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Der Wohlfahrtskonzern

Der Wohlfahrtskonzern

Titel: Der Wohlfahrtskonzern
Autoren: Frederik Pohl - Lester del Rey
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zu verfluchen. Ich hatte an alles mögliche gedacht … nur nicht an das Offensichtliche.
    Defoe ging rückwärts zur Tür, schlüpfte hindurch und drückte sie langsam zu, bis nur noch ein schmaler Schlitz offenblieb. »Meine besten Grüße an Millen«, rief er und lachte gedämpft.
    Ich sprang zur Tür, aber seine Schritte trugen ihn bereits in den Durchgang. Die Tür öffnete sich jetzt langsam wieder, aber ich wußte, es war zu spät. Endlich war sie offen … und zu meiner Verblüffung stand Defoe gut drei Meter vor mir und rührte sich nicht von der Stelle.
    Am anderen Ende des kurzen Ganges stand eine abgerissene, blutige, leicht schwankende Gestalt, die ein Gewehr in der Hand hielt. Es dauerte einen Augenblick, bis ich sie als Nikolas Slovetski erkannte. Er bewegte sich langsam auf Defoe zu. Jetzt erst zuckte Defoe zurück und tastete wie verrückt nach seiner Pistole, die er in die Tasche gesteckt haben mußte.
    Slovetski krächzte irgend etwas und warf sich auf Defoe, während er sein Gewehr mit einer Bewegung beiseite schleuderte, und damit erkennen ließ, daß es leergeschossen war. Eine Kugel aus Defoes Automatik traf ihn mitten im Sprung in die Schulter – aber sie konnte ihn nicht mehr aufhalten. Er krachte direkt auf Defoe und hob ein Messer, als der andere zu Boden ging. Es verfehlte sein Ziel knapp und traf klirrend auf den harten Boden. Meine Erstarrung fiel von mir ab; ich stieß das Messer, das Slovetski aus der Hand gefallen war, zur Seite und entriß Defoe die Pistole. Slovetski lag auf ihm, ohne sich zu rühren, und ich rollte den schmächtigen Mann mit einem Ruck beiseite.
    Defoe hatte das Bewußtsein verloren, als sein Kopf auf dem Boden aufgeprallt war. Gogarty war hinter mir hergekommen und begann, ihn zu fesseln.
    Defoe öffnete langsam die Augen, blinzelte und versuchte zu grinsen, als er auf die Fesseln starrte. »Sollen wir ruhig und ohne Aufsehen mitkommen, Nikolas?« fragte er, als Gogarty ihn hochriß und in das Sondergewölbe zurückbrachte.
    Aber sein Sarkasmus war an Slovetski verschwendet. Der Mann mußte schon im Sterben gewesen sein, als er sich stolpernd und tastend den Weg zu dem Ort gesucht hatte, an dem er Defoe wußte. Und die Kugel in der Schulter hatte ihm nur den Rest gegeben. Rena beugte sich über ihn und schluchzte leise.
    Erstaunlicherweise kämpfte er sich noch einmal aus seiner Bewußtlosigkeit hoch und starrte zu ihr auf. »Rena«, sagte er schwach. »Benedetto! Ich habe ihn geliebt. Ich …« Dann rollte sein Kopf kraftlos zur Seite, und er blickte mich an. »Letzten Endes habe ich ja gelebt, um in einer Revolution zu sterben, Thomas. Schmutziges Geschäft … Revolution. Im Lauf der Menschheitsgeschichte wird …«
    Er starb, bevor er den Satz beenden konnte. Ich ging Lawton suchen, um sicherzustellen, daß Defoe auf der Stelle suspendiert wurde. Er würde der letzte politische Suspendierte sein, falls ich Einfluß darauf haben sollte, aber es würde mir ein gewisses Vergnügen bereiten, Lawton beim Erfüllen seiner Aufgabe zu beobachten.

 
19
     
    Die Tore der großen Empfangshalle waren wieder geschlossen, aber nicht mehr verriegelt worden. Einer der beiden Ärzte, denen Zorchi vertraut hatte, wartete jetzt dort auf die Nachzügler, die aufgrund unserer Rundfunk- und Fernsehdurchsage langsam eintrafen. Wir konnten natürlich nicht alle erreichen, aber für einige gab es jetzt doch noch Rettung. Die Menschen, die zusammen mit uns gekämpft hatten, wurden inzwischen behandelt und suspendiert. Sogar der Junge und sein Hund erreichten uns noch und wurden ebenfalls in den langen Schlaf versetzt.
    Carmody saß im Hauptraum des Gewölbes für die leitenden Angestellten und wartete auf Rena und mich. Durch den Mangel an Schlaf wirkte er hohläugig, sah aber trotzdem irgendwie jünger aus als jemals zuvor in der Zeit nach der Wiedererweckung.
    Er stand auf und brachte ein müdes Lächeln zustande. »Die erste Arbeit ist getan, Tom«, sagte er. »Es war nicht allzu schwierig, nachdem sie erfahren hatten, daß Defoe in der Suspendierung ist; viele von ihnen hatten Angst vor ihm, glaube ich. Bisher habe ich mich nur mit denjenigen in Verbindung gesetzt, denen ich vertrauen kann, aber es ist ein Anfang. Die Übertragung ihrer Vollmachten auf Sie als amtierenden stellvertretenden Vorsitzenden des Aufsichtsrates habe ich auf Band mitgeschnitten. Ich glaube, Ihre Bereitschaft, während der Suspendierungsphase jede Hoffnung auf eine eigene Behandlung aufzugeben, hat sie
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