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Der Wohlfahrtskonzern

Der Wohlfahrtskonzern

Titel: Der Wohlfahrtskonzern
Autoren: Frederik Pohl - Lester del Rey
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begleitet. Die Frage lautet: »Wie funktioniert die Zusammenarbeit an einem Roman denn nun wirklich?«
    Wie die meisten geschlechtlichen Akte, die zwischen zwei übereinstimmenden Erwachsenen im Privaten stattfinden, so löst auch die Zusammenarbeit auf literarischem Gebiet bei vielen ansonsten ganz vernünftig denkenden Menschen den Reflex des Schlüssellochguckens aus.
    Ich verstehe diese Neugier. Ich glaube, daß es Zeit ist, die Schleier falscher Bescheidenheit zu lüften, aus der Eremitenklause hervorzukommen und alles zu enthüllen. Hier also ist sie nun, die gnadenlose Vivisektion literarischer Zusammenarbeit – unter besonderer Berücksichtigung der Zusammenarbeit mit Lester del Rey.
    Lester del Rey zählt zu meinen besten und ältesten Freunden. Lester ist allerdings empfindlich. Nicht, daß er irgendwie unfreundlich, gehässig oder nachtragend wäre. Aber wenn Lester denkt, daß er recht hat, schätzt er Kritik nicht gerade. (Ich kann mich nicht erinnern, wann Lester sich einmal nicht sicher war, recht zu haben.) Was mich betrifft, so ist das bei mir ganz anders. Ich bin weder rechthaberisch noch arrogant, aber Lester denkt, daß ich es bin.
    So streiten wir uns oft über viele Punkte, und einer dieser Punkte, zu dem wir die unterschiedlichsten Meinungen hatten, betraf die Methode unserer Arbeit.
    Lester ist ein geradliniger Mensch. Er kann Seite eins des Romans nicht zu Papier bringen, bevor er nicht weiß, was auf Seite dreihundert passiert. Ich habe einen ganz anderen Arbeitsstil, ich stelle mir während des Schreibens vor, wie es weitergehen soll, manchmal überspringe ich ein Dutzend Kapitel und schreibe erst die Szene, in der der Protagonist aus dem Schlamassel herauskommt, ehe ich die geschrieben habe, in der er hineingeraten ist. Wenn Lester nach seinem System fertig ist, dann ist er fertig. In meinem ist die Fertigstellung des ersten Entwurfs nur ein Zwischenspiel in einer fast endlosen Erzählung, weil nämlich hier die harte Arbeit des Klärens, des Kürzens und des Redigierens beginnt. Mein erster Entwurf hat zur beendeten Arbeit dasselbe Verhältnis wie eine Wagenladung Gemüse im Supermarkt zum festlichen Weihnachtsessen. Ich bin gern bereit zu glauben, das Lesters Methode in gewisser Weise effektiver ist als meine, aber ich komme nicht mit ihr zurecht.
    Wie also können (werden Sie nun fragen) zwei Menschen mit derartig unterschiedlichen Arbeitsweisen Preferred Risk zusammen schreiben, ohne dabei ernsthafte Schwierigkeiten zu bekommen? Antwort: Wir konnten es nicht. Wir hatten sie.
    Einige Jahre bevor Lester übers Wochenende nach Red Bank kam, um diese Novelle zu schreiben (und dann siebzehn Jahre dablieb), hatte ich für eine Zeitschrift einen Artikel mit dem Titel ‚ Geld: Seele der Welt’ geschrieben. Darin führte ich aus, daß wir Menschen, ganz egal, was wir über unser Leben und unsere Wertvorstellungen glauben mögen, uns so verhalten, als könnten all diese Werte in Begriffen wie Dollars und Cents gemessen werden. Ich erklärte auch, daß es müßig sei, darüber zu streiten, ob dies nun positiv oder negativ sei, denn allem Anschein nach verhielten sich die Dinge so und nicht anders. Dieses Argument hatte zahlreiche Verzweigungen. Eine davon war, daß als Konsequenz daraus ein klar erkennbarer Weg vorhanden ist, auf dem sich fast alle vorstellbaren sozialen Wohltaten erreichen lassen. Alles, was dazu erforderlich ist, ist, daß jemand einen Weg findet, daraus Geld zu machen. Versicherungen waren ein möglicher Weg. Wenn wir alle dagegen versichert sind, von Haien gefressen zu werden, dann wird es sich für die Versicherungsgesellschaften lohnen, einen Teil der von uns bezahlten Prämien dafür zu verwenden, zumindest diejenigen Haie zu fangen, die sich möglicherweise in der Nähe von Badestränden befinden.
    Das war mein grundlegender Beitrag zu Preferred Risk, neben einigen Aufzeichnungen über Charaktere und den Rahmen. Lester gab seine eigenen Ideen dazu – sie waren auch sehr gut –, und nach kurzer Diskussion entwickelten wir ein Thema, eine Handlung, einige vielversprechende Höhepunkte, eine Reihe von Charakteren und einen Titel. Wir glaubten, damit alle notwendigen Rohstoffe für die Produktion einer SF-Novelle beisammen zu haben und meinten, wir hätten das Ganze jetzt nur noch zu schreiben.
    Dann fing das System an, zusammenzubrechen.
    Ich habe bisher mit mindestens einem Dutzend anderer Autoren an diesem oder jenem Projekt zusammengearbeitet, darunter ein Ehepaar,
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