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Der Zeitspieler

Der Zeitspieler

Titel: Der Zeitspieler
Autoren: A. E. van Vogt
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den Knopf. Es würde gar nicht so einfach sein. Kalter Schweiß rann ihm über den Rücken.
    »Ziehen Sie schon!« befahl das Mädchen heftig.
    Er zerrte mit angespannten Muskeln. Er spürte, wie der Knopf einen Millimeter etwa nachgab. »Geschafft!« keuchte er.
    Das Mädchen langte an ihm vorbei. »Schnell, legen Sie die Hand auf die Stange!« Noch während sie sprach, schob sie seine darauf und ihre daneben. Er umklammerte das kalte Metall.
    Der kugelförmige Teil des Geräts vor seinem Gesicht begann zu glühen. Sein Körper prickelte. Plötzlich lag er auf dem harten, glatten Boden in einer Halle.
     

 
3.
     
    Cargill sah nicht gleich nach dem Mädchen. Vorsichtig stand er auf und rückte seine Hand an die Schläfe. Es war eine rein instinktive Geste, denn er verspürte weder Kopfschmerzen noch Gleichgewichtsstörungen. Weshalb er sie unbewußt erwartet hatte, wußte er selbst nicht. Forschend sah er sich in der Halle um. Sie war noch größer und höher, als er beim ersten Blick angenommen hatte. Wände, Decke und Boden waren aus Marmor, und das einzige Mobiliar bestand aus ein paar Sitzbänken. Cargill hielt es für eine Art Warteraum. An zwei gegenüberliegenden Wänden führte je eine offene Bogentür auf einen weiten Korridor hinaus. Durch das Fenster – der Raum hatte nur eines – konnte er Buschwerk sehen. Er starrte so gebannt hinaus, daß ihm erst nach einer Weile das ironische Lächeln bewußt wurde, mit dem das Mädchen ihn beobachtete. Er drehte sich ihr zu. »Können Sie nicht verstehen, daß ich neugierig bin?« fragte er ein wenig aufgebracht.
    »Schauen Sie sich nur um«, forderte sie ihn auf. Plötzlich kicherte sie. »Aber Sie sehen so komisch aus!«
    Er bedachte sie mit einem wütenden Blick. Er nahm an, daß sie ledig war. Verheiratete Frauen waren gewöhnlich ein wenig gesetzter und machten sich nicht über die Hilflosigkeit anderer lustig. Außerdem riskierten sie nicht ihr Leben in irgendeiner Widerstandsgruppe und befreiten keine fremden Männer.
    Diese logische Überlegung tat ihm gut. Sie half ihm, seine innere Verkrampfung zu lösen. Jetzt erst, obwohl er doch schon eine ganze Weile aus dem seltsamen Doppelapartmentgefängnis heraus war, dachte er: Ich befinde mich in der Zukunft – und nicht mehr eingesperrt wie zuvor! Er hatte ein plötzliches, übermächtiges Verlangen danach, alles zu sehen, alles kennenzulernen, was er nur konnte, ehe man ihn in das zwanzigste Jahrhundert zurückbeförderte. Eine ungeheure Aufregung und Unternehmungslust erfüllten ihn. Er wollte auf das Fenster zueilen, um mehr zu sehen, da erinnerte er sich des Kicherns und der Worte des Mädchens: »Sie sehen so komisch aus!«
    Er blickte an sich hinunter. Von einem turnhosenähnlichen Kleidungsstück abgesehen, war er nackt. Nun, seine Kleidung war nicht gerade anstößig, aber Cargill fühlte sich, als hätte man ihn bei etwas sehr Peinlichem ertappt. Seine Beine waren zwar lang und kräftig, aber sie wirkten irgendwie zu dünn. Eine besonders gute Figur hatte er in einer Badehose noch nie gemacht, glaubte er zumindest. Gereizt sagte er: »Sie hätten mir ruhig ein wenig mehr zum Anziehen besorgen können. Es wird ziemlich kühl.«
    Das wurde es wirklich. Durch das Fenster bemerkte er, daß es auch dunkler wurde. Wenn er sich noch in Kalifornien befand, dann machte sich draußen jetzt wahrscheinlich der frühe Abendwind bemerkbar. Selbst im heißesten Sommer brachte er Abkühlung.
    »Einer der Männer wird Ihnen schon etwas bringen«, erklärte Ann Reece ungerührt. »Sie sollen von hier weg, sobald es dunkel ist.«
    »Oh!« brummte Cargill. Er schüttelte den Kopf, als könnte er dadurch seine Benommenheit vertreiben. Die ganzen Minuten hatte er eigentlich nur versucht, sich mit seiner näheren Umgebung anzufreunden. Dabei gäbe es bestimmt viel Wichtigeres, mit dem er sich befassen sollte. Seine innere Unruhe rührte von mehreren bedeutenden Umständen her. Er befand sich in dieser fernen Zukunft, weil die sogenannte Interzeitgesellschaft für psychische Wiederherstellung ihn zur Heilung einer ihrer Patientinnen brauchte. Die Moral dahinter war Cargill unklar, aber allein daran zu denken, versetzte ihn in Wut. Was waren das für merkwürdige Heilmethoden, jemanden umzubringen, um die angeschlagenen Nerven eines anderen zu beruhigen? Er schluckte seinen Grimm hinunter. Im Augenblick befand er sich ja nicht in Gefahr. Und die seltsame Gruppe, die ihn befreit hatte und ihn heute abend irgendwohin bringen
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