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Der Wunschzettelzauber

Der Wunschzettelzauber

Titel: Der Wunschzettelzauber
Autoren: Muriel Zagha
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Sonnenaufgang waren Form und Farbe jedes Mal, wenn sie nach einer kurzen Schlafphase wieder aufwachte, deutlicher geworden.
    Und es war ein wunderbarer Moment, als Nicolas auch an diesem Morgen die Frage stellte, die er seit Monaten jeden Morgen gestellt hatte, seitdem er die große Neuigkeit erfahren hatte, und sie ihm antworten konnte, dass heute, ja heute endlich der Tag gekommen war, an dem Charlie und sie heiraten würden.
    Gegen acht Uhr erschien ihre Mutter, nervös und überglücklich in einem teerosenfarbenen Kleid und einem Hut mit breiter Krempe, und bald darauf auch Kaja, Megan und Sally, die drei leicht voneinander abweichende Versionen des gleichen, von Mad-Maddox inspirierten, tief ausgeschnittenen, langen Kleides trugen, die Kaja aus café-crème -farbener Seide geschneidert hatte.
    Sally trug ein breites, flaches, in braunem Packpapier eingewickeltes Paket – ein Bild. Es war Charlies Hochzeitsgeschenk für Chloe, das er an diesem Morgen abgeliefert hatte. Dieses Päckchen durfte erst geöffnet werden, wenn Chloe fertig und bereit war. Während ihr Haar frisiert und ihr Make-up aufgetragen wurde, warf Chloe verstohlen Seitenblicke darauf und konnte es kaum abwarten zu sehen, was er für sie gemalt hatte.
    Endlich war sie angekleidet und mehr als bereit. Sie sah sich suchend nach Nicolas um, der anbetungswürdig und sehr feierlich in einem hellen Leinenhemd, kurzer Hose und Kummerbund, den Kaja speziell für diesen Anlass genäht hatte, abwartend an der Tür stand. Sie forderte ihn auf, das Paket zu öffnen.
    Es war keines von Charlies abstrakten Schwarz-Weiß-Gemälden und auch kein geheimnisvolles, symbolisches Traumbild wie »Das Bett« . Es war ein in fröhlichen, kräftigen Pinselstrichen auf satten Farbschichten gemaltes Porträt von vier Menschen, die zusammen auf einer Gartenbank saßen – sie selbst, Charlie, Nicolas und Katie. Die kleine familiäre Gruppe saß abseits der Mitte, und der größte Teil des Bildes wurde von einem großen Baum beherrscht. Oben in seiner Krone war teilweise ein Baumhaus zu sehen. Auf dem Gras darunter stand Katies Pappmaché-Rakete mit einladend offen stehender Tür, ansonsten startbereit.
    Â»Ach, Süße«, hauchte Megan. »Das ist ja fantastisch.«
    Â»Schau doch nur, Mummy!«, schrie Nicolas und deutete auf die zwei kleinen rot-goldenen Gegenstände, die er und Katie in ihren Händen hielten – Chloes » chinesische Pässe« .
    Â»Vorsicht, Wimperntusche, Daaling!«, rief Kaja warnend.
    Die Ankunft von Chloes Vater war für ihre Mutter und ihre drei Freundinnen das Signal, zu verschwinden und sich zu den übrigen Gästen zu gesellen. Kurz darauf wanderte Chloe am Arm ihres Vaters, Nicolas an der anderen Hand, von ihrem Haus durch die Straßen zu Charlies Haus.
    An der Türschwelle wartete James mit einer höchst aufgeregten Katie, deren Röckchen zu Nicolas’ Kleidung passte. Chloe gab ihrem Vater und ihrem Bruder einen Kuss und ließ sie dann in den Garten vorausgehen. Sie selbst blieb mit den Kindern abwartend in der Diele stehen und zählte langsam bis zehn. Dann begannen sie, durchs Haus zu schreiten, wobei sie sich an den Händen hielten.
    In Charlies Wohnzimmer blieben sie vor den zum Garten geöffneten Terrassentüren wieder stehen und warteten auf James’ Zeichen. Die Gäste waren alle draußen im Garten und nahmen Platz. Katies Trampolin hatte man in eine Ecke des Rasens gerückt, um Platz für die Zeremonie zu schaffen. Chloe sehnte sich danach, Charlie zu sehen, war aber zu nervös, um wirklich hinauszuspähen. Vielleicht wären ihr die Tränen gekommen. Lieber noch einen Moment warten.
    Die Zeit schien sich zur Zeitlupe zu verlangsamen, wie es in solchen Momenten oft geschah, und Chloes Blick glitt über Charlies Schallplattenhüllen an der Wand, über das Poster von Brancusis auffliegendem Vogel, über Katies Pappmaché-Rakete, die bereit schien, in den unendlichen Raum zu schießen.
    Â»Jetzt, Mummy!«, rief Nicolas, als er James’ aufforderndes Winken sah, und schaute lächelnd zu seiner Mutter auf. Seine Ähnlichkeit mit Antoine war verblüffend, aber – ja – er war eine eigene kleine Person. Chloe erwiderte sein Lächeln. Jetzt liefen ihr die Tränen über die Wangen. Ach, sollten sie nur laufen.
    Wie schwerelos stand sie in der Tür und
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