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Des Drachens grauer Atem

Des Drachens grauer Atem

Titel: Des Drachens grauer Atem
Autoren: Harry Thürk
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versprochen sei, der Vollwaise war und wie das Mädchen seit seiner Kindheit in Bansammus Haus lebte und nach seiner Rückkehr vom Studium in Bangkok auch wieder leben würde. Bansammu hatte seine Eltern gekannt. Sie waren kurz hintereinander gestorben am Husten, jener tückischen Krankheit, die es seit jeher in den Bergen gab.
    Der alleinstehende Bansammu hatte den Jungen wie einen Sohn aufgezogen. Als er entdeckte, dass Sinhkat ein außerordentlich kluger, begabter Junge war, hatte er durch Vermittlung der Tante Satchanasais, die in Bangkok lebte, einen Studienplatz für ihn gekauft. Damals war ihm das noch aus dem Ertrag des Opiumhandels möglich gewesen. Heute war er froh, dass Sinhkat in diesem Sommer das Studium beendete, sein Examen machen und nach Muong Nan heimkehren würde.
    Für jeden im Dorf war klar, dass Satchanasai und der Student dann heiraten würden. Und Sinhkat würde dem Dorf raten können, aus der Lage herauszukommen, in die es durch die Amerikaner gebracht worden war.
    Auch Satchanasai wartete mit Ungeduld darauf, dass Sinhkat käme. Sie befürchtete zwar nicht, dass er sich in Bangkok ein anderes Mädchen suchte, denn sie wusste, dass er sich in der großen Stadt nicht wohl fühlte und über manche Lebensgewohnheiten der Leute dort den Kopf schüttelte. Aber Satchanasai sah, dass in Muong Nan möglichst bald etwas verändert werden musste, wenn das Dorf nicht zugrunde gehen sollte. Das Unternehmen, das Lo Wen und Bansammu begonnen hatten, der heimliche Verkauf von Opium in Chiengmai, würde ein wenig helfen, aber nur für kurze Zeit.
    Das Mädchen ritzte geschickt eine Mohnkapsel nach der anderen. Ab und zu streckte sie sich und schaute nach der Sonne, die nur noch knapp über den Bergkuppen im Westen stand. In einer Stunde würde das Licht fahl werden. Das bedeutete jedoch nichts weiter, als dass die Sonne hinter den Felszacken verschwand, danach dauerte es noch zwei Stunden bis zum Einbruch der Dunkelheit, und Satchanasai wollte zur Nacht ins Dorf zurück. Sie blieb nicht in einer der aus Zweigen errichteten Hütten am Rande des Felsens, wie die meisten anderen Frauen, die sogar ihre Kinder mit hierher genommen hatten. Ihr Gefühl sagte ihr, dass Bansammu und Lo Wen heute noch zurückkehren würden, da wollte sie zu Hause sein.
    Sie wunderte sich, als sie den Mann aus der Schlucht herauskommen sah. Die Männer arbeiteten jenseits des Berges, auf einem Hang, an dem das Ernten schwerer war als auf dem ebenen Feld. Es war noch zu früh, dass die Männer sich einstellten, um mit ihren Frauen den Abend zu verbringen. Aber der Mann rief schon von weitem ihren Namen.
    Satchanasai steckte das Messer weg und trat vorsichtig, so dass sie möglichst keine der Mohnpflanzen knickte, vom Feld auf den schmalen Pfad, der zur Schlucht führte, und lief dem Mann entgegen. Als sie vor ihm stand, sagte er etwas betreten: „Geh ins Dorf zurück!"
    „Ist die Karawane gekommen?"
    „Bansammu ist da." Er drehte sich um und ging.
    Satchanasai staunte zwar, dass er so bedrückt erschien, aber sie lief los, ohne darüber nachzudenken.
    Drei Dutzend Pfahlhäuser, an den Rändern einer Hochebene verteilt, das war das Dorf Muong Nan. Ein wenig Wald ringsum, ein paar Flächen mit Büschen und Gestrüpp bewachsen, und die liebevoll angelegten kleinen Felder von Trockenreis, Gemüse, Erdnüssen und Maniok. Die Häuser standen auf starken Bambusstämmen meterhoch über dem Boden. Diese Bauweise folgte nicht so sehr praktischen Gründen als vielmehr der Tradition. Einstmals hatte man die Häuser in den Ebenen so errichtet, weil nach dem Auspflanzen der Reisstecklinge das Land unter Wasser gesetzt wurde und weil die schweren Regenfälle nach der trockenen Sommerzeit es oft überschwemmten. In den Bergen brachte der Regen keine Gefahr für die Wohnsiedlungen, denn das Wasser sammelte sich schnell zu Rinnsalen, die ihren Weg ins Tal suchten. Aber die Gewohnheit, die Behausungen auf hohen Pfählen zu errichten, hatte sich erhalten. Ein wenig schützte sie wohl die Bewohner vor allerlei Ungeziefer, auch vor Schlangen. Die Wände bestanden aus geflochtenen Matten, hergestellt aus gespaltenem Bambus, Schilf und Gras. Tagsüber wurden sie hochgeklappt, so dass die Luft ungehindert Zutritt hatte.
    In diesen Häusern gab es meist nur Schlaflager aus Matten, hölzerne Sitzgelegenheiten, ein paar Töpfe und Pfannen hingen an Pfosten, hier und da ein Bild des Königs Bumiphol und der Königin Sirikit, es fanden sich gewebte Matten und
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