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Der Zeitsprung

Der Zeitsprung

Titel: Der Zeitsprung
Autoren: Inka Loreen Minden
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Katzen wühlten im Abfall und fauchten die Gestalt vor ihm an. Diese ließ sich davon nicht beeindrucken, sondern ging schnellen Schrittes weiter, Kopf und Schultern gesenkt.
    Was, wenn das eine Falle war und der Kerl verfolgt werden wollte?
    Nein, ich ziehe das jetzt durch! Diesmal würde ihn seine Angst nicht von seinem Vorhaben abbringen und irgendwie machte dieser Mann, o der was auch immer das war, keinen bedrohlichen Eindruck auf ihn, sondern eher einen unglückliche n.
    Mittlerweile schmerzte seine Hand, die den Kerzenständer hielt. Welch lächerliche Waffe. Falls es sich bei dem Unbekannten um einen Dämon handelte, konnte David gegen ihn schwer etwas ausrichten. Hätte er doch seine wenigen magischen Fähigkeiten besser im Griff! Aber was konnte er schon Großartiges, außer ein wenig Licht hexen oder einen einfachen Suchzauber anwenden – nützlich, wenn er seinen Lieblingsstift verlegte. Das war nichts, womit er sich verteidigen konnte.
    Abrupt hielt er an, als die Gestalt vor den Toren einer Kirche stehen blieb. Das Gotteshaus sah nicht besser aus als die anderen Gebäude dieses Viertels: verlassen und heruntergekommen. Ein Flügel der Doppeltür hing halb aus den Angeln, Putz war abgebröckelt, zwei Fenster zerbrochen.
    Der Fremde schlüpfte hinein und war aus Davids Sichtfeld verschwunden. Er kannte die Kirche nicht. Seine Familie war nie in die Kirche gegangen, nur mit Mutter hatte er einmal einen Gottesdienst besucht. Vater und Granny glaubten nicht an Gott. Die Kirche vertrat andere Ansichten. Ihrer Meinung nach war Magie das Werk des Teufels, weshalb sich alle innerhalb der Magiergilde in der Öffentlichkeit zurückhielten und ein normales Leben führten. Immerhin lagen die Hexenverbrennungen noch nicht ewig zurück.
    Vater hatte jedoch geglaubt, Magie wäre Wissenschaft, Wissenschaft war Fortschritt und Fortschritt konnte nichts Schlimmes sein.
    David war nie auf di e geheimen Tr effen gegangen. Er war ohnehin nicht wirklich einer von ihnen. Granny hingegen schon. Sie hatte ihn auf dem Laufenden gehalten. Aber seit ein paar Monaten besuchte sie die Versammlungen nicht mehr. David befürchtete, sie würde nicht mehr lange leben.
    Und was war dann? Er wäre allein.
    Er wartet dort drin auf dich, um dich zu töten … , spukte es durch sein Gehirn. David sah die aufgerissenen, toten Augen seiner Eltern. Er erblickte sie oft, wenn er die Lider schloss. Wie damals fürchtete er auch jetzt nicht den Tod als solches, sondern einen schmerzhaften Tod. Hoffentlich ging es schnell.
    Er war ein Jammerlappen … Es wäre nichts verloren, wenn sein Leben heute ein Ende nahm. Außer Granny würde ihn niemand vermissen.
    David gab sich einen Ruck und folgte dem Wesen in das düstere Gebäude. Innen war es dunkel und totenstill. Seine Augen brauchten eine Weile, um sich an die Finsternis zu gewöhnen. Die Morgendämmerung drang durch die kaputten Scheiben und offenbarte umgekippte Holzbänke und Unmengen an Staub. Hier gab es nichts, wo sich jemand verstecken konnte. Offensichtlich war alles von Wert entwendet worden.
    Deutlich erkannte er eine Spur im Staub. Sie führte zwischen den umgestürzten Bänken hindurch zu einer abgenutzten Holztreppe.
    Er ist dort oben. Im Glockenturm …
    David biss die Zähne zusammen. Das Klappern machte ihn nervöser, als er ohnehin war. Ein Schweißtropfen lief ihm ins Auge, die Kleidung klebte ihm am Körper. Noch konnte er fliehen.
    Nein, verdammt, er würde das durchziehen! Nur stellte er sich dämlicher an als die Figuren in seinen Büchern. Die liefen nicht geradewegs in einen Hinterhalt. Nicht absichtlich zumindest. Er schon.
    Welcher normale Mensch schlich sich nachts durch das Haus eines ehrbaren Bürgers, verschwand durchs Fenster und irrte dann durch halb London, um in eine halb verfallene Kirche zu gehen? Zum Beten war der Kerl sicher nicht hier.
    Ob David warten sollte, bis es heller wurde? Seine Beine waren ohnehin festgewurzelt. Draußen begann ein neuer Tag, immer mehr Licht fiel durch die Fenster. Von oben drang weiterhin kein Laut zu ihm herunter.
    Worauf wartete er?
    Diese Stille zerrte an seinen Nerven. Mühsam setzte er sich in Bewegung und steuerte auf den baufällig wirkenden Treppenaufgang zu. Es kostete ihn große Anstrengung, nach oben zu gehen. Seine Knie waren so weich wie Mus und drohten einzuknicken. Der Aufstieg kam ihm ewig vor. Wie hoch war der Turm? Die Kirche hatte keinen so großen Eindruck gemacht.
    Nach endlosen Minuten erreichte er eine
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