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Der zögernde Schwertkämpfer

Der zögernde Schwertkämpfer

Titel: Der zögernde Schwertkämpfer
Autoren: Dave Duncan
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Eichenbänken. Honakura hatte sich auf einer davon niedergelassen, mit baumelnden Füßen und um Luft ringend, während er überlegte, ob er vielleicht irgendeine winzige Kleinigkeit übersehen hatte.
    Fingerknöchel pochten gegen die Tür, ein vertrautes Gesicht spähte herein und blinzelte ihn an. Er seufzte und erhob sich, als sein Neffe Dinartura eintrat, die Tür hinter sich schloß und vortrat, um einen Höhergestellten mit formvollendeter Ehrerbietung zu grüßen.
    »Ich bin Dinartura«, rechte Hand aufs Herz, »Heilkundiger der Dritten Stufe«, linke Hand an die Stirn, »und es ist mein zutiefst empfundener bescheidener Wunsch«, Handflächen in Höhe der Taille aneinandergelegt, »Daß die Göttin Selbst«, Wellenbewegung mit der rechten Hand, »sich in der Lage sieht, Euch ein langes und glückliches Leben zu gewähren«, Augenschlag nach oben, Hände an die Seiten gelegt, »und Euch zu veranlassen, meine unterwürfigen und freudig dargebrachten Dienste anzunehmen«, Blick gesenkt, »auf welche Weise auch immer ich Euren edlen Zwecken zunutze sein kann«, Hände vors Gesicht geschlagen, Verneigung.
    Honakura antwortete mit der gleichermaßen blumenreichen Erwiderung, dann bedeutete er ihm mit einer Handbewegung, auf der anderen Bank Platz zu nehmen.
    »Wie geht es Eurer lieben Mutter?« fragte er.
    Dinartura war ein junger Mann mit gebückter Haltung, schütterem hellbraunen Haar und dem Ansatz eines Faßbauches. Vor gar nicht langer Zeit hatte er den Kilt der Jugend gegen das ärmellose Gewand der mittleren Jahrgänge eingetauscht, eine Baumwollrobe in dem Braun, das seinem Rang entsprach, und er neigte jetzt dazu, sich die Dinge sehr dicht unter die Nase zu halten, wenn er sie sehen wollte. Er war das jüngste Kind von Honakuras Schwester, und nach Honakuras Ansicht ein unverzeihlich nüchterner Langweiler von anödender Zuverlässigkeit.
    Nachdem die Formalitäten mit gebührender Hingabe erledigt waren, sagte Honakura: »Und wie geht es dem Patienten?« Er lächelte, aber er wartete ungeduldig auf eine Antwort.
    »Als ich ihn verließ, war er immer noch weggetreten.« Dinartura nahm sich aufgrund seiner Neffenschaft die Freiheit der lockeren Rede. »Er hat ein solches Riesending von einer Beule, aber allem Anschein nach keine tödlichen Verletzungen. Augen und Ohren sind in Ordnung. Ich rechne damit, daß er bald aufwachen und in einem oder zwei Tagen wie neu sein wird.«
    Honakura seufzte vor Erleichterung, so daß der Heilkundige hastig hinzufügte: »Sofern Sie es will, versteht sich. Bei Kopfverletzungen weiß man nie. Wenn ich Euch nicht so gut kennen würde, mein Lord Onkel, würde ich mich mit mehr Vorsicht äußern.«
    »Wir müssen also Geduld haben. Zwei Tage, meint Ihr?«
    »Sagen wir sicherheitshalber drei«, erwiderte der Heilkundige. »Falls Ihr irgendwelche anstrengenden Übungen mit ihm vorhabt«, ergänzte er mit untypischem Scharfsinn. »Wenn Ihr ihn fesseln wollt, dürfte dann der richtige Zeitpunkt gekommen sein, denke ich.« Nach einer Weile sagte er: »Und dürfte ich vielleicht erfahren, was das Ganze soll? Es sind viele Gerüchte im Umlauf, doch nicht eins davon erscheint glaubhaft.«
    Honakura schmunzelte und sabberte dabei ein wenig. »Sucht Euch das am wenigsten glaubhafte aus, dann werdet Ihr der Wahrheit am nächsten kommen. Also, es bleibt unter uns?«
    »Natürlich, mein Lord.«
    Honakura lächelte bei der Erinnerung vor sich hin. »Euer Patient ist einer von fünf jungen Männern, die heute im Tempel verletzt wurden.«
    »Fünf!« Dinartura musterte seinen Onkel abschätzend aus der Nähe, um zu sehen, ob er es ernst meinte.
    Einen Moment lang überlegte sich Honakura, wieviel Kraft er wohl während des Tages aufgewandt hatte. Er hatte nicht mehr viel Reserven, die er mobilisieren konnte, er hatte seine Rücklagen aufgebraucht. »Das ist sehr traurig. Ihr stimmt mir doch sicher zu? Alle lagen flach auf dem Boden, mit Leintüchern bedeckt, ohne sich zu rühren oder zu sprechen. Alle wurden eilends an sichere Orte gebracht – auf Bahren, in Sänften, in Karren. In einigen Fällen wurden die Bahren sogar von Priestern getragen! Mindestens zweiundzwanzig Heilkundige schwirrten umher, sowie einige Dutzend andere Menschen. Ein paar von den Opfern wurden gleich vom Tempelgelände gebracht, in die Stadt, doch andere wurden von einem Raum zum anderen verfrachtet, durch eine Tür nach der anderen … Es gibt acht oder neun Krankenzimmer wie jenes« – er deutete mit einer
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