Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der zweite Weltkrieg

Der zweite Weltkrieg

Titel: Der zweite Weltkrieg
Autoren: Gerhard Schreiber
Vom Netzwerk:
dem Antreten aus günstigen Ausgangsstellungen.
    Um „Blut“ zu sparen, hatten die Deutschen auf ein frühes Eingreifen der Sowjets gedrängt. Vier Gründe dürften Stalin davon abgehalten haben: Die Entscheidung in Ostasien, die den Zweifrontenkrieg endgültig ausschloss, fiel erst Mitte September; der schnelle deutsche Vormarsch überraschte; die Mobilisierung der eigenen Truppen bereitete Probleme; und Stalin, der glauben machen wollte, dass es ihm nur um zwischenWarschau und Moskau umstrittene Gebiete ging, beabsichtigte, frühestens dann zu handeln, wenn Polen als Staat so gut wie nicht mehr existierte. Das war am 17. September der Fall, als sich die polnische Regierung außer Landes begab, und nun marschierte die Rote Armee.
    Frühzeitig teilten sich die Aggressoren die Beute. Ribbentrop und Molotov unterschrieben am 28. September einen Grenz- und Freundschaftsvertrag, der die Demarkationslinie im „bisherigen“ polnischen Staat bestimmte. Moskau erhielt Ostpolen. Auch Litauen, ausgenommen der Landzipfel von Suwalki, gehörte fortan zu seiner Interessensphäre. Als Kompensation bekam das Reich, dem West- und Zentralpolen zufielen, Teile der Woiwodschaften Warschau und Lublin, also Gebiete, die an den Bug grenzten. Der deutsche Machtbereich wurde dadurch um maximal 450 km nach Osten ausgedehnt.
    Westpolen gliederten die Nazis als Reichsgaue Danzig-Westpreußen und Wartheland ins deutsche Staatsgebiet ein. Mit den Regierungsbezirken Zickenau und Kattowitz, die Ostpreußen respektive Schlesien zufielen, umfassten jene Landesteile 90.000 km 2 (9.745.000 Einwohner). Das restliche polnische Territorium bis zur Demarkationslinie mit der Sowjetunion machten die Deutschen zum „Generalgouvernement“, 98.000 km 2 mit annähernd 12.000.000 Bewohnern. Es diente zur Aufnahme deportierter Menschen, vor allem von Juden, der Ausbeutung und Beschaffung von Arbeitssklaven.
    Ein Krieg war beendet, zu dessen Wesen Hitler, am Vorabend des Pakts mit Stalin, vor den höheren Befehlshabern von Heer, Luftwaffe und Marine samt Stabschefs sowie den Amtschefs des Oberkommandos der Wehrmacht apodiktisch festgestellt hatte: Die zu praktizierende Kriegführung müsse brutal, ohne Mitleid und von größter Härte sein. Der „Führer“ strebte keinen europäischen Normalkrieg an, vielmehr gab er als Ziel die „Beseitigung der lebendigen Kräfte“ Polens, die „Vernichtung“ des Landes vor. So geschah es. Die oberste militärische Führung widersetzte sich nicht.
    Deswegen protestierte der Oberbefehlshaber Ost, Generaloberst Johannes Blaskowitz, vergeblich beim Oberbefehlshaberdes Heeres, Generaloberst Walther v. Brauchitsch, gegen das „Abschlachten“ von „Juden und Polen“. Gleiches gilt für den Widerspruch hoher Frontbefehlshaber im Osten und Westen gegen das verbrecherische Handeln von sechs „Einsatzgruppen der Sicherheitspolizei“ (rund 2700 Mann, verteilt auf 16 Einsatzkommandos) und einer „Einsatzgruppe z.b.V.“, die im Operationsgebiet dem Heer unterstanden. Sie nahmen massenhaft Juden, Angehörige des Klerus, des Adels sowie der polnischen Intelligenz gefangen, die sie als so genannte reichs- und deutsch-feindliche Elemente deportierten oder ermordeten. Aber nicht nur die Schergen Heinrich Himmlers, Reichsführer SS und Chef der deutschen Polizei, sondern auch Wehrmachtangehörige töteten unschuldige Zivilisten, brannten beliebig Synagogen, Bauernhöfe und ganze Ortschaften nieder, misshandelten Gefangene sowie wehrlose Zivilisten, vergewaltigten Frauen, plünderten Haushalte und Geschäfte.
    Faktum ist ferner, dass die Polen, um deren Schicksal sich der deutsche Normalbürger wenig scherte, nach dem Sieg als Untermenschen angesehen und dementsprechend behandelt worden sind. Der deutsch-polnische Krieg und die nachfolgende Besatzungsherrschaft entwickelten sich – historisch gesehen – zum Modellfall für die Zerstörung Europas durch die nazistische, ideologisierte Kriegführung.
    Was unter anderen Blaskowitz anprangerte, betraf einige zehntausend Menschen, doch Brauchitsch verhielt sich ganz im Sinne der Hitlerschen Polenpolitik. Wie viele andere teilte er wohl die Auffassung des „Führers“, dass der „Stärkere“ das „Recht“ auf seiner Seite habe. Das Völkerrecht berücksichtigten die Nazis, wenn überhaupt, nur nach eigenem Ermessen.
    Stellungnahmen wie die des Oberbefehlshabers Ost erbosten Hitler. Nicht zufällig ernannte er Himmler am 7. Oktober zum „Reichskommissar für die
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher