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Der Wüstendoktor

Der Wüstendoktor

Titel: Der Wüstendoktor
Autoren: Heinz G. Konsalik
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und gepafft – das hält kein Herz aus. Aber wenn die Chirurgen die Sache mit den Herzverpflanzungen im Griff haben, schenke ich dem Barnard 'n Grundstück auf Rhodos und lasse mir 'ne neue Pumpe einsetzen. Bis dahin prost!«
    Um ihn herum standen in originalen englischen Mahagoniregalen einige tausend Bücher. Hochgestapelt bis zur geschnitzten Decke. Davor Lesetischchen mit Lämpchen, eine fahrbare Leiter, damit man auch an die oberen Reihen herankam. Die Leder- und Leinenrücken gaben ein bunt gemischtes Bild, an dem Bruno sich täglich erfreute. Gelesen hatte er von den Büchern nicht ein einziges – er hatte die Bibliothek samt Ausstattung in London bei einem Auktionator gekauft, nach München bringen und bei sich einbauen lassen. »Flugpläne, Bankauszüge und Kurszettel muß man lesen können«, war Brunos Ansicht. »Wer das beherrscht, kann die Literatur unterstützen wie ich!«
    Und das war kein billiges Wort: Bruno Hellersen kaufte jedes Jahr für zweitausend Mark neue Bücher und stiftete sie dem Basar seiner Kirche. Dort wurden sie in einem fröhlichen Zusammensein verkauft, und der Erlös floß in die Gemeindekasse. So gerechnet, hatte Bruno bereits einen halben Kirchturm gestiftet.
    »Sie essen nicht gerade?« fragte Hellersen noch einmal.
    »Nein. Ich bin gerade aus der Klinik gekommen.«
    Die Stimme am anderen Ende der Leitung war hell und forsch. Befehlsgewohnt. Widerspruch wegschiebend. Endgültigkeit lag im Ton. Eine Chefarztstimme.
    »Ich hätte da nur eine Frage, mein lieber Dr. Zemmitz«, sagte Bruno Hellersen und zog wieder an seiner Zigarre.
    »Sie rauchen wieder«, unterbrach ihn Zemmitz tadelnd. »Ich höre es! Ja, ich rieche es durchs Telefon. Sumatra …«
    »Irrtum! Eine echte Havanna. Goldgelb.« Bruno lachte.
    »Ich habe es Ihnen verboten. Sie sind unvernünftig –«
    »Wer ist Dr. Vandura?«
    Am anderen Ende der Leitung war es plötzlich still. Hellersen schüttelte den Kopf und klopfte gegen die Sprechmuschel.
    »Hallo!« rief er. »Sind Sie noch da, Doktor?«
    »Natürlich.«
    »Sie sagen ja gar nichts?«
    »Wie kommen Sie zu Dr. Vandura?«
    »Ich nicht. Katja –«
    »Ist Ihre Gattin krank?«
    »Das weiß ich eben nicht. Dieser Vandura hat mich zu sich bestellt.«
    »Sie?«
    »Wegen Katja. Vorhin sagte sie es mir. Ich habe sie erst ganz dumm angeguckt, aber dann dachte ich mir, rufst du doch Dr. Zemmitz an, was er davon hält.« Bruno Hellersen wischte sich mit einem großen Taschentuch die Schweißperlen von der Glatze. Jetzt am Abend staute sich die heiße Luft in den Räumen … es war im Hause wärmer als im Garten. »Ist es eigentlich üblich, daß ein Arzt den Ehemann kommen läßt, nachdem er die Frau untersucht hat?«
    »Nur in Ausnahmefällen …«, sagte Dr. Zemmitz zurückhaltend und vorsichtig.
    »Was ist ein Ausnahmefall?«
    »Das ist schwierig zu sagen.«
    »Doktor, reden wir nicht herum. Ich bin hart im Nehmen, das wissen Sie. Ist ein Ausnahmefall, wenn jemand Krebs hat?«
    »Hellersen, denken Sie nicht gleich an so etwas!« Bruno sah Zemmitz förmlich vor sich, wie er sich am Telefon wand und nach vorsichtigen Formulierungen suchte. Diese Ärzte, dachte Bruno verächtlich. Benehmen sich, als ob sie sechs Semester Medizin und sechs Semester Wortakrobatik studieren. Mit mir kann man doch klar sprechen! Ich bin doch nicht aus Zuckerguß.
    »Wenn mich dieser Vandura sprechen will, hat Katja eine Krankheit, die ich wissen muß … kann man es so formulieren?«
    »Ja …«, antwortete Dr. Zemmitz ergeben. »Aber ich würde mir noch keine Sorgen machen. Außerdem wissen Sie, daß ich mit meiner Klinik immer für Sie da bin. Es ist immer ein Bett für Katja frei.«
    »Danke, Doktor.« Bruno legte die Zigarre weg, sie schmeckte plötzlich wie russischer Machorka, und daran wollte Bruno nicht mehr erinnert werden. »Aber meine erste Frage: Wer ist dieser Vandura?«
    »Ein guter Arzt –«
    »Das klingt, als wenn einer Butter bestellt und Margarine bekommt. Sie kennen ihn?«
    »Flüchtig.« Dr. Zemmitz erinnerte sich an eine Führung durch das Labor Dr. Vanduras. Er war einer Einladung der Ärztekammer gefolgt und hatte sich angehört, was Vandura erklärte. Es war zu phantastisch, um ernst genommen zu werden. Die anderen Kollegen waren zu höflich, um ihre Meinung zu äußern, sie lächelten nur mokant. Er aber, Dr. Zemmitz, Chefarzt der ›Wald-Klinik‹, hatte gesagt: »Lieber Kollege, das wollen Sie doch nicht als neue Behandlungsmethode in die Praxis einführen?! Sollen
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