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Der zweite Weltkrieg

Der zweite Weltkrieg

Titel: Der zweite Weltkrieg
Autoren: Gerhard Schreiber
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Kräftezersplitterung zwang, wenn Italien und Japan nicht sofort aktiv eingriffen.
    In der Annahme, dass Deutschland bis 1943 den großen Konflikt vermeiden würde, schloss Rom am 22. Mai 1939 mit Berlin ein fast uneingeschränktes Militärbündnis ab: den
Stahlpakt.
Dagegen zögerten die in der Bündnisfrage gespaltenen Japaner. Einigkeit herrschte bei ihnen nur hinsichtlich der antisowjetischen Ausrichtung des Pakts. Das änderte sich nach dem 20. August, an dem Stalins Fernostarmee der Kwantung-Armee in der mongolisch-mandschurischen Grenzregion von Nomonhan-Haruha eine herbe Niederlage beibrachte. Die kaiserlichen Generäle sahen ein, dass sie der Roten Armee nicht Paroli bieten konnten. Praktisch beendete der Waffenstillstand vom 15. September 1939 die strategischen Planungen für eine Nordexpansion. Das Inselreich, insbesondere seine Marineführung, favorisierte zunehmend ein antiwestliches Ausgreifen nach Süden.
    Noch vor dem japanischen Desaster unterzeichneten Reichsaußenminister Joachim v. Ribbentrop und Vjaceslav Michajlovic Molotov, Volkskommissar für Auswärtige Angelegenheiten, am 23. August den „Nichtangriffsvertrag zwischen Deutschland und der Union der Sozialistischen Sowjetrepubliken“. In einem geheimen Zusatzprotokoll teilten die Diktatoren, deren Zusammenfinden allgemein schockierte und Kommunisten wie Nazis auf das Äußerste irritierte, Ostmitteleuropa unter sich auf. Moskaus Einflusszone umfasste Finnland, Estland, Lettland und Bessarabien, die von Berlin Litauen samt Wilnaer Gebiet. Die Linie Narew-Weichsel-San sollte die beiderseitigen Interessensphären im noch zu teilenden Polen scheiden.
    All das harmonierte mit Stalins realpolitisch begründeten Zielen: Umzeichnung der politischen Landkarte von der Ostsee bis zum Schwarzen Meer, Zeitgewinn für Industrialisierungs-und wirtschaftliche Modernisierungsvorhaben, Intensivierung der Aufrüstung und Herstellen einer Lage, in der Moskau – ohne notwendigerweise militärisch einzugreifen – unter abgekämpften Gegnern zum entscheidenden Gewicht werden und so in Osteuropa die Rückkehr zum Status quo ante verhindern würde.
    Bei Hitler lagen dem Vertragsabschluss, der erst nach einem am 19. August besiegelten Handels- und Kreditabkommen zustande kam, situationsbedingte Motive zugrunde: Neutralisation der einzigen Macht, die Polen direkt unterstützen konnte, Vermeiden eines langen Zweifrontenkriegs, sichere Nahrungsmittel- und Rohstoffversorgung, Aufbau einer Mächtekonstellation, die Paris und London vom Eingreifen abzuschrecken versprach. Zugleich sollte der Nichtangriffsvertrag, den Hitler – am Ziel der Eroberung von Lebensraum im Osten festhaltend – sozusagen mit Stalin gegen die Sowjetunion abschloss, im eigenen Lager die Skeptiker gegenüber den deutschen Siegeschancen überzeugen. Am wichtigsten erschien ansonsten, dass der Pakt eine Neutralitätsverpflichtung enthielt, die Angriffe auf Drittländer möglich machte. Demgegenüber war belanglos, dass Tokyo protestierte und seine Beziehungen zu Berlin einen Tiefpunkt erreichten. Denn verglichen mit dem Vertrag wäre jedes deutsch-japanische Militärbündnis von minderer strategischer Qualität gewesen.
    Die letzte Augustwoche sah Friedensappelle, Vermittlungsangebote, Täuschungsmanöver, Einschüchterungsversuche und Mobilmachungsmaßnahmen. Am 25. schürzt sich der Knoten des Dramas. Hitler befiehlt, Polen am nächsten Morgen anzugreifen. Die Soldaten marschieren bereits, als Mussolini mitteilt, er müsse, da Italien nicht kriegsbereit sei, neutral bleiben. Zu guter Letzt geht noch die Nachricht vom britisch-polnischen Beistandspakt ein. Der Angriffsbefehl wird zurückgenommen.
    Saß der „Führer“ in der Flaute? Keineswegs! Hitler pokerte lediglich noch einmal. Gewiss, die Truppenbewegungen wurden angehalten. Das geschah aber allein deshalb, weil dieGeneräle, denen sich die Chance bot, die noch nicht abgeschlossene Mobilmachung weiter voranzutreiben, dies für machbar hielten. Kurzum, der „Führer“ inszenierte ein Verwirrspiel, um die britisch-französisch-polnische Allianz doch noch zu spalten. Als sich zeigte, dass das nicht glückte, befahl er am 31. August, am folgenden Tag anzugreifen. SS-Männer täuschten polnische Grenzverletzungen vor, um die Aggression propagandistisch als Gegenaktion hinstellen zu können – es kam zu ersten Morden. Ein entfesselter Krieg nahm seinen Lauf, dessen Beginn zum Urverbrechen wurde, das alle kommenden Verbrechen
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