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Des Abends eisige Stille

Des Abends eisige Stille

Titel: Des Abends eisige Stille
Autoren: Susan Hill
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Vorschläge gemacht, die verfolgt wurden und nirgends hinführten.
    Das Gesicht von David Angus schaute immer noch von Plakaten und Bretterwänden, aus Schaufenstern und von Anschlagtafeln, doch inzwischen verblichen und manchmal an den Ecken eingerissen. Niemand vergaß, aber er rückte in den Hintergrund.
    Doch das Team machte weiter. Der Fall wurde von allen Dienststellen im Land aufgegriffen und schließlich wieder beiseitegelegt. HOLMES wurde eingesetzt, Daten wurden herausgezogen und eingegeben.
    Es gab keine Neuigkeiten, keine Spuren, keine Hinweise. Der Junge könnte genauso gut nie existiert haben.
    Die Anrufe bei der Polizei von Lafferton wegen des Falls wurden zu einem Rinnsal, und dieses Rinnsal bestand aus den Verrückten und den Traurigen und den Böswilligen.
    Der März verging und mit ihm ein frühes Osterfest.
    Am vierten April kam Cat aus der Morgensprechstunde nach Hause und hörte das Telefon klingeln.
    »Hallo, Ma.«
    »Nenn mich nicht Ma. Liebling, habt ihr ein Datum für Felix’ Taufe festgelegt? Wenn nicht, könntet ihr den zwölften Mai nehmen?«
    »Nein, haben wir nicht. Warum?«
    »Weil wir an dem Tag Marthas Stein im Klosterhof verlegen wollen, und ich dachte, dass Felix’ Taufe im Anschluss daran folgen könnte.«
    »Ich spreche mit Chris, aus meiner Sicht spricht nichts dagegen. Nur, würdet ihr nicht etwas Ruhigeres und Spezielleres – Privateres – für Martha vorziehen?«
    »Nein. Uns würde das sehr gut passen. Wie geht es dir?«
    »Gut. Es macht mir richtig Spaß, wieder Ärztin zu sein. Was sich natürlich leicht sagen lässt, wenn ich keine nächtliche Bereitschaft habe und keine Hausbesuche machen muss.«
    »Wie kommt Felix mit seiner Tagesmutter zurecht?«
    »Sie lieben sich.«
    »Ich versuche ständig, Simon anzurufen, aber ich erreiche ihn nie.«
    »Oh.«
    »Ist er verreist?«
    »Nicht, dass ich wüsste.«
    »Was meinst du damit?«
    »Ma, ich muss Schluss machen.«
    »Gib mir wegen dem Zwölften Bescheid, Liebling. Den Tee übernehme ich.«
    Meriel Serrailler legte genauso abrupt auf wie immer.
    »Verdammt.«
    Aber sie würde nicht darüber nachdenken. Cat hatte seit Wochen nicht mit ihrem Bruder gesprochen. Sie wusste nichts von ihm, was sie unerträglich fand.
    Sie griff nach ihrem Autoschlüssel und ging hinaus, um Felix bei Sally Warrender abzuholen.
     
    Andy Gunton öffnete das Fenster in der Wohnung über dem Café und beugte sich hinaus. Es war Abend, und selbst mitten in der Stadt roch man das frische Grün und die umgegrabene Erde. Er fühlte sich wohl. Alfredos Frau hatte ihm Vorhänge genäht, Alfredo und sein Bruder hatten einen Schrank hergebracht, einen Tisch und einen Stuhl und einen uralten Fernseher.
    Er war zufrieden. Es machte ihm nichts aus abzuspülen, die Tische zu putzen, die Küche sauberzumachen und am Ende des Tages die Böden zu wischen. Das war ja nicht für immer. Von Michelle hielt er sich fern. Einmal war sie mit einer Freundin ins Café gekommen, und er hatte sich die ganzen zwanzig Minuten, die sie geblieben waren, hinten versteckt. Lee Carter hatte er nicht wiedergesehen. Die Anzeige gegen Andy lag nach wie vor beim Amtsgericht. Er dachte nicht darüber nach.
    Er beugte sich ein bisschen weiter hinaus und konnte die Baumwipfel auf dem Hügel sehen.
    Es war nicht für immer. Es war nur eine Zwischenstation. Er würde es noch viel weiter bringen. Nicht wahr?
     
    Simon Serrailler verließ das Revier und ging zum Pub auf der anderen Straßenseite. Dort kehrte er nur selten ein. Der Abend senkte sich nieder, der Himmel war wie Emaille.
    Nathan Coates stand an der Bar.
    »Chef … Was kann ich Ihnen holen?«
    »Danke. Ich nehm ein halbes Genesis.«
    »Gut. War ruhig, zu ruhig. Das kann ich nicht leiden.«
    Sie fanden einen Tisch.
    »Em kommt auch noch. Wir wollen ins Kino.«
    »Was läuft denn?«
    »Keine Ahnung. Wir fahren raus zum Multiplex … Schauen mal, was uns gefällt … Essen hinterher chinesisch. Gönnen wir uns einmal die Woche. Ist wie eine Verabredung, wissen Sie, muss die Romantik am Laufen halten. Ich kauf ihr Schokolade und so.«
    »Mir kommen die Tränen.«
    Er betrachtete Nathan und glaubte genau zu wissen, wie es in ihm aussah. Nathan liebte seinen Job, hatte aber vermutlich keine weiteren Ambitionen, weil er wusste, wie glücklich er sich schätzen konnte, es so weit gebracht zu haben, raus aus der Dulcie-Siedlung und seiner Familie von Kleinkriminellen. Er liebte seine Frau. Sie sparten, um aus ihrer kleinen Wohnung
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