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Der Zimmerspringbrunnen

Der Zimmerspringbrunnen

Titel: Der Zimmerspringbrunnen
Autoren: Jens Sparschuh
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Nachfolgend zwei Protokollbucheintragungen, aus denen meine langanhaltende Beschäftigung mit diesen Grundfragen ersichtlich wird:
    »Die Arbeit, höre ich, habe den Menschen geformt. Meinetwegen. Wäre es da nicht aber an der Zeit, sich einmal – auch sehr kritisch!  – mit der Arbeit auseinanderzusetzen?«
    Ein Gedanke, der später, und zwar im Oktober d.   J., weiter präzisiert wird:
    »Las heute abend, nach toller 12-Stunden-Tour, um ein bißchen den Kopf freizubekommen, seit langem wieder einmal in Engels’ Schrift ›Anteil der Arbeit an der Menschwerdung des Affen‹. (Sie hatte mir schon beim Lehrgang ausgezeichnet gefallen!) Alles sehr richtig. Nur, die Sache muß m.   E. genau andersherum aufgerollt werden. Mein Vorschlag, vor allem im Hinblick auf notwendige Aktualisierung, nun dahingehend: Kurze Ergänzungsschrift (etwa 15 Seiten, auf gar keinen Fall länger) unter dem Titel ›Anteil der Arbeit an der Affenwerdung des Menschen‹ (hier z.   B. Strüvers ständiges ›Ich mach mich für die Firma zum Affen‹ u.   ä. als Stichwort miteinzubasteln). Auch die Absätze, die Engels dem Thema Arbeit – Sprache – Denken widmet, müssen neu und in aller Ruhe durchdacht werden.
    Keine Revision des Marxismus, aber schrittweise Modernisierung. – Daran hat es immer gefehlt!«
    Das alles hätte sicher eine reizvolle Beschäftigung abgeben können (und die Versuchung war nicht klein), doch ich wollte und durfte mich jetzt nicht in welthistorischem Kleinkram verlieren. Auf der Tagesordnung stand einzig und allein: Julia!
    Also wiederholte ich mit Freitag noch einmal die Übungen vom Vormittag. Dann gab es eine längere Mittagspause.
    Eintrag ins Protokollbuch: »Lieber Gott … – ist das ein Briefanfang? Ich habe schon wieder das Adreßbuch verlegt. Auch meine Lesebrille. Ich muß überhaupt noch Weihnachtskarten schreiben. – Muß ich das überhaupt?
    P.   S.: Die Lesebrille glücklich wiederaufgefunden. Sie steckte zwischen den Büchern. Das könnte naheliegenderweise ihr Stammplatz werden. (Dinge, die man immer sucht, müssen einen Stammplatz haben!!!)«
    Im Vorabendprogramm sah ich mir mit Freitag noch gezielt eine Sendung zum Thema »Können Tiere denken?« an. Ganz schlüssig war man sich wohl auch im Fernsehen nicht zu dieser Frage.
    »Nicht wahr, Freitag, unser Frauchen soll wieder bei uns sein?«
    Letzter Eintrag ins Protokollbuch: »Befriedigte mich heute ziemlich unbefriedigend selbst. – Müder, später Zapfenstreich.«
    (In dieser Nacht träumte ich von einem Seebegräbnis, bei dem es wegen fehlender Badekappe zu Schwierigkeiten kam, so daß improvisiert werden mußte.)

    23. Dezember (der Vorabend!).
    Lichtblick: Julia hatte bislang nicht abgesagt! (Sie hatte sich allerdings überhaupt noch nicht gemeldet.) Ich beschloß trotzdem und deswegen, einen Kaninchenbraten zu besorgen. Am liebsten hätte ich Freitag losgeschickt, damit das Telefon nicht unbesetzt blieb. Dann entschied ich mich für einen Kompromiß: Ich legte den Hörer neben den Apparat – so wußte Julia, daß wir zu Hause sind – und rasch ging ich mit Freitag die Einkäufe erledigen.
    Bei dieser Gelegenheit auch Kontrolle des Postkastens. Er war leer. Meine Entscheidung vom Vortage hinsichtlich der Weihnachtskarten war also absolut die richtige gewesen.
    Die Wiederaufnahme der Übungen mit Freitag erfolgte am späten Vormittag. Ein paar grundsätzliche Dinge hatte er wahrscheinlich begriffen. Wunder konnte man nicht erwarten. Gegen 14 Uhr stellte ich dann das Training generell ein.
    Ausschlaggebend für diese Entscheidung war sicher auch, daß insbesondere die Hausschuhnummer sich allmählich für uns beide, aber vor allem für mich, zur Belastung entwickelt hatte. Sobald Freitag nämlich meines Hausschuhes habhaft wurde, trug er ihn als Siegtrophäe davon. An eine freiwillige Herausgabe war nicht zu denken. Auch geduldiges Zureden half da nicht. Wenn ich ihn aber ultimativ aufforderte, den Hausschuh wieder herauszurücken, knurrte er mich nur feindselig an.
    Ich verzichtete schlußendlich auf die Rückgabe, zumal mir über den Verbleib des anderen Hausschuhs nichts Näheres bekannt war. Allerdings war zu vermuten, daß dieser seitens des Hundes in eines der Vorratslager verbracht worden war, die er in letzter Zeit an verschiedenen Orten der Wohnung für denkbare Notsituationen angelegt hatte.
    Zwar machte ich, auch zur Aufrechterhaltung der Ordnung, mit der Taschenlampe an relevanten Ecken (unter dem Sofa,
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