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Des Rajahs Diamant

Titel: Des Rajahs Diamant
Autoren: Robert Louis Stevenson
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Garten? Was wollen Sie? Und wer, in Teufels Namen, sind Sie?«
    Halbbetäubt und schamerfüllt sprang Franz auf und stand schweigend da.
    Dann schien Herrn Vandeleur ein Licht aufzugehen, und er lachte überlaut.
    »Ah, ich sehe,« sagte er. »Es ist der Scrymgeour. Herrlich, Herr Scrymgeour. Lassen Sie mich Ihnenin kurzen Worten sagen, wie's mit Ihnen steht. Sie sind mit Gewalt oder durch Betrug in mein Haus eingedrungen, und Sie kommen mit Ihren albernen Deklamationen gerade in einem besonders unpassenden Augenblicke, nachdem ein Gast bei Tisch in Ohnmacht gefallen ist. Sie sind kein Sohn von mir. Sie sind ein Bastard meines Bruders von einem Fischweib, wenn Sie's wissen wollen. Mir sind Sie nicht nur völlig gleichgültig, sondern eher noch widerwärtig, und nach Ihrer Aufführung möchte ich glauben, Ihr geistiger Zustand entspricht völlig Ihrer äußeren Erscheinung. Dieses mein Urteil empfehle ich Ihnen zur näheren Erwägung für Ihre Mußestunden, und inzwischen seien Sie so freundlich, uns von Ihrer werten Gegenwart zu befreien. Wäre ich nicht gerade anderweitig beschäftigt,« fügte der Diktator mit einem mehr als kräftigen Fluche hinzu, »so würde ich Ihnen noch zur Erinnerung eine gehörige Tracht Prügel mit auf den Weg geben.«
    Franz hörte diesen rohen Erguß mit tiefer Beschämung an. Er hätte sich eiligst aus dem Staube gemacht, wäre dies möglich gewesen, aber da er nicht wußte, auf welche Weise er aus der Wohnung, in die er so unglückseligerweise gekommen war, hinausgelangen sollte, blieb ihm nichts anderes übrig, als dumm und stumm stehenzubleiben.
    Fräulein Vandeleur brach das Schweigen zuerst.
    »Vater,« sagte sie, »du sprichst im Zorn, Herr Scrymgeour mag im Irrtum gewesen sein, aber seine Absicht war gut und freundlich.«
    »Gut, daß mich deine Worte daran erinnern,« versetzteder Diktator; »ich halte es für Ehrensache, Herrn Scrymgeour noch eine weitere Eröffnung zu machen. Mein Bruder,« fuhr er, zu dem jungen Mann gewendet, fort, »ist so töricht gewesen, Ihnen eine Rente zu geben; er war so töricht und anmaßend, Sie mit dieser jungen Dame verloben zu wollen. Sie wurden ihr vor zwei Tagen gezeigt, und ich freue mich, Ihnen sagen zu können, daß sie den Gedanken mit Abscheu von sich wies. Lassen Sie mich hinzufügen, daß ich auf Ihren Vater einen bedeutenden Einfluß ausübe, und mein Fehler wird's gewiß nicht sein, wenn Ihre Rente Ihnen nicht ehestens entzogen wird und Sie, bevor die Woche um ist, wieder hinter Ihrem Schreibtisch sitzen.«
    Der Ausdruck, mit dem der alte Mann diese Worte sprach, war womöglich noch verletzender als das, was er sagte. Unter dem Stachel dieser beißenden Rede und der unerträglichen Verachtung wandte sich Franz um, bedeckte sein Gesicht mit den Händen und brach in ein entsetzliches tränenloses Schluchzen aus. Doch Fräulein Vandeleur trat noch einmal für ihn ein.
    »Herr Scrymgeour,« sagte sie mit klarer Stimme und ruhigem Tonfall, »Sie müssen sich meines Vaters rauhe Worte nicht so zu Herzen nehmen. Ich empfand durchaus keinen Widerwillen gegen Sie, im Gegenteil, ich bat um eine Gelegenheit, Sie besser kennenzulernen. Was die Ereignisse des heutigen Abends betrifft, so glauben Sie mir, daß sie mich nicht minder mit Bedauern wie mit Achtung für Sie erfüllt haben.«
    Gerade in diesem Augenblick machte Herr Rolles eine krampfhafte Armbewegung, die Franz überzeugte, daß er nur betäubt worden war. Herr Vandeleur beugte sich über sein Opfer und schaute ihm prüfend ins Gesicht.
    »Komm, komm!« stieß er, zu seiner Tochter gewendet, hervor, seinen Kopf erhebend. »Das Ding muß ein Ende nehmen, und da dir seine Aufführung so sehr zu gefallen scheint, so nimm ein Licht und zeige dem Bastard den Weg auf die Straße.«
    Die junge Dame tat sofort nach dem Befehl.
    »Ich danke Ihnen,« sagte Franz, sobald er mit ihr allein im Garten war. »Ich danke Ihnen von ganzem Herzen. Das war der bitterste Abend meines Lebens, aber er wird mir wenigstens auch eine angenehme Erinnerung bieten.«
    »Ich habe nur ausgesprochen, was ich empfand,« entgegnete sie, »und was die Gerechtigkeit verlangte. Es tat meinem Herzen wehe, daß Sie so unfreundlich behandelt wurden.«
    Inzwischen waren sie am Gartentor angelangt, und Fräulein Vandeleur, die das Licht auf den Boden gesetzt hatte, schob bereits den Riegel zurück.
    »Noch ein Wort,« sagte Franz. »Dies ist nicht das letztemal! – ich werde Sie wiedersehen, nicht wahr?«
    »Ach,« antwortete
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