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Der zweite Kuss des Judas.

Der zweite Kuss des Judas.

Titel: Der zweite Kuss des Judas.
Autoren: Andrea Camilleri
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den Inhalt des o.g. Geldschranks zu zeigen.

      Während ich die Ermittlungen fortführe, bitte ich Sie, mir baldmöglichst genannte Ermächtigung zukommen zu lassen. In Erwartung eventueller Weisungen.
    Der Polizeikommissar (Ernesto Bellavia)

    STATION DER KÖNIGLICHEN CARABINIERI VIGÀTA
    An Signor Capitano Arturo Carlo Bosisio
    Kommando der Königlichen Carabinieri Montelusa Vigàta, den 22. März 1890
    Betreff: Vertraulicher Bericht Tgb.-Nr. (nicht eingetragen)

      Signor Capitano, ich wurde heute Morgen bei Tagesanbruch geweckt, weil aus im Folgenden dargelegten Gründen mein unverzügliches Einschreiten erforderlich war.

    In der Familie des Bauern Calogero Giacomazzo, wohnhaft in der Ortschaft Ravanusella, war ein heftiger Streit entbrannt, weil seine Frau, Santina Borgini, ihn aus im Folgenden dargelegten Grund gescholten hatte. Während der Aufführung des Passionsspiels war ein Bund Brokkoli verloren gegange n, den es zum Abendessen hätte geben sollen (die Giacomazzos haben fünf kleine Kinder).

      Der Streit dauerte die ganze Nacht und entlud sich bei Tagesanbruch im Werfen von Hausrat, in Todesdrohungen und Ähnlichem unter dem Geschrei und den Tränen der verängstigten Kinder.
      Ich stellte mühsam den Familienfrieden wieder her und sorgte aus eigener Tasche dafür, dass ein neuer Bund Brokkoli gekauft werden konnte, und so war der Tag schon fortgeschritten, als ich zurückkehrte und von der Piazza Grande, in die ich gerade einbog, erregte Stimmen in heftigem Streit hörte. Ich blieb an der Ecke stehen, reckte meinen Kopf vor und sah Folgendes: Der Commissario, Ernesto Bellavia, befand sich, aus im Folgenden dargelegten Grund, in einem hitzigen Wortwechsel mit Marchese Curtò di Baucina.

      Der Commissario hatte den Zimmermann angewiesen, die Bühne, die zur Aufführung des Passionsspiels gedient hatte, nicht abzubauen, während der Marchese (offensichtlich wegen des Vorfalls in der Privatkapelle vom vorherigen Tage noch immer aufgebracht) die unverzügliche Demontage verlangte.

      Neben dem Commissario stand eine Signora, die anscheinend ebenfalls sehr erregt war, wobei ich zuerst nicht wusste, um wen es sich handelte.
      Als sich der Commissario mit der Signora entfernte, beschloss ich, ihnen diskret zu folgen. Und sehr bald entdeckte ich Folgendes.
      Es handelte sich um Signora Mangiafico Elisabetta, verheiratet mit Antonio Patò, dem Direktor der hiesigen Filiale der Banca di Trinacria.
    Der Commissario begleitete die Signora bis ins Haus hinein,
    kam dann sofort wieder heraus und begab sich in größter Eile zur Wohnung des Buchhalters Vitantonio Tortorici, des Hauptkassierers selbiger Bank. Dort hielt er sich einige Zeit auf und kam dann mit Tortorici wieder heraus; dieser schloss den Eingang der Filiale auf, und beide betraten die Bank.

      Eine ganze Weile blieben sie darin, dann verließen sie die Bank wieder, und der Commissario ging ins Kommissariat und Tortorici kehrte nach Hause zurück. Da entschloss ich mich, mit dem Zimmermann zu sprechen, der mir Folgendes berichtete. Der Commissario habe die Unterbühne und die sich darin befindliche Treppe eingehend inspiziert, allerdings ohne etwas Interessantes zu finden und ohne den Gegenstand seiner Suche näher zu erläutern.

      Daher habe ich mir Folgendes gedacht. Patò muss etwas Merkwürdiges zugestoßen sein. Ist es etwas, was ihn persönlich betrifft, oder hat es vielleicht mit seiner Funktion als Direktor der Filiale der Banca di Trinacriazu tun?
      Sollen wir das alles der Polizei überlassen? In Erwartung Ihrer Anordnungen.
    Der Maresciallo der Kgl. Carabinieri (Paolo Giummàro)

    STATION DER KÖNIGLICHEN CARABINIERI VIGÀTA
    An Signor Capitano Arturo Carlo Bosisio
    Kommando der Königlichen Carabinieri Montelusa Vigàta, den 22. März 1890
    Betreff: Vertrauliche Mitteilung Tgb.-Nr. (nicht eingetragen)

    Signor Capitano, ich beziehe mich auf den vertraulichen Bericht, der mir heute Morgen geschickt wurde, um Sie über Folgendes zu informieren.
      Im Nu hat sich in ganz Vigàta herumgesprochen, dass Antonio Patò seit gestern Nachmittag, und zwar seit er in die Unterbühne gestürzt ist, weder als Judas noch als Filialdirektor wieder aufgetaucht ist.
      Jetzt wissen wir den Grund für das geschäftige Hin und Her des Commissario!
      Ich habe festgestellt, dass sich kleine Ansammlungen von Bürgern auf der Piazza Grande vor der Bühne gebildet haben, die noch immer steht und von einem Polizeibeamten
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