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Deutschland allein zu Haus

Deutschland allein zu Haus

Titel: Deutschland allein zu Haus
Autoren: Osman Engin
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Hilde völlig außer sich.
    »Haaahooohiririr … koohhhiiioorrrr«, brüllt Heiko vor Lachen und fällt endgültig vom Sofa runter und kippt dabei die beiden Kerzen um.
    »Eh … aber … ich … Schatz …«, stammelt Herbert unaufhörlich weiter, und so unter Druck geraten kommt er auf die blödeste Ausrede, auf die man kommen kann: »Ich sagte doch bereits, dass ich auf unsere Schatzmeisterin warte, um die finanzielle Lage zu besprechen! Das ist sie … die Olga von der Wolga!«
    »Um die finanzielle Lage … koohhhiiioorrr … zu besprechen … kooohaaahaa … khkhkhkhaaaa … ich werd nicht mehr … haaahooohiririr … Schatzmeisterin … hhhrrraahooooo … wer soll diesen Schwachsinn denn glauben … hrhrhrhrhrhrrrrr …öööööööööhhhhhrrrrkkkhhh …«
    Das ist doch unfair! Gerade, als es richtig spannend wurde, hat Mehmet mit der Geschichte aufgehört. Wie geht es wohl weiter mit der Familie Herrmann und der Schatzmeisterin Olga von der Wolga?

49 »Wir haben ein tolles Gesteck aufgetrieben«, strahlt meine Frau. »Wir werden uns heute Nachmittag vorläufig von der netten Frau Käthe Fischkopf verabschieden, bis wir sie im Jenseits, natürlich im Paradies, wiedersehen.«
    »Eminanim, ich glaube nicht, dass du dich mit Frau Fischkopf im Paradies treffen wirst.«
    »Warum denn nicht? Ich bete, ich faste. Und im Gegensatz zu dir lüge ich auch nicht andauernd.«
    »Ich denke, Allah kann doch unmöglich Moslems und Christen in dasselbe Paradies stecken, wo sie sich doch seit 2000 Jahren ununterbrochen gegenseitig die Köpfe einschlagen.«
    »Du meinst also, dass es im Jenseits zwei separate Paradiese gibt, eins für Moslems und eins für Christen?«
    »Wir wollen ja die Juden nicht vergessen. Von den Buddhisten, Hinduisten, Zeugen Jehovas, Mormonen usw. ganz zu schweigen. Ich habe erst kürzlich im Radio gehört, dass es allein in Deutschland fast 100 verschiedene Religionen gibt! Und alle behaupten von sich, der einzig wahre Glaube zu sein.«
    Wir deponieren die Kinder und Onkel Ömer im Ford-Transit vor dem zum Fernseher umfunktionierten Laptop, klemmen das Gesteck unter den Arm und rennen los.
    10 Minuten später stolpern wir in einen viel zu dunklen Raum im Bestattungsinstitut und fallen leider sofort unangenehm auf. Alle Stühle sind besetzt, nur ganz vorne, direkt neben dem offenen Sarg, sind noch 2 Plätze frei, und wir setzen uns ganz schnell dort hin. Vorher platziere ich unser hübsches Gesteck gut sichtbar neben den anderen Billigblumen und betrachte zufrieden die Trauergesellschaft.
    »Eminanim, siehst du, wie neidisch die Leute uns anglotzen?Allein dieses Gesteck wird uns mit Sicherheit die schönste Ecke im Paradies sichern.«
    Irgendjemand hält eine höchst emotionale Rede und erzählt unglaubliche Dinge über Frau Fischkopf. Aber das kenne ich von der Türkei her bestens. Der türkische Volksmund war sehr fleißig und hat sogar mehrere Sprüche darüber erfunden. Zum Beispiel:
    ›Wenn der Kahlköpfige stirbt – hatte er volle seidene Haare!‹
    ›Wenn der Blinde stirbt – hatte er tolle hübsche Mandelaugen!‹
    Bei Frau Fischkopf braucht man allerdings wirklich nicht hinterherzuschleimen, sie war tatsächlich eine sehr nette alte Dame!
    Aber das eifrige Bestattungsinstitut hat ihre Leiche so übertrieben präpariert, dass sie leider keine Ähnlichkeit mehr mit ihr hat.
    Sie sieht überhaupt nicht wie eine 90-jährige Frau aus, sondern höchstens wie ein 19-jähriger Tiinäger!
    In ihr Gesicht und in ihren Körper wurde so viel Fett reingespritzt, dass sie jetzt zwar keine Falten, aber dafür mindestens 50 Kilo mehr auf den Rippen hat.
    Ihre langen grauen Haare haben sie einfach wegrasiert.
    »Frau Käthe Fischkopf sieht nicht mehr wie eine elegante, schlanke Dame um die 90 aus, die friedlich dahingeschieden ist, sondern eher wie ein fetter junger Bursche, der sich nach der Disko mit dem BMW seines Vaters um einen Baum gewickelt hat«, meckere ich leise.
    »Sie heißt auch nicht Käthe Fischkopf, sondern Harry Breitschuh – und ist ein Kerl«, zischt der Mann neben mir böse.
    »Osman, du Idiot, du hast uns zum falschen Bestattungsinstitutgeführt!«, ist meine Frau auch der Meinung, dass wir der falschen Leiche den letzten Dienst erweisen.
    »Und ich wundere mich die ganze Zeit, warum Oma Fischkopf so einen starken Bartwuchs hatte«, rufe ich, springe hoch und schnappe mir unser hübsches Gesteck wieder.
    Plötzlich kommt ein dicker Mann und schnappt sich das andere Ende von meinem
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