Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Der Wüstendoktor

Der Wüstendoktor

Titel: Der Wüstendoktor
Autoren: Heinz G. Konsalik
Vom Netzwerk:
…«
    »Auch das schaffen wir!« Vandura stülpte sich den Kopfhörer wieder über. Auf englisch, der Fliegersprache, meldete er sich im Mikrophon. »Hier spricht Vandura«, sagte er langsam und klar. »Ich habe die Maschine übernommen. Wir fliegen auf Ihrem Leitstrahl nach Kloten. Flughöhe 6.400 Meter. Fluggeschwindigkeit 470 Kilometer. An Bord alles wohlauf. Ruodi Stifter außer Gefahr, Kopilot – wie heißt er?«
    »Stefan Nogfeld.«
    »Stefan Nogfeld ist an Blutplasma angeschlossen.«
    Kloten war eine Sekunde sprachlos. Dann zirpte eine aufgeregte Stimme im Kopfhörer Vanduras.
    »Wer sind Sie? Sind Sie Flieger? Über Schweizer Gebiet werden Sie von vier Jägern der Luftwaffe in Empfang genommen werden. Können Sie einen genauen Lagebericht geben?«
    »Nein!« antwortet Vandura. »Um lange Erklärungen zu geben, ist die Situation zu prekär. Und Ihre vier Jäger nützen mir gar nichts, sie können uns weder heil herunterholen, noch können sie die Guerillas einschüchtern. Im Gegenteil. Die Sprache verstehen sie. Frage: Wann können wir über Kloten sein?«
    »In zehn Minuten …«
    »Prost Onkel Emil!« Vandura lachte gequält. »Wenn Sie uns sehen, lassen Sie die Glocken läuten oder Luftalarm geben! Ich werde versuchen, 'runterzukommen –«
    »Er fliegt.« Hinter Vandura begann Yussuf zu hüpfen wie in einem Freudentanz. »Er fliegt wirklich! Wir sind gerettet!« Er riß die Tür auf und stürmte in den Passagierraum. »Hakim-Pascha fliegt die Maschine!« brüllte er in die Menschen hinein, die in ihren Sitzen hockten und jetzt ziemlich apathisch auf die kommenden Minuten warteten. Major Lynns hatte sie beruhigt, und außerdem erkannte jetzt jeder, daß man das Unabwendbare nicht mit Panik verscheuchen kann. »Er fliegt! Er rettet uns! Allah sei Dank.« Er fiel auf die Knie und hob beide Hände.
    Unter die Passagiere fuhr wieder die Unruhe. Alles sprach und rief durcheinander, nur Major Lynns rannte nach vorn ins Cockpit. Als er Vandura in völliger Ruhe auf dem Pilotensitz sah, wischte er sich mit beiden Händen über die Augen.
    »Doktor –« sagte er ergriffen –, »Sie ohrfeigen sich auch noch mit dem Teufel, was?«
    »Ich war Kriegsflieger.« Vandura sah auf die pendelnden, kreisenden Nadeln der Instrumente, die er nicht kannte. Aber da alles in Bewegung war, glaubte er, es sei auch alles in Ordnung. »Ich muß sagen, gegen diese komplizierten Dinger hier war damals das Fliegen wie Rollerfahren.«
    »Aber Sie schaffen es?«
    »Ich will's versuchen. Major … Sie müssen mir jetzt aktiv helfen.« Er sah auf die Uhr, ein Instrument, das er verstand. »In sieben Minuten sind wir über Kloten. Dann geht's los.« Plötzlich sprach er deutsch mit Lynns, denn deutsch verstand Yussuf nicht, von Hasna ganz abgesehen. Er war ein echter Wüstensohn. »Sie verstehen deutsch?«
    »Ja«, antwortete Lynns.
    »Passen Sie auf. Ich habe etwas vor. Wenn Sie merken, daß die Maschine sich senkt, wenn alles durcheinander purzelt, müssen Sie die Guerillas überwältigen und unschädlich machen. Suchen Sie sich ein paar kräftige Männer aus und unterrichten Sie sie. Yussuf wird im Passagierraum sein, Hasna übernimmt Funker Tino. Jetzt darf es keine Panne geben bei Ihnen, hören Sie?! Unser aller Leben hängt an dieser Aktion! Schaffen Sie das?«
    »Ich bin zwar Major a.D. aber kein Trottel«, sagte Lynns pikiert. »Wir werden doch noch ein paar Guerillas festnehmen können! Haben Sie keine Sorge, Doktor – fliegen Sie nur –«
    Die Maschine schwenkte ein. Unter ihnen lag in der Sonne das Schweizer Land. Dörfer, Hügel, Weiden, Felder, Fabriken, Straßenbänder. Erlebte Ferienpostkarten. Ein Frieden voller Sauberkeit.
    Und darüber hinweg brummte ein Flugzeug mit 68 todgeweihten Menschen –
    Yussuf erschien wieder im Cockpit. Nach der Anbetung Allahs war er wieder der mutige Guerilla. Der Entführer des Flugzeuges, der Fänger des Hakim-Pascha. Tausend Dinare hatte Karabasch versprochen, wenn Hakim-Pascha lebend zurückgebracht wurde. Und er kam zurück –
    »Wird es gelingen?« fragte Yussuf. Vandura nickte.
    »Es gelingt.«
    »Dann funke unsere Bedingungen nach Zürich.« Yussuf lehnte sich an die Wand des Cockpits. »Noch seid ihr alle nicht aus dem Grab gesprungen – das Grab ist noch offen, Hakim-Pascha.«
    Unter ihnen lag Zürich-Kloten, der Flughafen, die Betonpisten, die Grasfelder, der Kontrollturm, der Radarspiegel, die Parkplätze der Autos, das Restaurant, die breite Zufahrtsstraße, das Gewimmel von
Vom Netzwerk:

Weitere Kostenlose Bücher