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Deutsche Geschichte

Deutsche Geschichte

Titel: Deutsche Geschichte
Autoren: Manfred Mai
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Kälte und Hunger abgehärtet … Ihre Dörfer legen sie nicht in unserer Weise an, dass die Gebäude verbunden sind und aneinander stoßen: Jeder umgibt sein Haus mit freiem Raum, sei es zum Schutz gegen Feuersgefahr, sei es aus Unkenntnis im Bauen. Nicht einmal Bruchsteine oder Ziegel sind bei ihnen im Gebrauch; zu allem verwenden sie unbehauenes Holz, ohne auf ein gefälliges oder freundliches Aussehen zu achten … Wenn die Männer nicht zu Felde ziehen, verbringen sie viel Zeit mit Jagen, noch mehr mit Nichtstun, dem Schlafen und Essen ergeben. Gerade die Tapfersten und Kriegslustigsten rühren sich nicht. Die Sorge für Haus, Hof und Feld bleibt den Frauen, den alten Leuten und allen Schwachen im Hauswesen überlassen; sie selber faulenzen. Ein seltsamer Widerspruch ihres Wesens: Dieselben Menschen lieben so sehr das Nichtstun und hassen zugleich die Ruhe.«
    Da von den Germanen selbst nur bruchstückhaftes Wissen überliefert wurde, sind wir auf solche Beschreibungen angewiesen. Dabei sollte man allerdings bedenken, dass Tacitus das Leben der Germanen mit ihren Sitten und Gebräuchen nicht aus eigener Anschauung kannte. Er bezog seine Kenntnisse aus literarischen Quellen, zum Beispiel aus Cäsars Schriften über den Gallischen Krieg.
    Was Tacitus zu seinem Buch veranlasste, lässt sich heute nicht mehr mit Sicherheit sagen. Vermutlich sollte die Schilderung des einfachen Lebens ohne Luxus, des sittenstrengen Familienlebens, der Treue und Tapferkeit den Römern als Vorbild dienen. So wäre auch zu erklären, dass er die Germanen in einigen Punkten heftig idealisiert hat. Dass es Zeiten gab, in denen die Deutschen seinen Bericht von großen blauäugigen Kämpfern für bare Münze nahmen – dafür kann Tacitus nichts.
    Als sicher gilt heute, dass die Germanen gute Krieger waren. Trotzdem unterlagen sie etwa fünfzig Jahre vor Christi Geburt den besser ausgebildeten und ausgerüsteten römischen Soldaten. Die hatte Cäsar über die Alpen geführt, um das Römische Weltreich zu vergrößern und noch mächtiger zu machen.
    Alle germanischen Stämme westlich des Rheins und ganz Gallien (das spätere Frankreich) wurden unterworfen und Teil des Römischen Reichs.
    Etwa sechzig Jahre nach Cäsar wollte Kaiser Augustus (das deutsche Wort »Kaiser« kommt von Cäsar, dessen Familienname zum Titel für die Herrscher des Römerreiches wurde) auch die germanischen Stämme weiter im Osten unterwerfen und seine Macht bis zur Elbe ausdehnen. Aber diesmal wehrten sich die Germanen mit allen Kräften – und schlugen zurück. Im Jahr 9 n. Chr. besiegten sie unter ihrem Heerführer Arminius (später Hermann der Cherusker genannt) in der Schlacht im Osnabrücker Land – nicht im Teutoburger Wald, wie man lange Zeit dachte – die römischen Truppen. Die Römer mussten sich wieder hinter den Rhein zurückziehen.
    In den Jahren danach gab es immer wieder Kämpfe mit den Germanen. Als Bollwerk gegen sie errichteten die Römer den Limes, einen riesigen Grenzwall vom Rhein bei Bonn bis zur Donau bei Regensburg.
    Jenseits des Limes lebten die Germanen weiterhin wie ihre Vorfahren. Über wichtige Angelegenheiten entschieden die freien Männer eines Stammes. Dazu trafen sie sich bei Neu- oder Vollmond zum »Thing«. Die Thingstätte war gleichzeitig Gerichtsplatz und galt als heiliger Ort.
    Wie alle heidnischen Völker verehrten die Germanen viele Götter. Als höchster Gott galt Wodan, der nach germanischer Auffassung die Welt regierte und das Schicksal aller Menschen lenkte. Die Germanen glaubten fest an ein Leben nach dem Tod. Die Tapferen stiegen auf zu Wodan nach Walhalla, wo sie ein schönes Leben erwartete. Die feigen und schlechten Menschen mussten im Reich der Göttin Hel in ewiger Finsternis schmachten.

Die Völker mischen sich
    Die Menschen im Römerreich und die germanischen Stämme lebten trotz aller Unterschiede lange Zeit in friedlicher Nachbarschaft. In den besetzten Gebieten waren viele Germanen vom Lebensstil der Römer bald so beeindruckt, dass sie wie die Römer zu leben versuchten. Wer es sich leisten konnte, schickte seine Söhne in römische Schulen. In Kleidung und Umgangsformen orientierte man sich am römischen Vorbild. Streitigkeiten wurden nach römischem Recht geregelt. Nach und nach entstanden römische Provinzstädte wie Trier, Worms, Köln, Mainz und Augsburg. Zentrum dieser Städte war das Forum, ein großer, von Gebäuden umgebener Platz, auf dem politische Versammlungen und Gerichtsverhandlungen
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