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Des Rajahs Diamant

Titel: Des Rajahs Diamant
Autoren: Robert Louis Stevenson
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»habe ich die Ehre, die Anwesenheit Eurer Hoheit zu verdanken?«
    »Ich komme,« antwortete der Prinz, »wegen eines Geschäftes, das ich mit Ihnen abzumachen habe; ist dies getan, so werde ich Herrn Rolles bitten, mich auf einem Spaziergange zu begleiten. Sie empfangen mich, Vandeleur,« fuhr der Prinz mit großem Ernste fort, »mit einem Lächeln, während doch Ihre Hände, wie Sie wissen, noch von ruchloser Tat befleckt sind. Ich wünsche nicht, daß man mich unterbricht,« fügte er gebieterisch hinzu. »Ich bin hier, um zu reden, nicht, um zu hören; und ich muß Sie bitten, mich nach Gebühr anzuhören und pünktlich Gehorsam zu leisten. Sobald als irgend tunlich soll Ihre Tochter in der Gesandtschaft mit meinem Freunde Franz Scrymgeour, dem anerkannten Sohne Ihres Bruders, vermählt werden. Sie werden mich verbinden, wenn Sie ihr nicht unter zweihunderttausend Mark mitgeben. Was Ihre eigene Person anlangt, so will ich Sie in einer bedeutenden diplomatischen Mission nach Siam senden, die Ihren Fähigkeiten entsprechen wird. Undnun werden Sie mir mit zwei Worten Antwort geben, ob Sie auf diese Bedingungen eingehen oder nicht.«
    »Geht's nicht anders,« erwiderte der alte Mann zähnekirschend, »so unterwerfe ich mich; aber, ich sage es Ihnen unverhohlen, ohne Kampf wird's nicht abgehen.«
    »Sie sind alt,« sagte der Prinz; »aber das Alter gereicht den Schändlichen nicht zur Ehre, und das Ihrige birgt weniger Weisheit als die Jugend anderer. Reizen Sie mich nicht, oder Sie möchten mich härter finden, als Sie sich träumen lassen. Es ist zum erstenmal, daß ich Ihren Pfad im Zorn kreuze; sorgen Sie, daß es auch das letztemal sei.«
    Mit diesen Worten gab Florisel dem Geistlichen ein Zeichen, ihm zu folgen, verließ das Zimmer, schritt auf das Gartentor zu, und der Diktator, der hinter ihnen mit einem Lichte herging, öffnete die sorglich verschlossene Tür.
    Ehe er zur Straße hinausschritt, wandte sich der Prinz um und sagte ernst zu Vandeleur: »Lassen Sie sich sagen, daß ich Ihre Drohungen wohl verstehe, und Sie brauchen nur die Hand aufzuheben, um sofort unheilbares Verderben über sich zu beschwören.«
    Der Diktator erwiderte kein Wort. Als aber der Prinz ihm beim Scheine der Lampe den Rücken zukehrte, machte er gegen ihn, voll wahnsinniger Wut, eine drohende Bewegung, und im nächsten Augenblick schlüpfte er um die Ecke und rannte aus Leibeskräften dem nächsten Droschkenstand zu.
    Prinz Florisel ging mit Herrn Rolles zu der Tür eines kleinen Gasthauses, in dem der GottesmannWohnung genommen hatte. Sie unterhielten sich lebhaft, und Rolles wurde von den Vorwürfen, die ihm der Prinz so ernst und doch zugleich so liebevoll machte, zu Tränen gerührt.
    »Ich habe selbst mein Leben zugrunde gerichtet,« sagte er schließlich. »Helfen Sie mir! Sagen Sie mir, was ich tun soll, denn, ach, ich besitze weder die Tugenden eines Priesters noch die Gewandtheit eines Verbrechers.«
    »Jetzt,« sagte der Prinz, »da die Demut in Ihr Herz gezogen ist, hört mein Eingreifen auf; die Reuevollen haben es mit Gott und nicht mit Fürsten zu tun. Darf ich Ihnen aber einen Rat geben, so gehen Sie als Kolonist nach Australien, suchen Sie körperliche Beschäftigung in frischer Luft und vergessen Sie möglichst, daß Sie je ein Geistlicher gewesen oder je Ihre Augen auf den fluchbeladenen Stein geworfen haben.«
    »Ja, in Wahrheit, fluchbeladen!« versetzte Herr Rolles. »Wo ist er jetzt? Welches Verderben wird er noch weiter über die Menschen bringen?«
    »Er soll kein Unheil mehr anrichten,« erwiderte der Prinz. »Er ist hier in meiner Tasche. Und diese Mitteilung zeigt Ihnen,« fügte er freundlich hinzu, »daß ich einiges Zutrauen zu Ihrer zwar noch sehr jungen Reue habe.«
    »Lassen Sie mich Ihre Hand drücken,« bat Herr Rolles.
    »Nein,« versetzte Fürst Florisel, »noch nicht.«
    Der Ton, in dem er diese letzten Worte sprach, erweckte im Herzen des jungen Geistlichen ein freundlichesEcho, und nachdem sich der Prinz weggewandt hatte, stand Rolles noch ein paar Minuten lang auf der Schwelle, indem er mit seinen Augen der verschwundenen Gestalt folgte und des Himmels Segen auf einen so trefflichen Berater herabflehte.
    Mehrere Stunden durchschritt der Prinz die einsamen Straßen. Sein Geist war in Erregung. Was sollte er mit dem Diamanten tun? Sollte er ihn seinem Eigentümer zustellen, der ihm eines so seltenen Besitzes unwürdig schien, oder sollte er ihn ohne jede Rücksicht ein für allemal aus dem
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