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Deshalb heisse ich Starker Baer

Deshalb heisse ich Starker Baer

Titel: Deshalb heisse ich Starker Baer
Autoren: Irina Korschunow
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er. Es klang so spöttisch, dass ich noch wütender wurde. Ich wollte den Namen Starker Bär nicht mehr hören.

    Doch dann blieb mein Vater stehen. »Sieh mal, was das für große Ameisen sind!«, rief er. Er hatte einen Ameisenhaufen abseits vom Weg gesehen. Mein Vater sieht nämlich alles, viel mehr als ich. Ich war froh, dass er den Ameisenhaufen gefunden hatte, denn nun konnte ich mich auf einen Baumstumpf setzen und die Ameisen beobachten.
    Sie waren viel größer als gewöhnliche Ameisen, beinahe dreimal so groß und bestimmt fünfmal so stark. Zwei von ihnen schleppten einen riesigen toten Käfer bis zum Bau.
    Ich wollte gern wissen, warum es im Gebirge so große Ameisen gibt. Aber das wusste mein Vater nicht.
    »Siehst du«, sagte ich, »du weißt längst nicht alles, und dass Schwitzen gut ist, stimmt vielleicht gar nicht.«
    Da lachte mein Vater. »Eins zu null für dich, Starker Bär. Aber weiter müssen wir trotzdem.«
    Das fand ich scheußlich. Ich dachte an den steilen Weg und wollte viel lieber bei den Ameisen bleiben und am allerliebsten nach Hause gehen.
    »Blöde Bergtour«, sagte ich.
    Aber das hörte mein Vater nicht. Er lief schon wieder voraus und ich musste hinterherlaufen.

Plötzlich war der Wald zu Ende. Wir konnten die Sonne sehen und der Weg stieg längst nicht mehr so steil an wie vorher. Wir kamen auf eine Wiese, die mit riesigen Felsbrocken übersät war. Der größte glänzte auf einer Seite wie poliert.
    Ich kletterte hinauf und rutschte hinunter, mindestens dreimal.
    »Ich denke, du bist müde!«, rief mein Vater.
    Aber ich war nicht mehr müde. Das Bergsteigen machte mir wieder Spaß, ich weiß auch nicht, warum.
    »Mein Vater holte Tee aus dem Rucksack. Wir tranken beide aus der Flasche.
    »Das schmeckt gut«, sagte ich.
    »Auf dem Gipfel schmeckt es noch besser«, sagte mein Vater und jetzt glaubte ich ihm. Dann entdeckte ich einen Tümpel, darin schwammen viele kleine schwarze Dinger.
    »Das sind Kaulquappen«, sagte mein Vater. »Aus Kaulquappen werden Frösche. In dem Dorf, in dem ich als Junge gewohnt habe, gab es einen Froschteich. Wir haben jedes Jahr Kaulquappenin ein Glas getan. Dann konnten wir sehen, wie sie sich in Frösche verwandelt haben.«
    Ich wollte gleich den Tee ausgießen undKaulquappen in die Flasche tun. Aber mein Vater lachte mich aus. Er sagte, bei einer Bergtour ist Tee wichtiger als Kaulquappen, weil man Kaulquappen nicht trinken kann, und trinken muss man unbedingt. Das stimmte sicher. Aber ich hätte sehr gern ein paar Kaulquappen mitgenommen.

    »Nächste Woche suchen wir einen Froschteich«, sagte mein Vater. »Dann kannst du Kaulquappen mit nach Hause nehmen. Was meinst du, wie Mama sich freut.«
    Da mussten wir beide lachen. Meine Mutter mag nämlich keine Frösche und Spinnen und überhaupt nichts, was kriecht und krabbelt.
    »Soll ich ihr ein paar Kaulquappen in die Badewanne tun?«, fragte ich.
    Mein Vater meinte: »Dann fällt sie bestimmtin Ohnmacht. Und was haben wir von einer ohnmächtigen Mutter?«
    Aber meine Mutter fällt nicht gleich in Ohnmacht. Die ist ganz in Ordnung.
    Nach einer Weile gingen wir weiter. Bald war kein einziger Baum mehr zu sehen, nur noch Wiese. Überall läutete und bimmelte es. Wir standen auf einer Alm.
    Um uns herum weideten Kühe mit großen Glocken am Hals, daher kam das Läuten. Es hörte sich schön an. Aber die Kühe haben ihre Glocken nicht um, weil es sich schön anhört, sondern nur, damit man sie abends wiederfindet. Denn manchmal verläuft sich eine Kuh im Gebirge und der Senn oder die Sennerin müssen sie suchen.
    »Da steht der Senn«, sagte mein Vater, »sieh mal, wie alt er schon ist. Und trotzdem wohnt er den ganzen Sommer allein hier oben in seiner Hütte und macht alle Arbeit. Kein Mensch ist in der Nähe, nicht einmal fernsehen kann er. Möchtest du das?«
    »Nein«, sagte ich, »das finde ich zu langweilig. Warum bleiben denn die Kühe nicht unten im Dorf?«
    »Weil das Gras auf der Alm so würzig ist«, sagte mein Vater, »und die Kühe besonders gute Milch geben, wenn sie es fressen. Aber ich glaube, wenn die alten Senne nicht mehr arbeiten können, müssen die Kühe doch allmählich unten bleiben. Von den jungen Leuten mag wahrscheinlich kaum noch einer Senn werden, weil es in der Stadt genug andere Arbeiten gibt. Das kann man ihnen auch nichtverdenken. Doch was fangen die Kühe ohne Senn an? Sie können sich ja schließlich nicht allein melken.«
    Ich musste lachen und gerade da kam eine Kuh
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