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Deshalb heisse ich Starker Baer

Deshalb heisse ich Starker Baer

Titel: Deshalb heisse ich Starker Baer
Autoren: Irina Korschunow
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anderen und ich passte genau auf die roten Zeichen auf. Wenn es zu schwierig wurde, half mir mein Vater. Die Beine taten mir weh. Ich fing auch wieder anzu schwitzen, weil die Sonne so heiß schien und ich mich so anstrengte. Aber ich jammerte nicht. Ich wollte jetzt ein richtiger Bergsteiger sein wie mein Vater. Zum Schluss kam noch einmal ein sehr steiles Stück. Wir mussten an einer Schlucht vorbei und uns vorsehen, dass wir nicht abrutschten. »Du musst immer gegen die Wand gucken und auf keinen Fall in die Schlucht hinunter«, sagte mein Vater. »Wenn man hinuntersieht, kann einem schwindelig werden.«
    Das stimmt genau. Ich hatte nur einmal ganz wenig nach unten gesehen und meinen Kopf gleich wieder weggedreht, weil mir komisch wurde. Aber das ging schnell vorüber.
    Der Weg an der Schlucht entlang war das Schwierigste von der ganzen Bergtour!
    Danach hatten wir es geschafft. Wir standen auf dem Gipfel.
    »Jetzt sind wir über zweitausend Meter hoch«, sagte mein Vater. »Mach die Augen auf und schau dir alles an. So was sieht man nicht alle Tage. Ist das nicht schön?«
    Ich nickte. So weit hatte ich noch nie gucken können und auch so viele Berge hatte ich noch nie auf einmal gesehen. Eine Gipfelkette schob sich hinter die andere. Die meisten Gipfel waren dunkel, aber dazwischen lagen auch weiße. Das machte der Schnee, der dort schon gefallen war. Die Berge kamen mir riesengroß vor und die Dörfer unten im Tal winzig klein, noch kleiner als Spielzeug. Und ich stand hier oben und sah hinunter auf die Dörfer, und wenn ich wollte, konnte ich den Leuten auf die Köpfe spucken.
    Als ich das meinem Vater sagte, lachte er. »Deine Spucke bleibt unterwegs an einem Stein hängen oder sie verdunstet, bevor sie ankommt. Einen so weiten Weg hält keine Spucke aus. Und nun wollen wir essen. Mir hängt der Magen in den Knien.«
    »Mir auch«, sagte ich. Wir waren über vier Stunden gestiegen. Da bekommt man Hunger.
    Mein Vater packte Brot, Käse und Wurst aus. Er schnitt mit seinem Messer Brot füruns beide ab und Wurst für sich. Meine Wurst durfte ich mit meinem eigenen Messer abschneiden. Ich säbelte ein ganz dickes Stück herunter. So viel habe ich sonst noch nie auf einmal bekommen.

    Mein Vater pfiff durch die Zähne und sah mich von der Seite an. Aber er sagte nichts, weil er mir ja ein großes Stück Wurst versprochen hatte. Und was man verspricht, muss man halten.
    Die Wurst war Klasse, der Käse auch und ich aß viel zu viel, sogar noch Schokolade zum Schluss.
    »Hoffentlich kommst du mit deinem vollen Bauch den Berg hinunter«, meinte mein Vater.
    »Es wäre traurig, wenn du vorher platzt.«
    Aber ich platze nicht so schnell. Ich habe schon einmal fünf Stück Erdbeertorte gegessen und bin nicht geplatzt.
    »Ich muss Mama erzählen, wie viel du vertilgt hast«, sagte mein Vater, »dann kommt sie nächstes Mal bestimmt mit, um aufzupassen und wir hätten sie dabei. Das wäre doch fein, was?«
    Ich nickte, denn ich finde es auch am schönsten, wenn wir alle zusammen sind, mein Vater, meine Mutter, meine kleine Schwester und ich.
    Nach dem Essen schrieben wir unsere Namen in das Gipfelbuch. Es lag in einem Kasten aus Holz. Viele Leute hatten schon ihren Namen hineingeschrieben und ich fand es toll, dass ich auch im Gipfelbuch stehen sollte.
    Aber da machte ich etwas sehr Dummes. Ich schrieb meinen Namen mit ie, Martien! Warum, weiß ich nicht. Ich ärgerte mich mächtig. Nun denken alle Leute, dass ich meinen Namen nicht schreiben kann.
    »Macht nichts«, sagte mein Vater. »Wahrscheinlich hast du einen Gipfelrausch. Das kommt von der dünnen Luft hier oben und ist genauso, als wenn man zu viel Bier trinkt. So einen Gipfelrausch kann der stärkste Bär bekommen.«
    »Ein Gipfelrausch! Ich habe einen Gipfelrausch«,schrie ich und fing laut an zu grölen, bis mein Vater sagte: »Jetzt reicht’s! Sonst störst du die Gämsen.«
    Da habe ich natürlich sofort aufgehört, aber gefallen hat mir der Gipfelrausch trotzdem. Wie überhaupt alles hier oben auf dem Gipfel. Ich war froh, dass mein Vater mit mir so eine schöne Bergtour machte. Denn bis jetzt war es eine schöne Bergtour. Ich wusste ja noch nicht, dass es bald anders werden sollte.
    »Sieh dir mal den Vogel dort an«, sagte mein Vater. »Ob das ein Adler ist?«
    Er gab mir sein Fernglas. Ich sah den Vogel groß und deutlich am Himmel. Ob es ein Adler war, wusste ich auch nicht.
    Aber wir sahen etwas anderes.
    Die Sonne war verschwunden! Überall hingen
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