Sally herauf, doch die wedelte nur mit der Hand vor ihrem Gesicht.
    »Lea, bist du seit neuestem ein bisschen dumm? Da taucht ein fremder, nackter Kerl in deiner Wohnung auf und du machst was anderes, als die Polizei zu rufen?«
    »Ich wollte es ja auch nicht glauben, aber er hat keinerlei Anstalten gemacht, mich zu bedrohen, noch wollte er irgendwas haben, nichts. Er beharrt auf dieser Erklärung mit der Backmischung und ich werde ihn einfach nicht mehr los!«
    »Was für eine Backmischung soll das denn gewesen sein? Worum zum Teufel geht’s hier eigentlich?«
    Tief durchatmend versuchte Lea, sich zu beruhigen, um Sally artig alle Details der letzten eineinhalb Stunden zu schildern. Immerhin gab es einen Beweis dafür, dass Noel die Wahrheit sagte: der fehlende Kuchen.
    Dass dieses Indiz Sally nicht vollständig überzeugte, konnte man ihr an der Nasenspitze oder gegebenenfalls auch an der Augenbraue, die bereits den Haaransatz küsste, ablesen.
    »Na, immerhin sieht dein Traummann gut aus«, war ihr abschließender Kommentar.
    »Er ist nicht mein Traummann.«
    »Also glaubst du ihm auch nicht?«
    »Doch, schon, irgendwie   … aber ich   … Er ist trotzdem nicht mein Traummann«, legte Lea fest. Das war aber auch das Einzige, dessen sie sich sicher war. Und zugegeben, dass er einigermaßen gut aussah.
    »Alles klar.« Ihre Freundin seufzte und fuhr sich mit den Händen über das Gesicht. »Wir kriegen schon raus, wer er wirklich ist und was er will. Lass mich kurz mit Paul reden, der kann ihm ein paar seiner alten Klamotten holen, und dann beschäftigen wir uns weiter mit deinem Mister Perfect.« Kopfschüttelnd und mit einem gemurmelten »Ich kann nicht glauben, dass ich diesem Irren auch noch helfe« ließ sie Lea allein.
    Mit kleinen Schritten tapste die wieder zurück ins Bad. Noel war gerade damit beschäftigt, die Sprüchesticker aus den Cornflakespackungen zu studieren, die sie rund um den Spiegel geklebt hatte, doch als sie eintrat, lag seine Aufmerksamkeit sofort wieder auf ihr.
Er hat wirklich ein schönes Gesicht
, dachte Lea, aber so schnell der Gedanke da war, war er auch schon wieder vertrieben.
    »Hey«, sagte Noel.
    »Hey.«
    »Hast du mit deiner Freundin gesprochen?«
    Lea nickte.
    »Sie redet gerade mit Paul. Sie kann dir bestimmt ein paar Klamotten besorgen.«
    Noel sah an sich herunter; sein Oberkörper war nackt und die Decke wie ein Handtuch um seine Hüften geschlungen. »Die Decke war warm«, erklärte er. »Du magst es nicht, wenn ich nichts anhabe, oder?«
    Er grinste und Lea merkte prompt, wie ihre Wangen ebenfalls warm wurden.
    »Ja   … Es ist mir unangenehm.«
    »Was heißt
unangenehm

    »Das heißt, dass ich nicht weiß, wie ich damit umgehen soll«, murmelte sie, während ihr Blick und ihre Finger am Saum ihres T-Shirts hingen.
    »Dann ziehe ich mir gerne etwas an.«
    »Danke.«
    Eine kurze Stille entstand zwischen ihnen, in der Lea nicht genau wusste, was sie reden oder wohin sie sehen sollte. Sie spürte Noels Blick auf dem Gesicht, weswegen sie gleich dreimal so intensiv auf ihre Schuhe starrte.
    »Ich habe dich vermisst.«
    »Oh, aber ich war doch nur zehn Minuten   … « Lea hielt inne und hob eine Augenbraue. »Weißt du denn, was
vermissen
bedeutet?«
    »Na ja   … « Sein Blick wurde entschuldigend. »Nicht direkt. Ich weiß, was es heißt. Aber ich weiß nicht, wie es sich anfühlt.«
    »Dann sag so etwas nicht. Sonst ist es eine Lüge. Und ich mag keine Lügen.«
    »Es ist, weil wir uns nicht kennen, oder?«, hakte Noel nach.
    »Was?«
    »Dass du mir nicht glaubst; das hast du zumindest vorhin gesagt. Und dass ich dich nicht vermissen kann.« Als er antwortete, waren seine Augen auf den Spiegel geheftet und Lea musste erst seinem Blick folgen, um zu verstehen, dass er nicht auf sich, sondern die kleinen Aufkleber starrte.
    Man kann nichts vermissen, was man nicht kennt
, sagte da einer und Lea verstand.
    »Ich will dich kennenlernen«, entschied er. »Ich will, dass du mir glaubst. Und ich will dich vermissen können.«
    »Aber   … «, setzte Lea an, doch er
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