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Des Todes Dunkler Bruder

Des Todes Dunkler Bruder

Titel: Des Todes Dunkler Bruder
Autoren: Jeff Lindsay
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Vince.
    »Blendend«, sagte ich. »Wie hat er es gemacht?«
    »Kommt drauf an.«
    Ich sah Vince an. Er starrte auf eine Hand voll Kaffeesatz, in dem er sorgfältig mit einem in Gummihandschuhen steckenden Finger herumrührte. »Kommt worauf an, Vince?«
    »Darauf, wer er ist und was er macht«, antwortete er.
    »Haha.«
    Ich schüttelte den Kopf. »Man kann es mit der Unergründlichkeit auch übertreiben«, sagte ich. »Wie wird der Mörder das Blut los?«
    »Im Moment schwer zu sagen«, erwiderte er. »Wir haben nichts gefunden. Und die Leiche ist in keinem guten Zustand, deshalb wird es schwierig werden, etwas zu entdecken.«
    Das klang nicht gerade spannend. Ich lasse gern eine ordentliche Leiche zurück. Kein Ärger, keine Unordnung, kein tropfendes Blut. Falls es sich bei diesem Killer nur um einen weiteren, an einem Knochen zerrenden Hund handelte, war ich nicht interessiert.
    Er wies mit dem Kopf auf eine sieben Meter entfernte Stelle. »Da drüben«, sagte er. »Bei LaGuerta.«
    »Du meine Güte«, sagte ich. »Hat LaGuerta die Leitung?«
    Er lächelte mich wieder falsch an. »Der Killer hat Glück.«
    Ich sah hinüber. Eine kleine Gruppe Menschen stand um einen Haufen Müllsäcke herum. »Ich sehe nichts.«
    »Direkt da drüben. Die Müllsäcke. In jedem steckt ein Leichenteil. Er hat das Opfer in Stücke geschnitten und die dann wie Weihnachtsgeschenke eingewickelt. Hast du jemals so was gesehen?«
    Selbstverständlich hatte ich das.
    So mache ich es.

3
    I m gleißenden Sonnenschein von Miami hat der Anblick eines Tatortes etwas seltsam Fremdartiges und Entwaffnendes. Die bizarrsten Morde wirken antiseptisch. Gestellt. Als befände man sich in einer neuen gewagten Themenwelt von Disneyland. Dahmer-Land.
    Komm und probier den Kühlschrank. Bitte erbrechen Sie Ihren Lunch nur in die dafür vorgesehenen Behälter.
    Nicht, dass der Anblick zerstückelter Leichen mich jemals gestört hätte, o nein, nicht im Mindesten. Ich habe leichte Vorbehalte gegenüber den Unsauberen, wenn sorglos mit Körperflüssigkeiten umgegangen wurde – ekliges Zeug. Abgesehen davon ist es nicht schlimmer als der Anblick von Rippchen beim Fleischer. Aber Anfänger und Besucher neigen an Tatorten zum Kotzen – und aus irgendeinem Grund kotzen sie hier unten viel weniger als oben im Norden. Die Sonne nimmt dem Ganzen den Stachel. Sie macht die Angelegenheit sauberer, lässt sie ordentlicher aussehen. Vielleicht ist das der Grund für meine Liebe zu Miami. Es ist so eine saubere Stadt.
    Und auch dieser Tag in Miami war bereits heiter und warm. Jeder, der eine Anzugjacke trug, sah sich nach einer Stelle zum Aufhängen um. Leider gab es keine solche Stelle auf diesem schmuddeligen kleinen Parkplatz.
    Hier standen nur fünf oder sechs Autos und der Müllcontainer. Man hatte ihn in eine Ecke nahe dem Café geschoben, vor eine rosa Stuckmauer, auf der Stacheldraht angebracht war. Dort befand sich der Hintereingang des Cafés. Eine mürrische junge Frau ging raus und rein und machte glänzende Geschäfte mit dem Verkauf von café cubano und pastelas an die Polizisten und Techniker am Tatort. Die Hand voll erlesener Cops in Anzügen, die an Mordschauplätzen herumhängen, um entweder aufzufallen, Druck auszuüben oder sicherzugehen, dass sie wissen, was vor sich geht, mussten nun mit einem weiteren Problem jonglieren. Kaffee, Pastete, eine Anzugjacke.
    Die Bande von der Spurensicherung trug keine Anzüge.
    Hawaiihemden mit zwei Brusttaschen waren eher ihre Kragenweite. Ich trug selbst eins. Das sich wiederholende Muster bestand aus Voodootrommlern und Palmen vor limonengrünem Hintergrund. Stilvoll, aber praktisch.
    Ich wandte mich an das mir am nächsten stehende Hawaiihemd in dem Gewirr von Menschen rund um die Leiche. Es gehörte zu Angel Batista-keine-Verwandtschaft, wie er sich vorzustellen pflegte. Hi, ich bin Angel Batista, keine Verwandtschaft. Er arbeitete für die Gerichtsmedizin. Im Augenblick kauerte er neben einem der Müllsäcke und spähte hinein.
    Ich gesellte mich zu ihm. Ich war selbst neugierig auf den Inhalt des Beutels. Alles, was Deborah eine Reaktion entlockte, war einen Blick wert.
    »Angel«, grüßte ich, als ich ihn erreichte. »Was haben wir?«
    »Was meinst du mit wir, weißer Junge?«, fragte er.
    »Hier gibt es kein Blut. Du bist arbeitslos.«
    »Hörte ich bereits.« Ich kauerte mich neben ihn. »Ist es hier passiert oder wurde sie nur hier abgeladen?«
    Er wiegte den Kopf. »Schwer zu sagen. Der Container
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