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Deutsche Geschichte

Deutsche Geschichte

Titel: Deutsche Geschichte
Autoren: Manfred Mai
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auf über vier Millionen und die Steuereinnahmen des Staates sanken; noch mehr Schulden waren die Folge. Im Jahre 2003 beträgt der Schuldenstand von Bund, Ländern und Gemeinden rund 1,5 Billionen Euro, was eine enorme Belastung für die kommenden Generationen bedeutet.
    Waren die Westdeutschen anfangs bereit, für den »Aufbau Ost« zu bezahlen, so murrten sie bald über den seit 1991 zu entrichtenden »Solidaritätszuschlag« und höhere Steuern. Die neuen Bundesländer erschienen vielen wie ein Fass ohne Boden. In Ostdeutschland wiederum litten die Menschen darunter, »am Tropf der Wessis« zu hängen. Die finanzielle Unterstützung konnte auch nicht verhindern, dass viele »Ossis« mit der früher unbekannten Arbeitslosigkeit, mit dem Verlust der sozialen Sicherheit und mit den neuen Freiheiten nicht zurechtkamen.
    Wie oft in solchen Situationen machten sich nun Unzufriedene – unbelehrt von der deutschen Geschichte – auf die Suche nach Sündenböcken. Man fand sie vor allem in ausländischen Arbeitnehmern. Im Herbst 1991 häuften sich in Deutschland Gewalttaten gegen Ausländer und Asylbewerber. Im sächsischen Hoyerswerda und in Rostock versuchten rechtsradikale Jugendliche, ein Asylantenwohnheim in Brand zu stecken. Besonders schändlich war, dass die Polizei sich zurückzog, während hunderte von Schaulustigen zusahen, Beifall klatschten und »Deutschland den Deutschen! Ausländer raus!« skandierten. Wer allerdings glaubte, solche Aktionen blieben auf den Osten beschränkt, sah sich getäuscht. Zu traurigen Höhepunkten wurden Brandanschläge im November 1992 in Mölln und im Mai 1993 in Solingen, bei denen zehn türkische Menschen, darunter fünf Kinder, starben – beschämende Taten im wiedervereinigten Deutschland. Doch es gingen auch Millionen Menschen auf die Straße, demonstrierten Solidarität mit den ausländischen Mitbürgern und zeigten der Welt »das andere Deutschland«.

Auf dem Weg ins »Euroland«
    Auch nach der Wiedervereinigung änderte sich nichts an den außenpolitischen Grundsätzen der Bundesrepublik. Im Vordergrund standen der europäische Einigungsprozess (mit besonderem Gewicht auf der deutsch-französischen Partnerschaft), die Beziehungen zu den USA und die von Willy Brandt begonnene Ostpolitik.
    Helmut Kohl, der sich als »Enkel Adenauers« verstand, forcierte die »Europäisierung«. Er wollte den Nachbarn und der Welt damit auch signalisieren, dass sie vor dem wiedervereinigten Deutschland keine Angst zu haben brauchten. Ein »Viertes Reich«, das zuweilen als Gespenst durch die Medien in verschiedenen Ländern geisterte, würde es nicht geben.
    Im Dezember 1991 beschlossen zwölf Staats- und Regierungschefs in Maastricht, die Europäische Gemeinschaft zur Europäischen Union weiterzuentwickeln. Die vor allem wirtschaftlich orientierte Gemeinschaft sollte sich schrittweise zu einer politischen Union entwickeln, der europäische Binnenmarkt sollte zu einer Wirtschaftsund Währungsunion mit einer Europäischen Zentralbank und einer gemeinsamen Währung ausgebaut werden. Dann wollte man eine gemeinsame Außen- und Sicherheitspolitik einleiten mit dem Ziel, irgendwann eine europäische Armee zu bilden. Auch in der Innen- und Rechtspolitik sollten Regelungen für eine engere Verzahnung geschaffen werden. Weil dies alles einen Verzicht auf Souveränitätsrechte und Selbstständigkeit bedeutete, gab es darüber in allen Ländern intensive Diskussionen. Doch bis auf Großbritannien stimmten schließlich alle Mitgliedstaaten den Maastrichter Verträgen zu. Im Grundsatz sind sich die Staaten also weitgehend einig: Am Ende des Prozesses sollen die Vereinigten Staaten von Europa stehen. Auf welchen Wegen und vor allem in welcher Zeit dieses Ziel angestrebt werden soll, darüber gibt es allerdings unterschiedliche Vorstellungen. Und noch scheuen sich die nationalen Regierungen und Parlamente, dem Europäischen Parlament und der Kommission, die eine Art europäische Regierung darstellt, weit reichende Kompetenzen zu geben; noch wollen sie, wenn auch abgestimmt mit den Partnern, selbst die Richtlinien ihrer Politik bestimmen.
    Am 1. Januar 1995 traten mit Finnland, Österreich und Schweden drei weitere Staaten der EU bei. Von den nunmehr 15 EU-Staaten führten elf am 1. Januar 1999 die neue Währung, den Euro, ein – zunächst allerdings nur als Rechnungseinheit; in den Händen halten konnte man das neue Geld erst drei Jahre später.
    Obwohl die Umstellung am 1. Januar 2002 problemlos
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