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Des Teufels Werk

Titel: Des Teufels Werk
Autoren: Minette Walters
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an skeptisch. »Wir sind hier in Bagdad«, sagte sie. »Das Einzige, was die Leute interessiert, sind Selbstmordattentate oder, noch besser, sadistische Übergriffe von Seiten der Amerikaner. Hier werden ständig Frauen vergewaltigt – und zwar von ihren eigenen Männern, die sie nicht aus freien Stücken geheiratet haben. Zählt das?«
    Ich machte ihr klar, dass es doppelt so lang dauern würde, wenn sie glaubte, laufend ihren Kommentar abgeben zu müssen.
    »Aber Sie sind doch naiv, Connie. Selbst wenn wir annehmen, ein Europäer kann sich an eine Irakerin heranmachen, ohne dass es bemerkt wird – was ich nicht glaube –, wer sollte darüber berichten? Manche Viertel von Bagdad sind so gefährlich, dass kein irakischer Journalist einen Fuß hineinsetzt – die Bombenattentate und die Schießereien haben ja nicht aufgehört –, wie sollte da der Tod einer einzelnen Frau auffallen?«
    Ich wusste, dass sie Recht hatte, darum kann ich nicht sagen, wer von uns beiden überraschter war, als wir auf den ersten Bericht stießen. Er trug die Überschrift
Immer mehr Vergewaltigungen
und meldete, dass statistischen Erhebungen zufolge die Zahl der Vergewaltigungen und/oder Entführungen von Frauen seit Kriegsbeginn deutlich gestiegen sei: von einem Fall pro Monat auf etwa fünfundzwanzig Fälle. Unter Berufung auf einen Bericht von Human Rights Watch wurde auf die Gefahren hingewiesen, denen Frauen sich ausgesetzt sehen, wenn die moralischen Grundlagen einer Gesellschaft vom Krieg zerstört werden.
    »Hier steht, dass Vergewaltigungen unter Saddam eine Seltenheit waren, weil die Todesstrafe darauf stand«, berichtete mir Salima, »und dass durch die Auflösung der Polizei zu Beginn der Besatzung die Sicherheit der Frauen gefährdet wurde. Das wird Sie interessieren.« Sie folgte dem Text mit dem Finger. »›Wo Verbrecher und Banditen ganze Bezirke beherrschen, in denen kein Gesetz mehr gilt, müssen Frauen sich aus Angst um Leben und Ehre in ihren Häusern verkriechen. Aber nicht einmal das schützt sie. Fateha Kassim, eine gläubige junge Witwe, wurde letzte Woche ermordet in ihrem Haus aufgefunden. Vor ihrem Tod war sie vergewaltigt worden. Ihr Vater, der seine tote Tochter fand, sagte, es sei das Werk von Bestien gewesen. Sie haben ihre Schönheit zerstört, sagte er.‹« Sie schaute mich an. »Suchen wir so was?«
    Ich nickte. »Klingt haargenau wie die Morde in Sierra Leone.«
    »Aber wie soll er an die Frauen herangekommen sein?«
    »Keine Ahnung, aber ich bin sicher, das macht es erst spannend. Wenn er wirklich bei der SAS war, ist er darin geschult worden, unauffällig zu bleiben. Vielleicht schleicht er sich nachts hinein. Alan Collins meinte, alles deute darauf hin, dass der Mörder nicht sofort mit der Machete über die Frauen herfiel.«
    Der zweite Bericht, der einzige, den wir noch fanden, war aus einer anderen Zeitung und einen Monat später datiert. Er war unter dem Titel
Junge Mutter durch Schwertangriff getötet
irgendwo im Mittelteil versteckt und war sehr kurz. Salima übersetzte: »›Mrs. Gufran Zaki wurde gestern von ihrem Sohn tot aufgefunden, als dieser von der Schule heimkehrte. Sie war durch Hiebe mit einem Schwert, die schwere Schnittverletzungen am Kopf zur Folge hatten, brutal niedergemetzelt worden. Die Polizei fahndet nach dem Ehemann, Mr. Bashar Zaki, der angeblich an Depressionen leidet. Nachbarn sagten aus, er besäße ein Schwert. Die Waffe ist aus dem Haus verschwunden.‹«
    Wir suchten nach einer Fortsetzung, um zu erfahren, ob Bashar Zaki gefunden worden war, aber die Story war von den Ereignissen im Abu-Ghraib-Gefängnis in den Hintergrund gedrängt worden und wurde nirgends mehr erwähnt. Ebenso wenig die Ermordung Fateha Kassims. Danach wusste ich nicht recht, was ich tun sollte. International brachten diese beiden Geschichten nichts, darum erzählte ich Dan Fry, dem Leiter unseres Büros in Bagdad, nichts von ihnen und meinem Verdacht gegen MacKenzie. Wir waren eingedeckt mit aktuelleren Katastrophen. Wenig später wurde Salima, außer mir die einzige Interessierte, als Begleiterin eines anderen Korrespondenten in den Süden des Landes, nach Basra, geschickt.
    Vor allem aus Frust und nicht weil ich ernstlich eine Antwort erwartete, grub ich meine beiden Berichte aus Sierra Leone aus und schickte sie zusammen mit Salimas Übersetzungen der Meldungen über die Morde in Bagdad und einem Begleitschreiben per Boten an Alastair Surtees. Gleichzeitig sandte ich sie per E-Mail an Alan
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