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Des Teufels Novize

Des Teufels Novize

Titel: Des Teufels Novize
Autoren: Ellis Peters
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Ländereien der Abtei, eine Hütte, wo er Ziegen und Bienen hielt, und man hatte ihm erlaubt, unter den Obstbäumen Futter für seine Tiere zu schneiden, da sein eigenes Weideland nicht sehr groß war. Er war an diesem Tag mit einer Sichel unterwegs und schnitt zum letztenmal in diesem Jahr das lange Gras dicht vor den Baumstämmen, wo es gefährlich gewesen wäre, eine Sense zu benutzen. Cadfael verbrachte den Tag in seiner angenehmen Gesellschaft und setzte sich mit ihm unter einen Apfelbaum, um die müßigen Artigkeiten auszutauschen, die einer solchen Begegnung angemessen waren. Es gab nur wenige Bürger der Stadt, die Cadfael nicht kannte, und dieser gute Mann hatte eine ganze Horde Kinder, nach denen er fragen konnte.
    Cadfael nahm es später auf sein Gewissen, daß es sehr wohl seine nachbarliche Aufmerksamkeit gewesen sein konnte, die seinen Gefährten veranlaßte, die Sichel unter dem Baum abzulegen, wo er sie vergaß, als sein jüngster Sohn, ein munterer Dreikäsehoch, herangehüpftkam, um seinen Vater zur Mittagspause mit Brot und Bier zu rufen. Wie dem auch war, jedenfalls ließ er die Sichel im dichten Gras an den Stamm gelehnt liegen. Und Cadfael regte sich etwas steif und machte sich wieder an die Apfelernte, während sein Gesprächspartner seinen ständig plappernden Jüngsten hüpfend zur Hütte zurückführte.
    Die Weidenkörbe waren inzwischen schon gut gefüllt. Es war nicht die größte Ernte, die Cadfael je in seinem Obstgarten eingebracht hatte, doch auf jeden Fall eine willkommene. Ein milder, leicht dunstiger, zuweilen sonniger Tag; der Fluß strömte still und ruhig zwischen ihnen und der hohen Silhouette der Stadt mit ihren Türmen; und der reiche Ernteduft, zusammengesetzt aus Früchten, Heu, verblühten Pflanzen und sommerwarmen Bäumen, die schläfrig auf die Winterruhe warteten, lag schwer und süß in der Luft und in der Nase. Kein Wunder also, daß Zwänge vergessen waren und die Herzen hoch flogen. Die Hände arbeiteten, und der Geist war mit sich im Frieden. Cadfael sah Bruder Meriet eifrig arbeiten. Er hatte die schweren Ärmel über die runden, braunen, wohlgestalteten Arme hochgekrempelt, das Gewand über glatte braune Knie hochgerafft, die Kapuze locker über die Schultern gebreitet, und das Haar, das noch keine Tonsur hatte, hob sich zottig und dunkel und lebhaft vom Himmel ab. Sein Profil war deutlich zu sehen, die Haselnußaugen waren weit offen und unverhüllt. Er lächelte. Es war kein vertrauliches Lächeln mit einem anderen, sondern ein Ausdruck seiner Zufriedenheit, und dies vielleicht nur einen kurzen, verletzlichen Augenblick lang.
    Cadfael verlor ihn aus den Augen, als er sich gemächlich wieder seinen eigenen Aufgaben zuwandte. Es ist leicht möglich, beim Äpfelernten ein stilles Gebet zu sprechen, doch er war sich nur zu gut bewußt, daß er völlig in den Sinnesfreuden des Tages versank, und soweit er Bruder Meriet gesehen hatte, galt für den jungen Mann dasselbe. Und es paßte gut zu ihm.
    Es war ein Unglück, daß der schwerste und unbeholfenste der Novizen sich ausgerechnet jenen Baum zum Besteigen aussuchte, unter dem die Sichel lag, und gewiß noch unglücklicher, daß er sich zu weit hinausbeugte, um einige Früchte zu erreichen. Der Baum war von einer Sorte, die die Früchte an den Astspitzen tragen, und die Äste waren durch die schweren Früchte bereits belastet. Unter dem zusätzlichen Gewicht brach ein Ast, und herunter kam der Kletterer in einem Sturm aus fallenden Blättern und krachenden Zweigen und landete direkt auf der nach oben weisenden Schneide der Sichel.
    Es war ein spektakulärer Sturz, und ein halbes Dutzend seiner Gefährten hörte das Krachen und kam herbeigerannt.
    Cadfael war einer der ersten. Der junge Mann lag reglos in seiner wirren Kutte, Arme und Beine weit von sich gestreckt. In der linken Seite seines Gewandes klaffte ein langer Schnitt, und ein heller Blutstrom besprenkelte seinen Ärmel und das Gras unter ihm. Wenn je ein Mann nach einem plötzlichen und gewaltsamen Tod aussah, dann er. Kein Wunder, daß die unerfahrenen Jungen entsetzt herumstanden und kleine, erschreckte Schreie ausstießen.
    Bruder Meriet war etwas entfernt gewesen und hatte den Sturz nicht gehört. Er kam unschuldig zwischen den Bäumen heran und schleppte einen großen Korb mit Früchten zum Weg am Fluß. Sein Blick, offen und sorglos wie selten, fiel auf die liegende Gestalt, die aufgeschlitzte Kutte, das sprudelnde Blut.
    Er scheute wie ein
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