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Deutsche Geschichte

Deutsche Geschichte

Titel: Deutsche Geschichte
Autoren: Manfred Mai
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Botschafter in der DDR keinerlei Rückendeckung oder gar Unterstützung des »Großen Bruders« zusagte. Damit war das SED-Regime praktisch am Ende.
    Aber Honecker lehnte alle Reformvorschläge weiterhin kategorisch ab. Da wurde im Politbüro zum ersten Mal Kritik an seinem Führungsstil laut. Um an der Macht zu bleiben, setzten die führenden Genossen ihren Generalsekretär am 18. Oktober ab und wählten Egon Krenz zu seinem Nachfolger. Der kündigte Reformen an, versprach Reiseerleichterungen und forderte die Bürgerinnen und Bürger zur »Ausgestaltung der sozialistischen Gesellschaft« auf. Doch die Bürgerinnen und Bürger trauten den SED-Funktionären nicht. Sie demonstrierten weiter und in immer größerer Zahl für Freiheit und Demokratie. In einer Mischung aus Zorn und wachsendem Selbstbewusstsein erschallte der Ruf »Wir sind das Volk!« immer lauter. Und die neue DDR-Führung gab dem Volkswillen erstmals nach. Am Abend des 9. November 1989 öffnete sie die Grenzübergänge und noch in der Nacht besuchten zehntausende DDR-Bürger West-Berlin. Deutsche aus Ost und West feierten ein Fest, wie in Deutschland noch keines gefeiert worden war.

Wir sind ein Volk!
    Zum ersten Mal in der deutschen Geschichte war eine Revolution erfolgreich – und das auch noch ohne Gewalt! Dass es den Menschen im Osten Deutschlands gelang, das SED-Regime mit friedlichen Mitteln in die Knie zu zwingen, ist eine große historische Leistung. Die Frage war nun, was aus der DDR werden sollte. Darüber verhandelten Vertreter der Oppositionsgruppen, der Volkskammerparteien und der Regierung am so genannten »runden Tisch«. Drei Konzepte standen zur Wahl:
Eine eigenständige DDR nach dem Muster eines »dritten Weges« zwischen Kapitalismus und Staatssozialismus.
Eine Konföderation der beiden deutschen Staaten.
Ein rascher Beitritt zur Bundesrepublik Deutschland.
    Während am »runden Tisch« noch diskutiert wurde, machten die weiterhin stattfindenden Demonstrationen deutlich, wohin der Weg gehen sollte. Aus der Parole »Wir sind das Volk!« wurde »Wir sind ein Volk!«. Die Mehrheit der DDR-Bürger wollte keine wie auch immer reformierte DDR, sondern die Vereinigung mit der Bundesrepublik.
    Die ersten freien Volkskammerwahlen in der DDR am 18. März 1990 bestätigten diesen Wunsch. Und nach vielen Verhandlungen – auch mit den Siegermächten des Zweiten Weltkriegs – trat die DDR am 3. Oktober 1990 der Bundesrepublik bei. An diesem Tag endete die Teilung Deutschlands und ein neues Kapitel der deutschen Geschichte begann.
    »Jetzt wächst zusammen, was zusammengehört«, hatte Willy Brandt nach dem Fall der Mauer gesagt und damit vielen Menschen »hüben und drüben« aus dem Herzen gesprochen.
    Die Deutschen in Ost und West hatten die Wiedervereinigung wie im Rausch erlebt. Diesem Rausch folgte ein gewaltiger Kater. Bundeskanzler Helmut Kohl hatte den Eindruck vermittelt, der Einigungsprozess werde keine besonderen Kosten verursachen, im Gegenteil, die deutsche Wirtschaft werde schon bald einen kräftigen Aufschwung erleben, von dem West und Ost gleichermaßen profitieren würden. Im Bundestagswahlkampf 1990 versprach er »blühende Landschaften« und weckte damit große Erwartungen bei den »Brüdern und Schwestern im Osten«. Die erfüllten sich nicht oder nur teilweise und in jedem Fall viel langsamer als gedacht; vor allem aber mussten sie teuer bezahlt werden.
    Die Umgestaltung der zentral gelenkten Planwirtschaft in eine Marktwirtschaft verlief nicht so reibungslos wie erhofft. Bis April 1991 fiel die ostdeutsche Industrieproduktion auf 30% des Niveaus von 1989 zurück, weil die veralteten Fabriken nicht konkurrenzfähig waren und der ehemalige Ostblock als Abnehmer ausgefallen war. Die Arbeitslosigkeit stieg dramatisch – sie ist bis heute prozentual mehr als doppelt so hoch wie in den alten Bundesländern.
    Gemildert wurden die dadurch entstandenen Probleme und Härten mit finanziellen Hilfen aus dem Westen. Über eine Billion Euro flossen für den »Aufbau Ost« bisher in die neuen Bundesländer, eine ungeheuer große Summe. Sie verbesserte das Leben der Menschen spürbar, reichte jedoch längst nicht aus, um Ostdeutschland in eine »blühende Landschaft« zu verwandeln.
    Problematisch war und ist, dass sich der Staat immer höher verschulden musste und immer noch muss, um den »Aufbau Ost« zu finanzieren.
    Weil Mitte der 90er Jahre außerdem die Weltwirtschaft ins Stocken geriet, stieg die Arbeitslosigkeit in Deutschland
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