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Der zweite Tag

Der zweite Tag

Titel: Der zweite Tag
Autoren: Eden Bell
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geschehen. Ich warf einen letzten Blick zu Lexxer hinüber. „Danke“, war das einzige Wort, das mir passend erschien.
      Meine beiden neuen Gefährten und ich erreichten s chon bald das Ende des Sumpfes. Auf dem Boden lag ein Mensch, gefesselt und zusammengekrümmt. Es war Elias.
      „Ihr Teufel, wenn ihr ihm etwas angetan habt, schick ich euch ins ewige Fegefeuer und ihr we rdet Qualen leiden, wie ihr sie euch in euren schlimmsten Albträumen nicht vorstellen könnt!“ Ich wollte meinen Augen nicht trauen, wollte nicht wahrhaben, was unbarmherzig feststand. Aufgrund meiner Fehlentscheidungen musste ich meinen letzten Funken Vampirleben opfern, um Elias zu retten.
      Zuerst hörte ich das Hecheln, dann das hastige Trippeln von Hundefüßen auf feuchter Erde. Aus einer Vertiefung schräg oberhalb der Baumwurzeln kamen sie hervor, die Höllenhunde, gefolgt von ihrem Herrn.
      „Jakob“, säuselte er, „sag bloß , du hast noch immer Angst vor mir.“
      Ich schluckte hart und deutete auf meinen besten Freund. „Lass ihn gehen, ich gebe dir mein Leben dafür.“
      Adrian verzog seine Mundwinkel nach oben, was vermutlich einem Lächeln gleichkommen sollte. Er hielt seine Tiere angeleint. Sie fletschten die Zähne. Der Obervampir verschränkte seine Hände. „Mein Lieber, was soll denn das für ein Handel sein? Wo bleibt der Anreiz für mich, dir darauf meine Hand zu geben? Wo ich doch bereits im Besitz deines Körpers bin und dessen kümmerlicher Lebenszeichen?“
      Ich spürte wieder diese Kälte, die man normalerweise als Untoter nicht spüren sollte. Robert und Julian wichen zurück und gaben die Bühne frei für eine besondere Menage a trois.
      Adrian sah trotz der Verfolgungsjagd aus wie ein junger Gott, frei von Makel, wie das blühendste Leben.
      Ich brachte vor lauter Wut und Verzweiflung kein Wort heraus. Ich entblößte meine Zähne und knurrte. „Lass Elias frei und gib mir mein Wort darauf, dass du ihn verschonst, dann tu mit mir, was du willst. Ich werde mich nicht zur Wehr setzen.“
      Adrian schien amüsiert zu sein. „Oh wie großzügig von dir!“ Seine Miene verdüsterte sich. „Vergiss nicht, mit wem du es zu tun hast. Ich gebe hier die Regeln vor.“
      Elias wand sich am Boden, seine Augen waren vor Schreck und Erstaunen geweitet. Sein Mund war zugeklebt. Sein Blick durchbohrte mich mit einer Schärfe, dass es wehtat. Ich wollte ihm alles erklären, ihn umarmen, aber dafür war keine Zeit.
      Julian und Robert hatten sich zurückgezogen. Ich hätte gerne die Zeit angehalten in diesem Moment. Das ganze Ausmaß meines Handelns wurde mir langsam und schmerzhaft bewusst.
     
    *
     
    Ich schickte meine treuen Hunde in die Dunkelheit, wo sie sich über ein frisch gefangenes Reh freuten. Ich spürte, dass es soweit war. Ja kob ergab sich. Ich sah, wie sich sein Willen vor meinen Augen beugte, seine Muskeln sich lockerten, seine Lebensflamme kleiner wurde. Ich triumphierte, und das war ein wunderbares Gefühl. Ich ging auf ihn zu. Er wich nicht einmal einen Schritt zurück. Süß, wie jemand in der Stunde seines Todes Mut aufbringen kann. Ich berührte seine Wangen, die noch Zeichen von Menschlichkeit trugen. Seine Augen hingegen waren Zeugen von der düsteren Welt, in der seine Seele gefangen war. Er war so schön. Sein Gesicht war wie das eines unschuldigen Lehrlings, der den Versuchungen der Welt bisher widerstehen konnte. Der noch nie mit Alkohol oder Drogen in Berührung gekommen war. Sein totes Herz war so rein, dass es einen blenden konnte. Was war die Quelle seiner Schönheit? Ich vermag es nicht zu sagen. Er hatte nicht das Aussehen eines Jungen, der von Posterwänden strahlte. Er war so viel mehr. Und er gehörte mir. Ich wollte ihn langsam auslöschen, ohne Eile und Hast. Einzig die Gier müsste ich im Zaum halten. Ich wollte jede Sekunde genießen.
      Ich erklärte Jakob, dass meine beiden Freunde Elias sicher nachhause geleiten würden. Er schien mir nicht zu glauben. Das spielte keine Rolle mehr. Er sah mich mit einer Mischung aus Hass und letzter Hoffnung an.
     
    *
     
    Ich spürte seine rechte Hand auf meiner Wange.
      „Wenn du deine Angst besiegst, wird es weniger schmerzhaft für dich“, sagte Adrian.
      „Ich will nur, dass du Elias freilässt und ihn gehen lässt. Er hat ein gutes, langes Leben verdient“, flüsterte ich.
      „Komm“, hauchte Adrian mir ins Ohr. „Wir beenden es.“
      „Aber… Elias…“, protestierte ich.
      „Schscht.“
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