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Der Zypressengarten

Der Zypressengarten

Titel: Der Zypressengarten
Autoren: Santa Montefiore
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Freundin geworden. Mr Atwood hatte ihr ein unanständig hohes Gehalt angeboten, damit sie blieb, aber sie lehnte ab. Na ja, welche Frau würde schon für Geld eine sechsmonatige Südamerikareise mit ihrem Traummann sausen lassen?
    Sylvia war erstaunt, dass Mrs Atwood nicht die Scheidung eingereicht hatte, und fragte sich, welchen Deal die beiden gemacht hatten. Vielleicht musste er versprechen, sich künftig für sie als Einbrecher zu verkleiden. Oder hatte er noch andere Verkleidungen auf Lager? Mit derlei Gedanken munterte Sylvia sich auf, wenn sie Clementine zu sehr vermisste.
    Der Herbst kroch ohne jede Vorwarnung heran, zumal sich der nieselige Juli und August sowieso schon herbstlich angefühlt hatten. Polly war zurück und brachte keinen einzigen Satz über die Lippen, in dem nicht irgendwo ihre kleine Tochter vorkam. Den lieben langen Tag ging es: Purzelchen dies, Purzelchen das. Sylvia war schleierhaft, wieso sie nicht den richtigen Namen ihres Babys benutzen konnte, Esme, der doch eigentlich ganz hübsch war.
    Clementine sah überglücklich aus, und Sylvia war nicht eifersüchtig, denn das hätte vorausgesetzt, dass sie ihr das Glück missgönnte, was sie nicht tat. Ein bisschen neidisch war sie trotzdem. Die Verliebtheit machte Clementine nicht bloß hübscher, sondern verlieh ihr eine gelassene Ausstrahlung, als könnte ihr nichts auf der Welt etwas anhaben, solange sie bei dem Mann war, den sie liebte. Mit der dunklen Wolke, die sie früher umgab, war auch ihre Gereiztheit verschwunden. Kein Murren mehr, keine Verbitterung, kein Suhlen in Selbstmitleid.
    Sylvia reservierte sich neuerdings jeden Sonntag einen Tisch zum Mittagessen im Polzanze. Früher wäre eine Reservierung völlig unnötig gewesen, aber in diesem Sommer war es ohne aussichtslos, dort einen Platz bekommen zu wollen. Und war sie zu spät dran und alles bereits ausgebucht, konnte sie Jake auf seinem Handy anrufen. Die Nummer gab er nur an besondere Gäste heraus, von denen Sylvia einer war. Der Hauskünstler war inzwischen abgereist, doch nun tummelte sich die Schickeria von Devon im Hotel, und die Zimmer waren durchgehend ausgebucht. Marina hatte eine Anzeige in die Dawcomb-Devlish Gazette gesetzt, dass sie einen neuen Künstler suchten, und William Shawcross hatte das erste Literaturdinner geleitet, das ein voller Erfolg gewesen war. Nicht bloß hatte er sich als wortgewandter, fesselnder Redner entpuppt, sondern er sah auch noch teuflisch gut aus. Sylvia war es gelungen, ihn ziemlich lange mit Beschlag zu belegen; und er hatte ihr höflich zugehört, als sie ihm erzählte, dass Geschichte ihr Lieblingsfach in der Schule gewesen wäre.
    Sie kaute auf dem Ende ihres Kulis und dachte darüber nach, welche Verwandlung Clementines Leben durchgemacht hatte. Nach ihrer Südamerikareise wollten die beiden heiraten und sich in Italien niederlassen. Sie hatten lange überlegt, wo sie leben wollten, weil Rafa unbedingt nahe bei Maria Carmela sein wollte. Doch sein Vater Dante wünschte sich, dass er bei ihm in der Villa La Magdalena wohnte. Am Ende entschieden sie, zwischen Argentinien und Italien zu pendeln, und Rafas Mutter würden sie für die Sommer in die Toskana einfliegen. Es musste irre sein, dachte Sylvia, unerwartet herauszufinden, dass der leibliche Vater einer der reichsten Männer Italiens war. Sie sah zu Polly, die auf Mutter-und-Kind-Websites surfte, und runzelte die Stirn. Clementine hatte solch ein Glück. Hingegen hatte Sylvia nicht mal mehr Freddie, an den sie sich hin und wieder kuscheln konnte. Sie fühlte sich einsamer denn je.
    In diesem Moment ging die Tür auf und Jake kam herein. Es war komisch, ihn außerhalb des Polzanze zu sehen, noch dazu in Jeans und T-Shirt. Erstmals fiel Sylvia auf, wie umwerfend er aussah. Das helle Haar fiel ihm in die Stirn, und seine blauen Augen waren klar wie eine Lagune.
    »Ah, hallo, Jake!«, begrüßte sie ihn strahlend. »Was suchst du denn hier?«
    Er schaute sich ein bisschen nervös um. »Genau genommen bin hier, um dich zu besuchen.«
    Sylvia machte sich gerader. »Ach ja?«
    »Ich wollte dich fragen, ob ich dich zum Tee einladen kann?«
    Das kam unerwartet. »Jetzt?«
    »Falls du nicht zu viel zu tun hast.«
    Sie sah zu Polly. »Sei so lieb und übernimm mein Telefon. Ich mache Pause. Es ist nicht gesund, den ganzen Tag drinnen zu hocken.«
    Jake grinste sie an. »Ist dir Devil’s recht?«
    »Mein Lieblings-Café.«
    »Wie ich höre, machen sie einen sehr leckeren
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